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¶ Im Vorfeld der Rechtsanwendung
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¶ Den Zweck der, die eigene Rolle in sowie die Adressaten der Rechtsanwendung vergegenwärtigen
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Sinn und Zweck der Rechtsanwendung
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Es kommt darauf an, den Einzelfall einer befriedigenden und nachhaltigen Lösung zuzuführen und nicht irgendwelche Prüfungsschemata einzuhalten.
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Sinn und Zweck der praktischen Rechtsanwendung ist nicht die Vermittlung von Fachwissen (»Das weiß ich!«), sondern die Vermittlung eines fachlichen Sinnzusammenhangs mit konkretem Bezug zur jeweiligen Anwendungssituation (»Das sollten Sie in diesem Fall wissen!«).
V
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[Nachlässigkeiten hinsichtlich der Formalien einer Bearbeitungsform sind, ebenso wie Zeitmangel, nicht zu entschuldigen.]⁠* Die äußere Form der Darstellung einer rechtlichen Lösung sollte niemals negative Rückschlüsse auf ihren Inhalt provozieren.
Klamser, JA 2013, 206 f.
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Die eigene Rolle als Rechtsanwender vergegenwärtigen
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Wer bin ich? Richter, Anwalt, Staatsanwalt, Behördenmitarbeiter?
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Welche Aufgabe kommt mir zu? Welche Interessen vertrete ich? Bin ich (dienst-)vertraglich gebunden? Welche standesabhängigen Konventionen, welche Art von Standesrecht habe ich zu beachten?
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Welche Art von Denkmodus ist für mich wesentlich?
V
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Konditional- und Zweckprogramme*⁠
Diese Begiffe, sowie die untergeordneten Inhalte habe ich von Christoph Teichmann übernommen; Teichmann, JuS 2001, 973 (974). Teichman selbst zitiert hierzu wiederum Niklas Luhmann. Ich benötigte die Abgrenzung der Denkweisen, da man als Referendar sowohl in der Rolle des Anwalts als auch in der des Richters tätig werden muss. Das diesen Tätigkeiten völlig unterschiedliche Motive, Interessen, Denk- und Arbeitsweisen zu Grunde liegen, wird m. E. in der Ausbildung nicht deutlich genug herausgestellt. Wie Sie sehen können, nehmen die Inhalte in meiner Liste viel Raum ein. Dies ist jedoch nicht der Wichtigkeit dieser Punkte geschuldet, sondern vielmehr dem Umstand, dass Sie mir noch nicht derart vertraut waren, als dass ich sie hätte weiter kürzen können. Sobald ich meine reflexive Praxis wieder aufnehmen werden diese Punkte nach und nach reduziert werden.
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Die richterliche Denkweise ist zwar grundsätzlich das Leitmotiv der juristischen Arbeitsweise, jedoch muss insbesondere der Anwalt sich einem Rechtsproblem auf andere Art und Weise annähern. !Bewusst machen!
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Konditionalprogramm
V
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[Wenn eine bestimmte Information eintrifft, dann reagiert das System darauf durch eine vom Programm vorher bestimmte Entscheidung (Wenn/Dann).]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (974).
V
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[Kennzeichnend für dieses Programm ist eine relative Indifferenz gegenüber den Folgen, welche die Entscheidung (Output) in der Umwelt auslöst.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (974).
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Zweckprogramm
V
*
[Dieses System wird angeregt durch die Folgen, die es verursachen will. Die Ziele die es gesetzt hat, steuern die Informationsverarbeitung. Das Zweckprogramm verschafft sich daher Informationen als Mittel zum Zweck.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (974)
V
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Das Zweckprogramm hat seinen Schwerpunkt an der Output-Seite und interessiert sich gerade für Wirkungen die es mit seinem Output in der Umwelt hat.⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (974).
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Richterlicher Arbeitsweise
V
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[Er arbeitet mit dem Konditionalprogramm. Die rechtlichen Regeln geben an, welche Informationen für die Entscheidung wichtig sind und welche nicht. Das Entscheidungsprogramm bewirkt damit eine spürbare Reduktion von Komplexität, denn es erlaubt dem Richter, aus der Fülle des Lebenssachverhaltes viele Details beiseite zu lassen und nur die rechtlich relevanten auszuwählen und seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (975).
V
*
Der Richter ist zur Rechtfertigung seiner Entscheidung nicht darauf angewiesen, damit bestimmte Wirkungen zu erzielen.⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (975).
V
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[Der Richter muss seine Entscheidung stets begründen; er muss bei gleichem Input auch den gleichen Output liefern und darf seine Entscheidung im Einzelfall nicht von einer Abwägung der Folgen für den Betroffenen abhängig machen. Diese Wertungen werden durch das Gesetz vorgegeben.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (975).
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Anwaltliche Arbeitsweise
V
*
[Der Anwalt ist zur Rechtfertigung seiner Tätigkeit gerade darauf angewiesen, bestimmte zukünftige Wirkungen zu erzielen. Die Gestaltung des Anwalts ist nur dann »richtig« , wenn er alles getan hat, um die Ziele seines Mandanten zu verwirklichen.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (976).
V
*
»In einem Zweckprogramm ergibt sich die notwendige Reduktion von Komplexität aus der Zwecksetzung. Mit ihrer Hilfe lassen sich bestimmte Folgen einer Entscheidung als wünschenswert, andere als verhältnismäßig unwichtig oder unerwünscht einordnen. Der Wert der bezweckten Wirkungen vermag so ungeachtet der Nebenwirkungen und der dafür aufgegebenen Wirkungen das Handeln zu begründen.«⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (976).
V
*
[Vor- und Nachteile verschiedener Lösungsmöglichkeiten werden anhand der Zielvorstellungen des Mandanten bewertet. »Richtige Vertragsgestaltung« ist nicht die Gestaltung, die objektiv gerecht ist, sondern eine solche, die den individuellen Bewertungskriterien des Mandanten optimal entspricht.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (976).
V
*
[Der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt für den Anwalt nicht. Es ist geradezu typisch für den Anwalt, dass er eine Rechtsfrage je nach dem Interesse der Partei, die er vertritt, auch einmal anders beantwortet. Die rechtlichen Vorgaben die Ihn binden, sind vielmehr der Dienstvertrag mit seinem Mandanten.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (976).
*
Der Anwalt ist mit Prozessführung, der Beilegung von Streitigkeiten, Vertragsgestaltung und allgemeiner Rechtsberatung beschäftigt.
V
*
Die Rolle des Anwalts ist es nicht, vorgelegte Fälle zu entscheiden, sondern er muss von selbst Rechtsfragen erkennen, die sich jetzt stellen oder in der Zukunft stellen können.⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973.
V
*
Dort wo der Anwalt die Erfolgsaussichten eines Prozesses zu prüfen hat, verfährt er ebenso wie ein Richter.⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (978).
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Charakteristika der anwaltlichen Tätigkeit
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Abgrenzung von der richterlichen Tätigkeit:
V
*
Der Richter betrachtet einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt, während der Anwalt bei der Vertragsgestaltung vor allem in die Zukunft schauen muss.⁠*
Vgl. Teichmann, JuS 2001, 973.
V
*
Die Denkprozesse von Richter und Anwalt sind unterschiedlich strukturiert. Der Anwalt arbeitet zielorientiert, strebt also ganz bewusst ein bestimmtes Ergebnis an, während der Richter ergebnisoffen arbeitet. Anwalt und Richter arbeiten folglich nach unterschiedlichen Entscheidungsprogrammen.⁠*
Vgl. Teichmann, JuS 2001, 973 (974).
V
*
[Richter und Anwalt haben im Rechtsleben eine jeweils eigene Funktion, die ihr Handeln an verschiedene Rechtsgrundlagen rückkoppelt: Der Richter ist als staatlicher Entscheidungsträger im öffentlichen Interesse tätig und sucht eine objektiv richtige Entscheidung; der Anwalt vertritt private Interessen und ist daher parteilich.]⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (976).
V
*
Was soll am Ende herauskommen? Eine Frage, die für jeden Richter den Vorwurf der Befangenheit zur Folge hätte, ist für den vertragsgestaltenden Anwalt der Ausgangspunkt der Prüfung.⁠*
Teichmann, JuS 2001, 973 (974).
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Abgrenzung von den Tätigkeiten von Notare, Justitiaren und Behördenmitarbeitern
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Im Gegensatz zum Notar ist der Rechtsanwalt kein neutraler Berater; er ist parteilich. Seine Richtlinie ist das Mandantenbegehren. Gegenüber dem Justitiar in einer Behörde oder einem Unternehmen steht der Rechtsanwalt im Spannungsfeld zwischen Parteilichkeit und Unabhängigkeit.
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Instrumentale Sicht des Rechts
V
*
Das Recht und seine Behandlung in der Praxis sind für den Anwalt ein Mittel zur Erreichung eines durch den Mandanten vorgegebenen Zweckes.⁠*
Vgl. Teichmann, JuS 2001, 973 (977).
*
Auch die Prüfung von Meinungsstreitigkeiten ist ein Mittel der Interessenverfolgung. Ist die herrschende Meinung günstig, kann man Mindermeinungen kurz abhandeln, denn sie werden dem Mandant vor Gericht ohnehin nicht gefährlich. Ist die Mindermeinung günstiger, kann man ihr zwar folgen, muss dann aber gute Argumente sammeln und den Mandanten zugleich auf die recht hohe Wahrscheinlichkeit hinweisen, dass man damit vor Gericht keinen Erfolg haben wird.
*
Anhand von Kommentierungen, Formularen und der gängigen Rechtsprechung kann (und sollte) der Anwalt erkennen, wo häufig auftretende Streitfälle liegen und Beratungs- und Hinweisbedarf besteht.
V
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Anwaltliche Methodik⁠*
An dieser Stelle vermischen sich Überlegungen zur Handlungsweise des Anwaltes in der Vertragsgestaltung aus Teichmann, JuS 2001, 973- 980 und zur Vorbereitung und Durchführung von Mandantengesprächen aus Breßler/Cichy, Jus 2006, 975-979. Die Beziehung dieser Inhalte ist nicht zutreffend; ich habe hier Ebenen vermengt. Zutreffender wäre, den zunächst untergeordenten Punkt mit dem nachfolgenden »Fragen an den Mandanten formulieren« zu einem einheitlichen Punkt »Mandantengespräche führen« zusammenzufassen, oder so ähnlich. Wirft man einen Blick auf die Sinneinheit »Anwaltliche Methodik« wird man schnell feststellen, dass sie nicht besonders durchdacht ist. In der Vorbereitung auf das Assessorexamen kam es für mich allerdings auch vornehmlich darauf an, für eine Kautelarklausur gerüstet zu sein.
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[ Punktuelle Sicht des Gestaltungsprozesses:
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Kontaktaufnahme
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ausführliches Gespräch
*
erster Vertragsentwurf
*
Vertragsverhandlungen
*
überarbeiteter Entwurf
V
*
Finalisierung. ]⁠*
Siehe Breßler/Cichy, Jus 2006, 975-979.
V
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Vertragsgestaltung Schritt für Schritt⁠*
Die gesamte Nachfolgende Sequenz, beruht auf Teichmann, Jus 2001, 973 (977 ff.). Hier begegnet uns auch erstmals eine echte Sequenz von Arbeitsschritten (1., 2., 3. usw.) innerhalb der Liste. Allerdings beruht diese noch auf der Darstellung bei Teichmann. Hinsichtlich meiner Erkenntnisse in Bezug auf die Zirkularität und die Rekursivität der juristischen Arbeitsweise, würde ich nun auf die Bezifferung und damit die Darstellung einer Sequenz wohl eher verzichten.
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1. Ermittlung der Sachziele
V
*
[Die eigentlichen/tatsächlichen Ziele des Mandanten sind niemals rechtlicher Art. Stets geht es darum, ein persönliches oder wirtschaftliches Bedürfnis zu befriedigen. Das Recht gibt lediglich die Wege und die Grenzen der Verwirklichung der Sachziele an. Zur Ermittlung der Sachziele gehört es auch, die Hintergründe der Motivation des Mandanten zu erkennen. Ferner müssen juristische Formulierungen des Mandanten kritisch geprüft werden.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (977).
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2. Ermittlung der Rechtsziele
V
*
[Der Anwalt kann nur die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Sachziele erreicht werden – aus dieser Beschränkung folgt, dass der Anwalt seine Tätigkeit nur an den zu ermittelnden Rechtszielen ausrichten kann.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (977).
*
Der Anwalt kann daher auch nur für seine rechtliche Gestaltung einstehen, nicht für die außerrechtlichen Einflüsse, die das Sachziel selbst bei perfekter rechtlicher Gestaltung noch zunichte machen können.
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3. Ermittlung der rechtlichen Ausgangslage
V
*
[Ob zur Erreichung des Sachziels überhaupt eine rechtliche Gestaltung erforderlich ist, ergibt sich erst nach einer gründlichen Prüfung der bestehenden Rechtslage (rechtliche Ausgangslage). Dazu gehören nicht nur die gesetzlichen Vorschriften sonder auch – und dies vorrangig – die privatautonom geschaffenen Regelungen der Parteien. Zur rechtlichen Ausgangslage gehört auch die Frage der Beweislast.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (977 f.).
V
*
Die Ermittlung der rechtlichen Ausgangslage ist nicht zukunftsbezogen und folgt methodisch gesehen der klassischen Begutachtung eines Falles.⁠*
Vgl. Teichmann, Jus 2001, 973 (978).
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4. Feststellung des Gestaltungsbedarfs
V
*
[Im nächsten Schritt erfolgt ein Abgleich der Rechtsziele mit der bestehenden Rechtslage. Wenn die gewünschten Ziele nicht schon auf Grund der bestehenden Rechtslage erreicht werden können, besteht ein Gestaltungsbedarf.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (978).
V
*
[Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich ein Gestaltungsbedarf in der anwaltlichen Praxis nicht nur aus rechtlichen Erwägungen, sondern auch aus weiteren Zweckmäßigkeitserwägungen ergeben kann (etwa Beweisgründe oder psychologische Gründe).]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (978).
V
*
[Umgekehrt kann ein Gestaltungsbedarf auch einmal aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen zu verneinen sein. Eine Gestaltung ist sinnlos, wenn das Ziel zwar juristisch erreichbar, praktisch aber nicht durchsetzbar ist (z.B. bei Zahlungsunfähigkeit der Gegenseite).]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (978).
V
*
[Im Rahmen der Feststellung des Gestaltungsbedarfs wird auch die Zielvorgabe des Mandanten erneut überprüft. Es muss aufgedeckt werden, an welcher Stelle der Mandant seine Zielvorstellungen präzisieren oder modifizieren muss.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (978 f.).
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5. Ermittlung der Gestaltungsmöglichkeiten
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Ausgangspunkt: Rechtsziele
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Erfüllungsplanung
V
*
[Zunächst müssen im Hinblick auf die Rechtsziele alle Möglichkeiten ermittelt werden, die zu den Zielen führen können. Dabei müssen insbesondere die regelungsbedürftigen Punkte (konfliktträchtige Einzelfragen) ermittelt werden.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (979).
>
Risikoplanung
V
*
»Wurden alle Möglichkeiten ermittelt, die zum Rechtsziel führen können, beginnt die Abwägung von Vor- und Nachteilen der verschiedenen Gestaltungen.«⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (979).
*
Es müssen dabei mehrere mitunter konfligieren Sachziele und Interessen des Mandanten untereinander abgewogen werden.
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6. Gestaltungsvorschlag
V
*
[Es erfordert ein vernünftiges Maß an Risikobewusstsein, das zwar die wesentlichen Risiken berücksichtigt, aber den Parteien nicht vor lauter Schreckensszenarien die Lust am Vertragsschluss nimmt oder die Verhandlungen sich in Details festfahren lässt, die zum eigentlich angestrebten Leistungsaustausch in keinem Verhältnis mehr stehen.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (980).
V
*
[Der Mandant ist auf ein bestimmtes Risiko hinzuweisen; dennoch bleibt ihm die Entscheidung überlassen, ob es in den Verhandlungen angesprochen werden soll.]⁠*
Teichmann, Jus 2001, 973 (980).
*
Der Anwalt gibt bei seiner Beratung eine rechtliche Prognose ab. Dies gilt nicht nur bei der Prozessführung, sondern auch im Rahmen der Vertragsgestaltung. Er muss daher bei seinen Überlegungen auch prüfen, wie ein Gericht den Vertragstext auslegen und beurteilen würde. Dabei gilt für ihn einerseits der Grundsatz, dass er im Interesse des Mandanten stets der Linie der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgen sollte. Andererseits muss der Anwalt aber in gewissen Grenzen auch aktuelle Rechtsentwicklungen berücksichtigen.
*
Der sicherste Weg ist tatsächlich nur dann zu empfehlen, wenn dies den Sachzielen des Mandanten auch entspricht. Der Anwalt sollte nicht risikoscheu sein, wenn der Mandant nach Erörterung der Sach- und Rechtslage risikofreudig sein will.
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Rechtliche und tatsächliche Gestaltung
*
Die anwaltliche Beratung umfasst nicht selten auch die Anregung zu einer Sachverhaltsgestaltung: Ein bestimmtes tatsächliches Verhalten ist oft eine gleichwertige Alternative zur rechtlichen Gestaltung.
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Informationslücken sind offen zu legen
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Ebenso Unterstellungen (typische Lebenssachverhalte, mutmaßlicher Mandantenwille).
*
Wer beraten will, muss Nachvollziehbarkeit gewährleisten.
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Unsicherheiten der Prognose sind offen zu legen
*
Zum einen muss der Mandant darüber belehrt werden, dass es sich um eine Auslegungsfrage handelt, zu der man unter Juristen verschiedener Meinung sein kann. Zum anderen muss der Anwalt hier in Alternativen denken können.
*
Wer beraten will muss Nachvollziehbarkeit gewährleisten.
V
>
Fragen an den Mandanten formulieren, mit Rückfragen rechnen⁠*
Dieser Punkt ist eine Repräsentation des Sinngehalts von Breßler/Cichy, Jus 2006, 975 (978). Sie beschreiben, wie man ein Mandantengespräch führt. Nachdem dieser Punkt zunächst umfangreich ausfiel, habe ich im Lauf der reflexiven Praxis nach und nach reduziert auf die Formel »Fragen formulieren, mit Rückfragen rechnen«.
V
*
Der Anwalt muss auch auf die Rückfrage des Mandanten vorbereitet sein:⁠* »Wozu müssen Sie das eigentlich wissen?«
Siehe Breßler/Cichy, Jus 2006, 975 (976).
>
Houskeeping Anwalt
V
*
Kommunikation mit dem Mandanten; Geschäftsbetrieb organisieren etc.⁠*
Dieser Punkt des zeitlichen Idealverlaufs der Situation der praktischen Rechtsanwendung spielt für den erfahrene Rechtsanwalt eine entscheidende Rolle. Hier sich ich etwa Platz für weitere Überlegungen hinsichtlich grundsätzlicher Vorgehensweisen, welche die anwaltliche Tätigkeit mit sich bringt, zum Beispiel zur Führung von Telefongesprächen und -konferenzen mit Mandanten im allgemeinen, sowie dazu ergänzend, zum Führen und Verwerten von Gesprächsnotizen.
>
Adressaten der Darstellung bestimmen
*
Für wen erfolgt die Rechtsanwendung? Für wen muss ich mein Ergebnis her- und schließlich darstellen?
*
Man kann nicht nur am rechtlichen Problem, sondern auch an seinen Adressaten »vorbeischreiben«
V
>
Strategie der Leserorientierung⁠*
Bei diesem Stichpunkt handelt es sich um die Repräsentation des gleichnamigen Abschnittes bei Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 185 ff.
*
Ziel ist es beim Leser unabhängig von seiner Gemütslage folgende Reaktion zu wecken: »Ah, richtig, das sehe ich genauso!«
V
*
»Langweile niemals Deinen Leser!«⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (205) und ebenso Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 76 ff.
>
Der Stil, die Gestaltung und die Sättigung der Darstellung müssen auf die Ansprüche der Leser abgestimmt werden
*
Laien: Parteien, Mandanten, Bürger
>
Fachleute: Gericht, Anwalt der Gegenseite, Behörde
V
*
[Der Jurist ist nicht auf das Verstehen sondern auf das Widerlegen programmiert.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 72.
V
*
[Grundsätzlich geht es in juristischen Texten um die Einordnung von Tatsachen in rechtliche Zusammenhänge.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 78.
V
*
[Als Jurist geschieht das Lesen nicht »wertfrei«, sondern mit der Erwartung, dass jede Information für die rechtliche Zuordnung von Bedeutung ist.]⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (205).
V
*
[Der Jurist sucht nach Verstößen gegen die Regeln der juristischen Logik (Gebot der Widerspruchsfreiheit) und der juristischen Praxis.]⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (205).
>
(Besonderheiten der Prüfungssituation)
V
*
Bearbeitervermerk lesen und verstehen: Der Vermerk steht in der Klausursituation noch über dem Gesetz⁠* und gibt die Art und Weise der praktischen Rechtsanwendung verbindlich vor.
Diese Formulierung geht zurück auf den Vorsitzenden Richter am OLG a. D. Schmidt-Eichhorn, der meine Arbeitsgemeinschaft zum Zwangsvollstreckungsrecht zur Vorbereitung auf das Assessorexamen leitete.
*
Aufgabenstellung bestimmen, verstehen und eingrenzen: Was? Von wem? Für wen? Warum?
*
Das Publikum meiner Bearbeitungen ist der Korrektor, der wiederum (zumindest in den staatlichen Prüfungen) juristischer Praktiker ist.
V
*
Er ist es gewohnt, bei der Korrektur nach Rastern vorzugehen und nach Fehlersignalen zu suchen.⁠*
Vgl. Puhle, JuS 1989, 203 (204).
*
Die Darstellung muss so aufgebaut sein, dass sie keine Erwartungen beim Korrektor weckt, unbefriedigt lässt oder gar vollständig enttäuscht.
>
¶ Rahmenbedingungen der Rechtsanwendung berücksichtigen
>
Zeit
*
Zeit ist nicht knapp; Zeit hat man zu haben. Die absoluten zeitlichen Grenzen der Rechtsanwendung erfordern es, Prioritäten und Schwerpunkte zu setzen und diese laufend mit den zeitlichen Parametern abzugleichen.
*
Klare Zeiteinteilung ist zwingend notwendig, um die Entscheidungsfähigkeit zu erhalten.
*
Vollständigkeit geht vor (regelmäßig nicht zu erreichender) Perfektion. Eine ungeordnete, imperfekte Bearbeitung ist der Nichtbearbeitung vorzuziehen.
*
Ausführungen zu unwesentlichen, unerheblichen und/oder unproblematischen Punkten vernichten wertvolle Bearbeitungszeit und darüber hinaus die Zeit und Aufmerksamkeit des Lesers.
*
Die zur Verfügung stehende Zeit bestimmt den möglichen Umfang und die mögliche Tiefe der Bearbeitung.
V
*
Zeitlichen Beschränkungen müssen in Stoppregeln⁠* übersetzt werden, welche helfen die Entscheidungsfähigkeit des Anwenders zu erhalten.
Den Begriff »Stoppregel« habe ich von Röhl und Röhl entliehen, die ihn in Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008) auf S. 644 im Zusammenhang mit der Rationalität des Entscheidens verwenden.
*
Techniken, Methoden und Routinen ermöglichen eine Reduktion der aufzuwendenden Zeit.
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Komplexität
*
Techniken des Notierens, Skizzierens, Markierens und des Entwurfs bewusst einsetzen; ich darf meinem Gedächtnis nicht zu viel zumuten; ein gedachter Gedanke, eine gefundene Fundstelle oder ein hergestellter Zusammenhang sollten nicht noch einmal gesucht und/oder rekonstruiert werden müssen.
*
Die richtige Lösung gibt es nicht, sondern nur die angemessene und die weniger angemessene Lösung.
*
Versuchen, den Fall nicht zu früh zu kategorisieren oder mit bereits bekannten Fällen gleichzusetzen.
V
>
Pragmatisch handeln⁠*
Während meiner Ausbildung war ich stets mit dem Allgemeinplatz konfrontiert, dass man in der Berufspraxis »pragmatisch« handeln müsse. Ich fragte mich daher, was damit eigentlich gemeint sein sollte und versuchte dem auf den Grund zu gehen. Letztlich handelt es sich hierbei um Hintergrundinformationen, welche ich mir ab und zu sowie vor und während der einzelnen Rechtsanwendung bewusst mache. Allerdings merk man hier sehr deutlich, dass sich meine Struktur nicht gut lesen lässt, denn diese Inhalte stehen für weitaus mehr, als sich durch die einfache Lektüre ersehen lässt.
*
Die Struktur der praktischen Rechtsanwendung soll der Orientierung dienen; sie stellt keine starre Arbeitsanweisung mit normativen Geltungsanspruch da.
V
>
¶Unterscheidung Her- und Darstellung der rechtlichen Lösung⁠*
Nach eingehender Beschäftigung mit der individuellen juristischen Arbeits- und Denkweise würde ich diesen Punkt wohl als entscheidend bezeichnen. Vermischungen und Verwechselungen in diesem Zusammenhang wirken sich grundsätzlich negativ auf die Arbeitsweise und auch die Produkte des Rechtsanwenders aus.
V
*
Rechtsfindung und Rechtfertigung, Herstellung und Darstellung einer rechtlichen Lösung müssen Unterschieden werden: »Dieser Unterscheidung liegt die Erfahrung zu Grunde, dass die Phase, in der ein Auslegungsergebnis erst noch gesucht wird, anderen Regeln des Denkens und Sprechens unterliegen kann als die Phase, in der ein gefundenes Ergebnis niedergeschrieben oder verkündet wird.«⁠*
Hassemer in: Festschrift Heike Jung, 2007, S. 231 (253)
*
Die Grundfragen jeder Herstellung der rechtlichen Lösung sind: »Worauf könnte es ankommen? Was brauche ich?«
*
Die Grundfragen jeder Darstellung der rechtlichen Lösung sind: »Was könnte ich weglasse? Was verwende ich?«
V
*
Die Herstellung der Lösung erfolgt unabhängig von der späteren Darstellung zunächst immer ausgehend von einer rechtlichen Würdigung. In der juristischen Denkweise arbeitet man stets mit Hypothesen, also Aussagen unter Vorbehalt, deren Prämissen zunächst offen sind. Wenn die Prämissen erfüllt sind, lassen sich daraus Rechtsfolgen ableiten (Deduktion). Das Gutachten hat zwar grundsätzlich ebenfalls einen deduktive Grundstruktur, jedoch zeigt sich insb. an der Darstellung des Gutachtens, dass Her- und Darstellung nicht deckungsgleich sind.⁠*
Diese Stelle spiegelt eine Reflexion über den Umstand wieder, dass in der Ausbildung häufig der Gutachtenstil, die Darstellungsform des Gutachtens sowie die deduktive Denkweise des Rechtsanwenders vermengt oder gar gleichgesetzt werden. Es handelt sich nicht um einen Fließtext, sondern die Aneinanderreihung von Sätzen.
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¶ Herstellung der rechtlichen Lösung. Die rechtliche Würdigung
V
>
¶ Herantasten an den Sachverhalt⁠*
Ich habe bis dato noch keine (für mich) befriedigende Antwort auf die Frage erhalten, wo das Erfassen des Sachverhaltes unterzubringen ist. Ich habe diesen Punkt schließlich als ersten Schritt der Herstellung der rechtlichen Lösung angeordnet, doch zuvor war er lange Zeit im Bereich »Vorfeld der praktischen Rechtsanwendung« zu finden. Denn grundsätzlich soll eine rechtliche Würdigung ja erst dann erfolgen, wenn man einen Sachverhalt vor Augen hat; hier wären wir wieder bei dem Problem der Zirkularität, dass ein entscheidungserheblicher Sachverhalt nur äußerst schwer ohne gedanklichen Rückbezug auf irgendwelche Normen gebildet werden kann. An dieser Stelle begegnen wir erstmals dem Ergebnis eines syntopischen Lesevorgangs. Für diesen Abschnitt habe ich eine Vielzahl von Inhalte zu Erfassung des Sachverhaltes gelesen, abgeglichen, übersetzt und zusammengeschrieben. Die wichtigsten Fundstellen waren: Baumfalk, JA 1984, 72-80, Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013) sowie die Vorauflage Schuschke/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008).
>
1. Vorlagenstruktur erfassen
V
*
Ziel⁠*: ersten Eindruck gewinnen und den groben Verlauf des Vorgangs erfassen⁠**
* Die mit den Lesevorgängen Zielsetzungen bestimmen auch die Art und Weise, wie zu lesen ist.
** Vgl. Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S.161, Rdnr. 5.
>
Vorlage durchblättern
*
Prägende Bestandteile der Akte identifizieren.
*
Grds. von vorne nach hinten blättern.
V
>
2. Entscheidungskontext begreifen (lineares Lesen)⁠*
Hier habe ich in Bezug auf den Umgang mit der Klausurvorlage über die konkrete Art und Weise des Lesens und gleichzeitig über damit einhergehende Notiertechniken nachgedacht. Gewissermaßen versuchte ich das Lesen der Akte zu schematisieren.
V
*
Ziel: Prozessuale Situation erfassen⁠* und Grobstrukturen erkennen; Geschehen einem rechtlichen Themenkreis zuordnen; Positionen und Interessen ausmachen, da dies für einer »verständigen Würdigung« des konkreten Falls vorausgesetzt wird.
Vgl. hierzu Wimmer, Klausurtipps für das Assessorexamen (4. Aufl.) 2009, S. 22. Wimmer rät dazu das Durcharbeiten der Klausurvorlage mit verschiedenen Zielsetzungen anzugehen; damit habe ich gut Erfahrungen gemacht.
>
Chronologie – Zeitstrahlen anlegen
*
denn diese ermöglichen die darauffolgende Ordnung des Stoffes.
>
Anträge / Begehren / Ansichten identifizieren.
*
Warum wird gestritten?
*
Wer ist beteiligt?
*
Worüber wird gestritten?
*
Wann wurden Verfahrenshandlungen vorgenommen?
*
Hat sich etwas im Laufe des Verfahrens geändert?
V
>
3. Entscheidungsgrundlage konkretisieren und vorbereiten (lineares und pendelndes Lesen⁠*)
Das Lesen wird mit Bewegung verbunden. Linear bedeutet von oben nach unten beziehungsweise von der ersten bis zur letzten Seite. Das pendelnde Lesen bezeichnet das hin- und herblättern in der Akte, welches sich einstellt, wenn man nach etwas bestimmten sucht oder aufgrund einer Assoziation etwas nachschlagen will. In Kombination führen diese beiden Lesebewegungen dazu, dass man sich von vorne nach hinten durch die Akte arbeitet und gleichzeitig hin- und herblättert, um konkrete Informationen miteinander in Beziehung zu setzen.
V
*
Ziel: Materielle Situation vollständig erfassen⁠* und Rechtsprobleme identifizieren (mit Blick zur Aufgabenstellung).
Vgl. hierzu , Klausurtipps für das Assessorexamen (4. Aufl.) 2009, S. 23.
>
Analyse des Vorbringens der Beteiligten dazu Vorträge im Gesamtzusammenhang lesen
>
Dazu gehören auch die wirtschaftlichen und existenziellen Interessen der Parteien. Letztlich erbringt der Praktiker eine Dienstleistung.
*
Wer trägt was dazu vor?
*
Was ist strittig?
*
Wurde Beweis angeboten?
*
Beweiserhebung durchgeführt?
>
¶Vorbereitung der Entscheidungsgrundlage
*
In dieser Phase beginnt die Vorbereitung der Entscheidungsgrundlage.
V
*
Ziel: [Zu Beginn der Lösungsarbeit soll (nur) der Streitstoff in seiner Gesamtheit und seinen wesentlichen Einzelheiten so erfasst, geordnet und beherrscht werden, dass eine sinnvolle und folgerichtige rechtliche Untersuchung möglich wird, bei deren Durchführung dann aber zu Einzelfragen wieder eine Untersuchung des tatsächlichen Streitstoffs notwendig werden kann.]⁠*
Baumfalk, JA 1984, 72 (80)
V
*
[Arbeit am Sachverhalt ist kein in sich geschlossener Arbeitsschritt, denn erst die Bearbeitung in rechtlicher Hinsicht ergibt, inwieweit es auf bestimmte Umstände ankommt; bei der Arbeit am Sachverhalt muss daher nicht jede tatsächliche Frage bis zum letzten durchdacht werden, denn bei der rechtlichen Würdigung muss immer wieder auch der Streitstoff untersucht werden.]⁠* (Pendelblick)
Baumfalk, JA 1984, 72 (80)
>
Stoffsammlung und -ordnung
V
*
Der Tatsachenstoff muss gesammelt, bewertet und geordnet werden.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 67 f., Rdnr. 138.
V
*
Bei der Stoffsammlung bleibt nur das unberücksichtigt, was mit der Aufgabenstellung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt im Zusammenhang steht. Dabei ist nach dem Prinzip zu verfahren, dass im Zweifel zunächst mehr festgehalten wird, als später tatsächlich benötigt wird.⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 56, Rdnr. 119.
>
Dabei muss das Vorbringen der Beteiligten kritisch betrachtet werden:
*
Liegt Vortrag zu inneren oder äußeren Tatsachen vor?
*
Handelt es sich um Rechtsansichten? Sind diese u.U. mit Tatsachenvortrag vermischt?
*
Verwenden die Beteiligten Rechtsbegriffe? Wenn ja, tun sie dies auch korrekt?
*
Handelt es sich bei dem Vorbringen um Werturteile?
>
Rechtliche Würdigung im Hintergrund
*
Der Inhalt des Aktenstückes wird zwar durch die Ordnung des Tatsachenstoffs schon in gewisser Weise rechtlich gewürdigt. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass der Sachverhalt – entgegen dem tatsächlich feststellbaren Geschehen – verändert wird.
*
Auslegung des Tatsachenvortrags muss erkennbar sein und bedarf stets der Begründung.
*
(Ergänzungen des Sachverhalts sind in den praktischen Arbeiten des 2. Staatsexamens nicht angezeigt) Lücken im Tatsachenstoff werden von den jeweiligen prozessrechtlichen Regelungen (Darlegungs- und Beweislastverteilung) behandelt.
*
In der Rolle des Rechtsanwalts darf man grundsätzlich von der Richtigkeit der tatsächlichen Informationen des eigenen Mandanten ausgehen.
V
*
In der Rolle des Gerichts gilt zunächst der Grundsatz, das ein jeder zunächst als redlich behandelt wird – für die Beweiswürdigung im Prozess gilt jedoch die Nullhypothese des BGH (siehe unten: Beweiswürdigung).⁠*
Die Nullhypothese besagt, dass jede Zeugenaussage solange als unwahr gilt, bis die Vermutung sich angesichts der Zahl und der Qualität der Realitätskriterien in der Aussage nicht mehr aufrechterhalten lässt (BGH, Urt. v. 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98, NJW 1999, 2746).
V
*
Beachte, dass sich der tatsächlich ereignete Lebenssachverhalt (objektive Wahrheit) von dem prozessrechtlich erheblichen Sachverhalt unterscheidet.⁠*
Vgl. Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9.Aufl. (2012), S. 16, Rdnr. 30.
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Handwerkszeug
V
>
Zeitstrahlen⁠*
Im Nachhinein hatte ich Gelegenheit dazu, ich mich ein wenig näher mit Zeitstrahlen zu befassen und bin dabei unter anderem über die interessante Arbeit von Daniel Rosenberg und Anthony Grafton gestoßen; Rosenberg/Grafton, Cartographies of Time, 2010. Sie besprechen die Entwicklung und das Potenzial des Mediums Zeitstrahl. Wer sich nun fragt, wie der Zeitstrahl ein eingenständiges Forschungsobjekt darstellen kann, der sollte sich im Internet mit den Schlagworten »Joseph Priestly Time Chart« auf die Suche begeben und sich die entsprechenden Bilder ansehen.
*
Es bietet sich an, einen Zeitstrahl für die materiellen Daten und einen weiteren Zeitstrahl für die Prozessgeschichte anzulegen; hierbei sollte der ggf. anhängende Kalender dazu verwendet werden, Sonn- und Feiertage zu kennzeichnen; soweit mehrere beteiligt sind, müssen die formellen Daten (Zustellungen etc.) für jeden Beteiligten ermittelt werden.
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Sachverhaltsskizze
V
*
Muss⁠* immer dann angefertigt werden, wenn mehr als zwei Beteiligte vorhanden sind.
Wir haben es hier mit einem schönen Beispiel für reflexives Denken zu tun. Mit dem Verweis »Muss immer angefertigt werden …« erinnere ich mich selbst daran, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass ich in vergleichbaren Situationen zwar zunächst auf eine Skizze verzichtete, dann jedoch feststellte, dass ich besser sofort eine solche angefertigt hätte.
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*
Hiermit können Personenkomplexe leichter gebildet werden.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 57, Rdnr. 120.
V
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Forderungs-/Antragstabellen⁠*
Die Aufführung dieses Hilfsmittels beruht auf meiner Erfahrung, dass man bei einer Vielzahl von geltend gemachten Ansprüchen oder Begehren schnell den Überblick verlieren kann. Die Tabelle erfüllt dann den Zweck, mich vor kognitiver Überlastung zu bewahren. Sobald ich diesen Punkt lese, habe ich sofort wieder den Klausurfall vor Augen, der Anlass dieser Überlegungen war: Der Kläger hatte nach einem Autounfall ein Vielzahl von Schadensersatzansprüchen geltend gemacht: Reperaturkosten für verschiedene Schäden, Mietwagenkosten für verschiedene Mietwagen, Schmerzensgeld, Behandlungskosten und schließlich Schadensersatz und den Ausgleich des Affektionsinteresses aufgrund eines verpassten Rockkonzertes. Vgl. hierzu auch Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 57, Rdnr. 120.
*
So können Antrags-/Begehrenskomplexe vorbereitet werden.
*
Ist eine Vielzahl von Punkten dem Grund und der Höhe nach streitig, hilft eine Forderungstabelle den Überblick zu behalten.
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Aktenauszug
V
*
Der Aktenauszug muss in den zivilrechtlichen Urteils- und Rechtsanwaltsklausuren aus Beklagtensicht erstellt werden, um ein relationsmäßiges Durchdenken⁠* des Falls zu ermöglichen. Nur durch die relationsmäßige Darstellung ist es möglich, zwischen streitigem und unstreitigem Vortrag zu unterscheiden.
Meinem Verständnis nach ist das Verhältnis von Aktenauszug, Relationstechnik, Rechtsgutachten und Urteil ist im Laufe der Zeit verwässert worden. In der Ausbildung wurde mir zunächst der Eindruck vermittelt, es handele sich um einzelne Arbeitsschritte oder Arbeitstechniken. Mein Eindruck ist nun, dass aufgrund der Darstellung auf Schemata und in Lehrbüchern ein einheitlicher Vorgang, nämlich die Herstellung eines Urteils, zerstückelt wurde. Ich habe an dieser Stelle den Zusammenhang zwischen dem Aktenauszug als Schreibtechnik und der Relation als Denktechnik hergestellt. Daher findet sich im nachfolgenden Punkt auch die Gliederung einer Relation, die ansonsten in aller Regel erst in Verbindung mit dem Relationsgutachten in Erscheinung tritt (vgl. hierzu etwa die Darstellung in Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013)).
V
>
Gliederung einer Relation⁠*
Im Wesentlichen übernommen aus: Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 102 ff., Rdnr. 198 ff.
*
1. Auslegung des Klageziels
*
2. Zulässigkeit der Klage
>
3. Begründetheit der Klage
>
Darlegungsstation
*
Schlüssigkeit des Klägervorbringens (nicht die Klage, sondern das Vorbringen ist schlüssig
*
Erheblichkeit des Beklagtenvorbringens
*
ggf. Replik
*
Beweisstation
*
4. Prozessuale Nebenentscheidungen
>
Gestaltung des Aktenauszugs
*
Es handelt sich um eine tabellarische Übersicht über die für die Untersuchung des Falls möglicherweise erheblichen tatsächlichen Vorgänge, in zeitlicher Reihenfolge, geordnet nach Kläger- und Beklagtenvortrag.
V
*
Das Blatt sollte in mindestens drei Spalten aufgeteilt werden: eine Spalte für das Vorbringen eines jeden Beteiligten, eine weitere für Datumsangaben (am besten mittig).⁠*
Entgegen den üblichen Empfehlungen entschied ich mich dafür, meinen Aktenauszug stets mit einer dritten Spalte für Datumsangaben zu versehen. Für mich ist die Anordnung in der Tabelle Aktenauszug hinsichtlich der Schreibrichtung von oben nach unten mit einer zeitlichen Hierarchie verbunden. Sobald ein zeitlich vorangiger Vorgang in der Tabelle nachgeordnet wird, büßt der Aktenauszug meiner Ansicht nach an Aussagekraft ein. Sein wesentlicher Vorteil wird dadurch beeinträchtigt. Ohne zeitliche Struktur kann man den Fall und das ihm zu Grunde liegende Geschehen nicht mehr ohne Weiteres überblicken.
V
*
Ist eine Sachaufklärung durch das Gericht erfolgt, muss eine vierte Spalte »Prozessergebnis« hinzugefügt werden, in welcher das Ergebnis (nicht die Würdigung des Beweises) eingetragen wird.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 56, Rdnr. 119.
*
Soweit Streitgenossen beteiligt sind, muss sauber unterschieden werden, wer was gegenüber wem geltend gemacht hat – wenn die Lage hier unübersichtlich ist, sollte jedem Streitgenossen eine eigene Spalte zugewiesen werden.
V
*
Zu jedem Eintrag sollte die Blattzahl der Fundstelle notierte werden: »# …«⁠*
Hier sehen wir den Verweis auf eine konkrete Form des Notierens. Die einheitliche Verwendung von Symbolen erleichtert das Wiedererkennen von bestimmten Informationen. Dies ist insbesondere dann hilfreich, wenn man auf engem Raum schreiben muss und man etwa Seitenzahlen mit Paragrafen oder Daten verwechseln kann.
*
Beweisangebote sollte dem jeweiligen Vorbringen zugeordnet werden: »(B) …«
V
*
Überholtes Vorbringen (Vorbringen, welches im Widerspruch zu anderen Erkenntnissen steht, an dem erkennbar nicht mehr festgehalten wird) wird durchgestrichen⁠*: »Zahlung«
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 57, Rdnr. 120.
V
*
Die Ausübung von Gestaltungsrechten und rechtlich erhebliches Verhalten (z.B. Schweigen auf Bestätigungsschreiben) sind Tatsachen⁠* und gehören daher in den Auszug: »Einrede der Verjährung«
Vgl. Baumfalk, JA 1984, 72 (78).
V
>
Fahrplan des Geschehensablaufs⁠*
Wesentliches Ziel meiner reflexiven Praxis war es, mir eine einheitliche Arbeitsweise anzueignen. Der Aktenauszug ist nach meinem Verständnis ein wertvolles Werkzeug, doch fehlte mir ähnliches für strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Fallbearbeitungen. Nichtsdestotrotz musste ich auch hier eine Akte lesen und die Informationen in eine Ordnung bringen. Daher versuchte ich mit dem »Fahrplan« eine dem Aktenauszug entsprechende Arbeitstechnik zu entwerfen. Den Begriff »Fahrplan« habe ich von Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 24.
*
In Fällen, in denen es nicht darum geht, den Tatsachenstoff in eine Relation zu bringen, sondern ihn »lediglich« zu ordnen und zu würdigen, muss der Vortrag in einer Struktur aufbereitet werden.
V
*
Die Struktur enthält drei Kategorien: eine für das jeweilige Datum bzw. die jeweilige Uhrzeit, eine weitere für den jeweiligen Tatsachenvortrag und schließlich eine für die kombinatorischen Variationen⁠* (z.B. verschiedene Zeugenaussagen, welche zu würdigen sind).
Der Begriff »kombinatorische Variation« steht letztlich für den Möglichkeitsraum, den die verschiedenen Versionen des dem Fall zu Grunde liegenden Geschehensablaufs beschreiben.
*
Bei dieser Übersicht handelt es sich nicht um einen Aktenauszug, sondern vielmehr entspricht der Fahrplan mehr einer Gliederung der späteren Sachverhaltsdarstellung, so wie sie bspw. in Strafurteil, verwaltungsgerichtlichen Urteil, einem Rechtsanwaltsschriftsatz aus Klägersicht oder Behördenentscheid anzufertigen ist.
*
Die aufgezeigten kombinatorischen Varianten verdeutlichen hierbei, wo Beweise zu würdigen sind oder Prognosen erstellt werden müssen.
*
Die Struktur des Geschehensablauf erleichtert die Bildung von Sachverhaltskomplexen.
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Rechtsansichten-Cluster⁠*
Den Cluster als Lösungshilfe beschreibt Adrian Hans; Hans, Jus 2004, 18-21. Hans verwendet diese Art des Mind-Mappings als Schreibtechnik für verschiedenste Schritte der Fallbearbeitung, so zum Beispiel für die Erfassung des Sachverhalts, den Aufbau der rechtlichen Prüfung oder die Herleitung der Rechtsgrundlage; Hans, a. a. O., 18 (19 f.). Bei mir funktionierte die Verwendung von Zeitstrahlen, Aktenauszügen und Fahrplänen wesentlich besser; allerdings half mir die Clustertechnik jeweils geäußerte Rechtsansichten zu überblicken.
*
Rechtsansichten der Beteiligten gehören nicht in die Sammlung des Tatsachenstoffs; sie müssen vielmehr hiervon getrennt werden, damit man in der Rolle des Rechtsanwenders, dem tatsächlichen Vorbringen nicht eine bestimmte Färbung gibt.
*
Die Ansichten müssen für eine spätere Darstellung im Tatbestand des praktischen Entwurfs nach Gewicht und Bedeutung geordnet werden. Daher bietet sich die Sammlung im Cluster an, da die einzelnen Begriffe später durch Nummerierung entsprechend der eigenen juristischen Wertung nummeriert werden können.
V
>
4. Vorlagenrevision (Durchsicht⁠*)
Die Bezeichnung dieses Lesevorgangs als »Durchsicht« bezieht sich ausdrücklich auf die äußere Erscheinung dieses Arbeitsschrittes (wie auch schon beim Durchblättern, sowie beim linearen und pendelnden Lesen). Wenn ich das Wort Durchsicht lese, sehe ich mich selbst am Schreibtisch sitzen, und die Vorlage auf eine gewisse Art und Weise handhaben.
V
*
Dient der Kontrolle des erfassten Sachverhalts mit kritischem Abstand zum bisherigen Lesevorgang.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 55, Rdnr. 117.
*
Dabei muss ein erneutes Augenmerk auf prozessrechtliche Besonderheiten des konkreten Falls gerichtet werden.
V
>
¶ Formalia bestimmen⁠*
Dieser Arbeitsschritt bezieht sich auf die bewusst Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Form des Endproduktes auszusehen hat. Man stellt sich gewissermaßen schon an diesem Punkt vor, wie das fertige Produkte, also das Dargestellte, letztlich aussehen wird. Für die Klausursituation im Assessorexamen habe ich mir für diesen Zweck eine Formularsammlung angelegt, in welcher sämtliche Formulare enthalten waren, die einem Prüfungskandidaten begegnen können. Vom Muster eines Zivilurteils, über den Beschluss nach § 91a ZPO, die Streitverkündungsschrift, den Schriftsatz zur Beschwerde, die Abschlussverfügung des Staatsanwaltes, den Entwurf eines Strafbefehls, das Revisionsurteil, den Beschluss nach § 80 VwGO NRW bis hin zur Antragsschrift auf vorläufigen Rechtsschutz.
V
*
-> siehe auch: Formularsammlung⁠*
An dieser Stelle reicht mir ein kurzer Verweis auf meine persönliche Formularsammlung aus. Ich weiß, dass ich sie im Verlauf der Rechtsanwendung mehrfach gedanklich konsultieren muss. Zu diesem Zeitpunkt der Anwendung erscheint mir eine Vergegenwärtigung des wohl einschlägigen Formulars für sinnvoll, da es wertvolle Hinweise auf den Umfang der Prüfung umfassen könnte. Allgemein kann man sagen, dass sich hier Formulare, Grundstrukturen oder sonstige Überlegungen zu den Formalia an dieser Stelle in die Struktur der praktischen Rechtsanwendung gut integrieren lassen.
V
>
Mögliche Probleme kennzeichnen und benennen⁠*
Fritjof Haft schreibt: »Denken kann man nur im Formulieren, nicht vorher, weshalb man eine Klausur vor dem schreiben nicht durchdenken kann. Die richtige Vorbereitung sieht anders aus. Man muss Arbeit in ihre Bestandteile zerlegen, diese ordnen und strukturieren, die Probleme kennzeichnen, Lösungsmöglichkeiten nebeneinanderstellen, Argumente und Topoi finden und festhalten, einen Fahrplan aufstellen - und dann kann man schreiben und denken zugleich.«, Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 23 f. Ich bin zwar der Auffassung, dass man das »Schreiben« nicht auf die Niederschrift einer ausgearbeiteten Lösung reduzieren darf. Abgesehen davon waren Hafts Ausführungen extrem hilfreich während der Erstellung meiner Struktur der praktischen Rechtsanwendung. So finden sich die im Zitat aufgeführten, einzelnen Aktivitäten verteilt in meinem Ablauf der Rechtsanwendung wieder.
*
Sowohl solche tatsächlicher als auch rechtlicher Art
V
>
In Betracht kommende Bestandteile der Lösung benennen, ordnen, strukturieren⁠*
Die Bezeichnung dieses Arbeitsschrittes entstammt ebenfalls Hafts Ausführungen zur Vorbereitung der Niederschrift der rechtlichen Lösung Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 23 f.
>
Gegebenenfalls Sachverhaltskomplexe bilden
V
>
[Vor der Einteilung eines Sachverhalts in Komplexe frage man sich, ob der vermeintlich Einschnitt bei einer Gesamtbetrachtung des Geschehens nicht dazu führt, dass Abgrenzungsprobleme übersehen werden.]⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 220.
V
*
[Bsp.: Im Strafrecht können bei Delikten gegen die Person leicht das Problem der Abweichung vom Kausalverlauf oder des Rücktritts vom Versuch oder des unmittelbaren Tatansatzes übersehen werden. Bei Vermögensdelikten läuft man Gefahr, einen einheitlichen Schaden, bzw. eine einheitliche Tathandlung zu übersehen.]⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 220.
*
Die Bildung von Sachverhaltskomplexen darf nicht dazu führen, dass man innerhalb der Prüfung eines Tatbestandes auf einen anderen Sachverhaltskomplex verweisen muss.
>
Die Aufspaltung eines Sachverhalts ist bereits eine rechtliche Wertung, welche einer Begründung bedarf. Diese Begründung kann sich konkludent aus dem eigentlichen Prüfungsprogramm ergeben oder muss im Einzelfall gesondert dargestellt werden.
*
Bsp.: Die Erörterung des prozessualen Tatbegriffs im Hinblick auf § 154 ff. StPO.
*
Gegebenenfalls Antrags-/Begehrenskomplexe bilden.
*
Gegebenenfalls Personengruppen bilden bzw. auflösen.
*
Gegebenenfalls rechtsfolgenorientierte Strukturen bilden.
*
Gegebenenfalls historische Strukturen bilden.
>
¶ Rechtssatz suchen, finden und benennen
V
*
Um den einschlägigen Rechtssatz zu finden »bedarf es einer Methode der praktischen Anwendung der Urteilskraft«⁠*
Diese Formulierung stammt von Reinhold Zippelius; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 89. Nach der Lektüre von Zippelius setzte ich mich erstmals bewusst mit der Urteilskraft auseinander. Während ich sie in meiner Struktur der praktischen Rechtsanwendung nur hier, in einer eher nebensächlichen Rolle, einordnete, bekam dieses Konzept im Laufe meiner Arbeit an dem Anstoß zu reflexiven Praxis eine überragende Bedeutung und ich entwickelte ein neues Verständnis von der Urteilskraft insgesamt.
V
*
[Urteilskraft anwenden bedeutet, ein ungefähres Zuordnen des gegebenen Falles, das einen größeren Bereich prüfungswürdiger Normen, Tatumstände, und Auslegungsvariationen in Betracht zieht.]⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 89.
V
*
Zunächst in die Überlegung einbezogene Normen werden als »hier nicht einschlägig« erkannt.⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 89.
*
Offensichtliches Ausscheiden der Norm = für das juristische Publikum muss dieses Ergebnis nicht erläutert werden, da die Normen genannt werden müssen, die der juristische Idealleser in einer perfekten rechtliche Würdigung (mindestens) erwartet.
V
*
Innerhalb der in die engere Wahl gezogenen Normen werden Auslegungsvariationen mit Blick auf den Sachverhalt formuliert, präzisiert und ausgewählt und aus der Fülle der Tatumstände werden die erheblichen (subsumierbaren) ausgelesen.⁠*
Vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 89.
V
>
Technik des »In-Betracht-Ziehens«⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 87. In diesem Sinnabschnitt meiner Struktur geht es um die Hintergründe der Suchtechniken hinsichtlich der einschlägigen Regelungen.
>
Verhaltenspflicht begründen (oder: wozu suche ich überhaupt einen Rechtssatz?)
V
>
[Generell ist das Ziel, eine Verhaltenspflicht zu begründen: Das Recht regelt menschliches Verhalten (Tun oder Unterlassen); daher laufen die Rechtsvorschriften letztlich auf die Begründung, Aufhebung oder Änderung irgendwelcher Verhaltenspflichten hinaus.]⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 30.
*
[Entstehen allgemeiner oder individueller Verhaltenspflichten (Bsp.: Kaufvertrag; Gefahrenverordnung),
*
Wegfall bestehender Pflichten (Bsp.: Rücktritt vom Kaufvertrag),
*
Befreiung von einem generellen Verbot (Bsp.: Baugenehmigung),
V
*
Verschiebung im Pflichtengefüge (Bsp.: Übereignung)]⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 30.
V
>
Subjektive Rechte durchsetzen⁠*
Ich versuchte, die Begründung der Verhaltenspflicht näher zu konkretisieren. Daher führte ich unter diesem Punkt weitere Überlegungen zum Ursprung von Ansprüche oder sonstigen Rechten und Pflichten auf.
V
*
[Die Rechtsordnung stellt dem einzelnen Rechtssubjekt die subjektiven Rechte zur Durchsetzung zur Verfügung. Dabei handelt es sich um begrifflich verliehene Rechtsmacht, nach ihrem Zweck Mittel zur Befriedigung menschlicher Interessen.]*
Seiler in: Staudinger/Eckpfeiler 2012, S. 1123, Kap. U., Rdnr. 12.
>
Subjektive Rechte können unterteilt werden in:
*
[absolute Rechte: Beherrschungsrechte, mit denen auf ein bestimmtes Objekt eingewirkt wird und/oder fremde Einwirkung ausgeschlossen wird,
*
relative Rechte: Ansprüche, mit denen von einem bestimmten Rechtssubjekt ein Tun oder Unterlassen gefordert wird,
V
*
Gestaltungsrechte: mit denen eine Rechtsänderung durch den Berechtigten und ohne Mitwirkung anderer Personen bewirkt wird.]⁠*
Seiler in: Staudinger/Eckpfeiler 2012, S. 1123, Kap. U., Rdnr. 12.
V
>
Anspruchsgrundlage (AGL) im Zivilrecht⁠*
Bei den nachfolgenden Prüfungspunkten handelt es sich um den prominenten Anspruchsaufbau von Dieter Medicus, aus: Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 24. Aufl. (2013), S. 1-11, Rdnr. 1-23. Die Bezifferung von 1.) - 5.) verdeutlicht, dass die Quellen möglicher Anspruchsgrundlagen zweckmäßigerweise in der festen Reihenfolge zu durchdenken sind. Auf diese Weise kann Zeit und Mühe gespart werden.
*
1.) Vertrag (Auftrag i.S.d der GoA; Recht zum Besitz; Vorrangige Haftungsregelungen; Rechtsgrund)
*
2.) Culpa in contrahendo (Haftungsmilderungen ggü. Delikt; aber auch Schäden, die eventuell nicht von den echten vertraglichen Ansprüchen erfasst sind)
*
3.) Geschäftsführung ohne Auftrag (Haftungsmilderungen ggü. Delikt; Leistungsverhältnis)
*
4.) Dingliche Ansprüche (Enthalten teilw. Spezialregelungen zum Delikts- und Bereicherungsrecht)
*
5.) Delikt und ungerechtfertigte Bereicherung
*
Grenzen des Anspruchsaufbaus (Fragen nach der dinglichen Rechtslage und der Erbenstellung werden historisch geprüft)
>
Strafbarkeit (TB) im Strafrecht begründen
>
Man fragt sich an den Gesetzestext heran:
V
>
Welches Rechtsgut ist betroffen?⁠*
Dieser Punkt erinnert mich daran, einen Blick in das Inhaltsverzeichnis des StGB zu werfen. Letztlich ist hier der Einstieg in die Fallbearbeitung schon durch das Inhaltsverzeichnis vorbereitet.
*
Individualrechtsgüter
*
Person
*
Eigentum und Vermögen
*
Universalrechtsgüter
*
Vielzahl an Beteiligten?
*
Handlungseinheit oder -mehrheit?
*
Welcher Straftatbestand sieht die schärfste Strafe vor?
*
Täterschaft oder Teilnahme?
*
Erfolgs- oder Handlungsdelikt?
*
Versuch oder Vollendung?
>
Ermächtigung (EGL) und Anspruchsgrundlage (AGL) im Öffentlichen Recht
V
>
Im öffentlichen Recht besteht die Falllösung meist aus einer Vielzahl von Teil-Prüfungsschemata, die zusammengefügt werden müssen. Um den konzeptuellen Rahmen zu erfragen bieten sich folgende Ausgangsfragen⁠* an:
Der Anspruchsaufbau im öffentlichen Recht geht zurück auf Frenz, Öffentliches Recht, 5. Aufl. (2005).
>
Wer?
*
Anspruchsteller
>
Will was?
*
Abwehr-, Leistungs- oder Feststellungsbegehren
*
Normen, VA oder sonstige Maßnahmen
>
Von wem?
*
Anspruchsgegner
*
Woraus?
*
Abwehrnorm, subjektiv-rechtliche Anspruchsnorm, Unterlassungsanspruch, Folgenbeseitigungsanspruch
>
Was macht eigentliche die Rechtsnorm aus, mit der wir Verhaltenspflichten begründen wollen?
V
>
Bestandteile einer Rechtsnorm⁠*
Zu den aufgeführten Normbestandteilen vgl. Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Aufl. (2010), S. 104 f., Rdnr. 149.
*
Urheber
*
Adressat
*
Tatbestand
*
Sollensanordnung: Gebot, Verbot, Erlaubnis
*
Rechtsfolge: Handlungsanweisung, Zielvorgabe oder Gestaltungsmöglichkeiten
*
Normzweck
V
*
»Die Paragraphen der Gesetze enthalten regelmäßig nicht die ganze Norm, sondern nur Teile davon.«⁠*
Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Aufl. (2010), S. 86, Rdnr. 120.
>
Annäherung an die einschlägige Rechtsnorm
V
>
Stufenweise fragt sich der Bearbeiter an den »Normenkatalog« heran, wobei er Schritt für Schritt den Sachverhalt und die gesuchte Rechtsfolge vergleichend im Auge behält.⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 87.
>
Dabei ist das Recht als dogmatisches System zu erfassen:
V
>
[Das äußere System betrifft die Ordnung der Rechtssätze unter verschiedenen formalen Kriterien. Es teilt das Recht nach bestimmten Sachthemen ein:]⁠*
Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Aufl. (2010), S. 94 f., Rdnr. 139 ff.
*
Privatrecht, Öffentliches Recht, etc.
*
Schuldrecht, Sachenrecht, Familien- und Erbrecht, Arbeitsrecht, Handelsrecht, etc
*
materielles Recht, Prozessrecht
>
Allgemeiner Teil, Besonderer Teil
*
Das BGB folgt dem Pandektensystem (Allg. Teil, Schuldrecht, Sachenrecht, Familienrecht, Erbrecht) – den Gegensatz hierzu bildet das Institutionensystem (res, personae, actiones)
V
*
Beim inneren System geht es um den Zusammenhang der Normzwecke.⁠*
Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Aufl. (2010), S. 96 f., Rdnr. 142.
V
*
[Die Einheit der Rechtsordnung: logische und wertungsmäßige Folgerichtigkeit (Kohärenz) sowie Widerspruchsfreiheit; zur Kohärenz: Dworkin's thesis of the single-author and the chain-novel; der adäquate Ansatz zur Interpretation der juristischen Praxis besteht darin, alle Rechtstexte als das Werk eine einzigen Autors aufzufassen.]⁠
Die Bestandteile der Struktur sind - wie hier - häufig auch bloß assoziativ. So bin ich etwa in Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), auf S. 443 eher zufällig auf die Ausführungen zu Dworkins Ansatz gestoßen, die Interpretaion der juristischen Praxis müsse alle Rechtstexte als das Werk eines einzigen Autors aufasssen. Diese Metapher gefiel mir so gut, dass ich sie unbedingt in die Struktur aufnehmen wollte und so habe ich sie schließlich in den Bereich »Recht als dogmatisches System erfassen« eingeordnet, obschon ich mir nicht sicher war, ob sie hier nicht fehl am Platze ist.
>
Rechtssätze zusammensetzen
V
*
»Die Voraussetzungen einer Rechtsfolge müssen oft aus einer Vielzahl einzelner Bestimmungen entnommen und zusammengefasst werden.«⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 31.
*
Bei der Bildung der einschlägigen juristischen Obersätze muss man die Rechtsordnung als eine Einheit ansehen und den systematischen Zusammenhang des Rechts beachten.
V
*
[Der logisch systematische Zusammenhang von Rechtsbegriffen betrifft die Fülle des im einzelnen Rechtssatz geborgenen Rechtsgedankens in seiner mannigfaltigen Bezüglichkeit auf die anderen Bestandteile des Rechts.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S.141.
V
*
»Die Gesamtheit der auf einen Fall anzuwendenden Tatbestandsmerkmale muß dann aus einem »Grundtatbestand« und zusätzlich (definierenden und ergänzenden) Bestimmungen konstruiert werden.«⁠
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 31.
V
>
[Welche Norm im konkreten Fall den »Grundtatbestand« (Ansatz) liefert und welche Normen ergänzende Vorschriften sind, hängt wiederum davon ab, für welche Rechtsfolge man sich interessiert (dynamische Systematik).]⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 34.
V
*
[Beispiel: § 823 I (RF: Schadensersatz), Eigentum als TBM und seinerseits als Rechtsfolge von § 958; in diesem Zusammenhang ergänzt § 249 nicht den Tatbestand von § 823 I, sondern präzisiert die Rechtsfolge]⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 34 f.
>
Verweisungen beachten
*
Dabei muss im Hinblick auf die Rechtsfolge auf Normen geachtet werden, welche diese präzisieren bzw. auf andere Vorschriften verweisen.
>
Verweisungen und/oder »Umschaltnormen« gibt es in verschiedenen Erscheinungsformen:
V
*
Dynamisch⁠*
Siehe Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 35.
V
*
Statisch⁠*
Siehe Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 35.
>
Rechtsfolgenverweisung
*
In einer Rechtsnorm werden lediglich tatbestandliche Voraussetzungen aufgestellt, bezüglich der Rechtsfolge wird jedoch auf eine andere Norm verwiesen wird. Der Tatbestand der ersteren Norm muss nicht erfüllt sein
>
Rechtsgrundverweisung:
*
Es wird nicht nur auf die Rechtsfolge, sondern auch auf den Tatbestand (den Rechtsgrund) der anderen Norm verwiesen.
>
Fiktion
V
*
[Die Anordnung des Gesetzes, tatsächliche oder rechtliche Umstände als gegeben zu behandeln, obwohl sie in Wirklichkeit nicht vorliegen. Rechtsfolgen, die dem Tatbestand T (1) zugeordnet sind, werden auch an den abweichenden Tatbestand T (2) geknüpft.]⁠*
Siehe Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 35 f.
>
Suchlesen
*
Man muss sich die äußere Systematik der Gesetze zu Nutzen machen. Es geht immer darum, die hierarchischen Strukturen zu erkennen und zu fragen, ob es zu einem bestimmten Punkt über- oder untergeordnete Punkte gibt. Gesucht wird also innerhalb einer Gliederung (Post Its verwenden!).
>
Orientierung
V
>
Zentraler Orientierungspunkt der Suche ist dabei das Inhaltsverzeichnis⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S 15 ff.
*
der Gesetzessammlung
*
des Gesetzes
V
*
hilfreich kann der Index der Gesetzessammlung sein⁠*
Merkwürdigerweise bezeichnen manche Juristen den Index eines Buches gerne als »Idiotenwiese«. Dieser Begriff ist mir in meiner Ausbildung sehr häufig begegnet und es herrschte die allgemeine Auffassung, dass derjenige, der einen Blick in den Index wirft, ein Idiot sein müsse. Während meiner reflexiven Praxis konnte ich dieses Vorurteil für mich ausräumen. So las ich etwa bei Nacy Mulvany: »An index is a structured sequence - resulting from a thorough and complete analysis of text - of synthesized acces points to all the information contained in the text. The structured arrangement of the index enables users to locate information efficiently.«; Mulvany, Indexing Books, 2nd ed. (2005), S. 8. So lernte ich den Index als ein wertvolles Werkzeug im Umgang mit Komplexität zu schätzen und stellte fest, dass derjenige, der versteht mit ihm umzugehen, einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Idioten hat, der den Index als seine Wiese bezeichnet.
V
>
Das Inhaltsverzeichnis lässt die Untergliederung eines Gesetzes erkennen.⁠* Der Grad der Untergliederung hängt von der konkreten Regelungsmaterie ab. Die Bestandteile eines Gesetzbuches könne sein:⁠**
* Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S 28 ff.
** Hier finden sich Spuren meiner Reflexion über eine Möglichkeit, wie ich mich in einer stressigen Situation sicher in einem Gesetz zurecht finden kann. Gesetze sind nicht standardmäßig untergliedert sondern nach Umfang und Bedarf, doch lässt die Art und Weise der Gliederung stets Rückschlüsse auf die Gesetzessystematik zu. Daher war es für mich sehr hilfreich, mir über die abstrakten Gliederungselemente Klarheit zu verschaffen. Zu den Strukturelementen des StGB siehe Lagodny, a. a. O., S. 29.
>
I) Gesetz
>
II) Teil/Buch
>
III) Abschnitt
>
IV) Titel
>
V) Untertitel
>
VI)Kapitel
>
VII) Unterkapitel
>
VIII) Paragraph
>
IX) Absatz
>
X) Satz
>
XI) Satzteil/Halbsatz
*
XII) Begriff/Wort
>
Suchregeln
V
>
Gliederungsebenen hinabschreiten⁠*
Diese Suchtechnik von Lagodny (siehe Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 40) ist eng verknüpft mit der Vorstellung, wie man ein Gesetz zur Hand nimmt und die Vorschriften mit einer bestimmten Blickbewegung liest (von oben nach unten, von links nach rechts).
V
*
[Die Suche hat immer von der höchsten (=allgemeinsten) Gliederungsebene zu den tieferen (spezielleren) Gliederungsebenen zu erfolgen. Gliederungsebenen werden »hinabgeschritten«.]⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S 40.
*
[Das Hinabschreiten der Gliederungsebenen erfordert, dass man zumindest vom Grobinhalt der übergeordneten Ebene eine ungefähre inhaltliche Vorstellung hat.
V
*
Was ist in dem Gesetz enthalten? Was ist in dem Abschnitt enthalten? Was ist in der Norm enthalten? Etc.]⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S 40.
V
>
Eins vor und eins zurück*
Eine weitere Technik von Lagodny (siehe Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S 40); auch hier kann man sich sehr gut die tatsächliche Bewegung des Blickes vorstellen (eins vor, eins zurück).
*
Hat man eine möglicherweise einschlägige Gliederungsebene (Abschnitt/Titel/Norm/Absatz/Satz) gefunden, dann sollte man immer noch die unmittelbar vorausgehende und die unmittelbar nachfolgende Ebene anschauen, um eventuell einen anderen Gesichtspunkt zu finden, der im konkreten Fall sogar näher liegen könnte.
*
Grund für diese Regel ist, dass die Struktur des Gesetzes grundsätzlich in Bezug zu der geregelten Sachmaterie steht.
V
>
Gliederungsebenen auf möglichst hoher Stufe ausscheiden⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S 40.
*
Ökonomisches Arbeiten: Offensichtlich nicht einschlägige Bereiche schaut man sich erst gar nicht an.
V
>
Gegebenenfalls den Suchraum erweitern⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S 40.
*
Wenn man auf einer Gliederungsebene nicht weiterkommt, muss man eine Ebene höher erneut ansetzen.
V
>
¶ Mögliche Bestandteile der Lösung benennen, ordnen, strukturieren und schließlich die Probleme kennzeichnen⁠*
Diesen Arbeitsschritt habe ich ebenfalls aus Hafts Ausführungen zur Vorbereitung der Niederschrift der rechtlichen Lösung entnommen; vgl. Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 23 f. Ich versuchte an dieser Stelle die Rekursivität der Arbeitsschritte abzubilden (»erneut«). Mit zunehmendem Erkenntnisgewinn werden auch die Notizen entsprechend überarbeitet.
V
>
Merke! Ein Sachgedanke kann auf verschiedene Weise rechtlich relevant sein: »Eine an einer Stelle (zutreffend) aufgegriffene und (zutreffend) zurückgewiesene Überlegung ist nicht notwendig erledigt, sie kann an anderer Stelle im System erneut relevant werden.«⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 118.
V
>
Beispiel: Im Strafrecht sind solche Umschaltungen besonders häufig von objektiv zu subjektiv oder von Rechtfertigung zu Schuldausschluss.⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 118.
*
-> siehe oben: Wechselwirkung mit »In Betracht kommende Bestandteile der Lösung benennen, ordnen, strukturieren«
>
¶ Rechtliche Prüfung im engeren Sinne
>
Grundsätzliches im Hinterkopf bewahren
V
>
Wechselbezüglichkeit zwischen Tatumständen und Rechtssatz⁠*
Hier lässt sich wieder der Charakter der Struktur als ein Arbeitsmittel nachvollziehen. So wollte ich den Inhalten zur Subsumtion und Auslegung einige Hintergrundinformationen voranstellen, die mich das Hin und Her zwischen Norm und Sachverhalt besser nachvollziehen lassen sollten. Allerdings blieb dieser Abschnitt in einem Stadium der Vorüberlegungen stecken. Im Nachhinein erscheint es mir, als hätte ich hier den Bezug zur rechtlichen Prüfung im engeren Sinne verloren.
*
Der Rechtsanwender sieht sich stets mit mehreren Texten konfrontiert: Sachverhaltstexten, Gesetzestexten und ergänzenden Texten der Fachliteratur. Diese Texte müssen zueinander in Beziehung gesetzt werden.
*
Rechtsanwendung umfasst auch, verschiedenste Texte zusammenzulesen und zusammenzuschreiben; Rechtsmethode gibt Anweisungen dazu, wie.
V
*
Die Methode muss es ermöglichen, einen Fall so anzugehen, dass alle für die Entscheidung relevanten Aspekte erkannt und zu Gehör gebracht werden.⁠*
Vgl. Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 12.
V
*
[Ein sozialer Konflikt muss originär auf angemessene Weise behandelt werden können, durch Ordnung aller relevanten Argumente, Gewichtung, Bewertung, Abwägung und endlich Entscheidung. Dabei muss das Gesetz und seine dogmatische Ergänzungen berücksichtigt werden.]⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 13 f.
V
*
Das Gesetz ist hier nur ein Hilfsmittel.⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 9.
V
*
Wertpositionen müssen rational aufgebaut, dargestellt und begreifbar gemacht werden.⁠*
Vgl. Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 21.
>
Verhältnis von Fakten und Norm
V
*
Die konkreten Tatumstände bestimmen, in welche Richtung die Auslegung der Norm fortschreitet.⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 89.
V
*
Andererseits ist die ausgelegte Norm dafür maßgebend, welche Tatumstände sich schließlich als relevant herausstellen – sind die Voraussetzungen einer Norm nicht erfüllt oder schlicht tatsächlich nicht gegeben, lässt sich die zu begründende Verhaltenspflicht nicht rechtfertigen.⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 89.
>
Unterscheidung von Rechts- und Tatfragen
V
>
Alle Fragen, die sich mit dem Obersatz des juristischen Schlusses befassen, sind Rechtsfragen.⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 91.
V
*
Zu ihnen gehört nicht nur die Auslegung des gesetzlichen Tatbestands, sondern auch dessen Vervollständigung und Präzisierung durch ergänzende Rechtsnormen.⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 91
*
Der anzuwendende Obersatz wird – noch vor der Subsumtion – im Hinblick auf den tatsächlichen Sachverhalt erwogen und präzisiert.
V
*
Tatfrage ist es, ob konkrete Tatsachen vorliegen und dem präzisierten Rechtssatz unterfallen.⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 91.
>
Rechts- und Sachprobleme
V
*
Rechts- und Sachprobleme können nicht scharf getrennt werden.⁠* Die sachlichen und rechtlichen Probleme des Einzelfalls beeinflussen sich wechselseitig.
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 71.
*
Rechtsproblem in diesem Kontext ist die schwierige, meist strittige Auslegung einer Norm in Grenzfällen (welche immer in gleichgelagerten Fällen erörtert werden müsste).
V
*
Sachverhaltsprobleme sind dagegen solche, bei denen es darum geht, eine in ihrer Auslegung unproblematische Rechtsvorschrift auf einen Sachverhalt anzuwenden.⁠* Dabei handelt es sich um die Fähigkeit, abstraktes (Grundlagen-) Wissen in dem konkreten Fall wiederzuerkennen.⁠**
* Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 71.
** Arzt, a. a. O., S. 77 f.
V
>
Auslegung oder Subsumtion?⁠*
Dieser Unterpunkt beruht auf dem Unterkapitel »§ 16 II. Konkretisierung: Auslegung oder Subsumtion?« bei Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 97-99.
>
Terminologie:
*
Subsumierbarkeit: Lässt sich überhaupt irgendeine sinnvolle Beziehung zwischen Rechtsnorm und Sachverhalt herstellen?
*
Auslegung: heißt, die Voraussetzungen der Norm als vollständigen und konkretisierten juristischer Obersatz aufzubereiten um eben diese Frage beantworten zu können.
*
Subsumtion (im eigentlichen Sinne): den im Wege der Auslegung aufbereiteten Voraussetzungen der Norm werden schließlich die jeweils in Frage kommenden Sachverhaltsumstände zugeordnet.
V
*
»Der Sachverhalt und die Frage der Subsumierbarkeit geben den Anstoß dazu, den Bedeutungsumfang der Norm – im Hinblick auf den konkreten Sachverhalt – zu erwägen und zu präzisieren.«⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 98.
>
Die Subsumierbarkeit führt über die problematischen Stellen des Einzelfalles (»Problematisch ist hier, dass …«) hin zur Auslegung (»Was bedeutet in diesem Kontext fremd?«).
V
*
[Es vollzieht sich eine Präzisierung der Rechtsnorm mit Bezug auf die vorhandene Lebenswirklichkeit: in einem Hin- und Herwandern des Blicks zwischen Norm und dem von der Norm betroffenen Sachverhalt.]⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 98.
V
*
[Der Geltungsbereich der Norm wird mit Blick auf die intendierte gerechte Lösung des konkreten Falls näher bestimmt.]⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 98.
*
Daraus folgt, dass sich Subsumtion und Auslegung nicht randscharf abgrenzen lassen; denn dort, wo der Rechtsatz zum ersten Mal mit dem konkreten Fall in Verbindung gesetzt wird, also auf seine Subsumierbarkeit hin geprüft wird, handelt es sich strenggenommen schon um eine vorweggenommene Subsumtion.
*
Auslegungsnotwendigkeit = Die Subsumierbarkeit eines Sachverhalts unter einen Rechtssatz beantwortet die Frage, in welchem Ausmaß eine Auslegung überhaupt erforderlich ist: was sich feststellen lässt, muss nicht ausgelegt werden.
V
*
»Die Auslegung liefert nicht nur das Vergleichsmaterial für die Subsumtion, sondern auch die Beziehungspunkte für den Vergleich.«⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 107.
V
>
Das eigentliche Problem liegt nämlich darin, dass bei jeder wirklich neuen Subsumtion der zu subsumierende Fall von den bisher der Klasse des juristischen Begriffs zugeordneten Fälle irgendwie abweicht; daher ist die Frage immer, ob diese Abweichung wesentlich ist.⁠
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 106 f.
*
Aus dem juristischen Allgemeinplatz »Es kommt darauf an« entspringt die einzig wichtige juristische Frage: »Worauf kommt es eigentlich an?«.
*
Diese Frage beantworten Auslegung und Subsumtion in Ihrem Grenzbereich.
V
*
Nach der Auslegung ist die eigentliche Subsumtion nur noch eine Trivialität!⁠*
Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 98.
>
Fachgerechtes juristisches Strukturieren
>
Deduktive Begründungsstruktur
V
>
[Die deduktive Begründungsstruktur, welche die Benennung von Prämissen im Sinne hinreichender Bedingungen für eine Subsumtion erfordert, verhilft der Entscheidungsbegründung zu einer Struktur, die allein durch ihre Form den Inhalt der Entscheidung lenkt.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 153.
*
vollständig
*
wesentlich
*
ausreichend begründet
*
folgerichtig
V
*
Die Prämissen, aus denen die Rechtsfolge abgeleitet werden soll, müssen vollständig benannt werden.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 153.
V
*
[Jedes einzelne Tatbestandsmerkmal, das nicht ohne weiteres eine semantischen Interpretation zugänglich (-> siehe unten: Methoden zur Auslegung/Wortlaut) ist, muss dazu in einem deduktiven Nebenschema so aufbereitet werden, dass es subsumtionsfähig wird.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 153.
V
*
Diese Aufbereitung der Prämissen ist kein logischer Vorgang – hier haben die verschiedenen Verfahren der juristischen Methodik ihren Platz.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 153.
>
Strukturdenken
V
*
Strukturdenken erhält den sachlogischen Vorrang vor dem Subsumtionsdenken, denn die Struktur stellt die Weichen für die Subsumtion.⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 40.
V
>
Hierarchische Begriffsstrukturen⁠*
Hierzu Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 41.
*
Begriffsentfaltung (Definition)
V
>
Sachverhaltsstrukturen⁠*
Hierzu Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 42 f.
*
Personen- und Sachverhältnisse
V
*
Arbeitsstrukturen⁠*
Hierzu Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 43.
*
Ablaufplan der Prüfung (Schema)
>
Anforderungen an Strukturen und Schemata
*
Vollständigkeitspostulat
V
*
Strukturen müssen alle in Betracht kommenden Möglichkeiten berücksichtigen – auch wenn sie letztlich bloß ausgeschlossen werden.⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 44.
V
*
[Dabei müssen die Strukturen kompatibel bleiben, d.h. dass sie trotz Vollständigkeit einfach bleiben müssen – eine Vielzahl von Teilstrukturen bildet ein kohärentes Gesamtbild.]⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 45.
V
>
Logisch richtige Reihenfolge der Prüfungsschritte⁠*
Vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 214.
V
*
»Bei einem Prüfungsschritt darf nichts vorausgesetzt werden, was nicht schon geprüft worden ist oder gemäß der Aufgabenstellung nicht geprüft werden soll.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 215.
*
Die Prüfung sollte bestenfalls ohne interne Verweisungen auskommen.
>
Halte, was Du versprichst/Hüte Dich davor, Erwartungen zu enttäuschen.
*
Was angekündigt wird, muss auch geschrieben werden.
*
Standardisierte Lösungsmuster immer einhalten soweit möglich (-> siehe unten: Aufbauprobleme).
V
>
[Korrespondenzen dürfen nicht gestört werden; gelegentlich muss auf korrespondierende Ausführungen in einem anderen Block der Darstellung verwiesen werden; Details jedoch nur dort, wo sie zu erwarten sind.]⁠*
Puhle, Jus 1989, 203 (205).
*
Bei Erörterung der Zulässigkeit wird grds. nichts zur Begründetheit geschrieben.
*
Im Zusammenhang mit der Begründetheit wird grds. nichts zur Zulässigkeit geschrieben.
*
In der Beweiswürdigung wird grds. nichts zur rechtlichen Würdigung geschrieben.
V
*
[Keine Prüfung darf wiederholt werden; taucht die gleiche Rechtsfrage in einem anderem Zusammenhang wieder auf, so ist auf die vorhergehende Prüfung zu verweisen.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 217.
*
Grundsatz der Folgerichtigkeit
>
[Ökonomie und Universalität:
V
*
Der sicherste, einfachste und kürzeste Wege zur Lösung ist stets der Beste.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 218 f.
>
Mit Obersätzen Struktur schaffen
>
Obersätze strukturieren die rechtliche Lösung und müssen daher immer besonders sorgfältig formulierte werden. Dies gilt umso mehr für die praktischen Entwürfe, in denen keine Überschriften verwendet werden dürfen.
*
In diesem Fall (bspw. in einem Instanzurteil) sind Obersätze wichtige Orientierungspunkte für den kundigen Leser (Jurist, aber auch Korrektor)
V
>
Obersätze müssen rechtsfolgenorientiert gebildet werden.⁠*
Hierzu insgesamt Kuhn, Jus 2008, 956-960.
V
*
Es muss die begehrte Rechtsfolge bezeichnet werden.⁠*
Vgl. Kuhn, Jus 2008, 956.
*
Der Obersatz nimmt daher gewissermaßen schon das Ergebnis der juristischen Vorüberlegungen vorweg.
V
*
Im Regelfall muss dabei eine konkrete Rechtsnorm genannt werden, aus welcher sich diese Rechtsfolge ergibt.⁠*
Vgl. Kuhn, Jus 2008, 956 (957).
*
Nicht wenige Normen haben das Potenzial mehrere Rechtsfolgen begründen zu können; daher muss stets die entscheidungsrelevante Rechtsfolge herausgearbeitet werden – dass die Norm noch weitere, nicht einschlägige Rechtsfolgen bedingen könnte, sofern noch weitere Voraussetzungen erfüllt werden würden, spielt dann für die Fallbearbeitung keine Rolle und muss sogar außer Acht gelassen werden.
>
Stets muss der konkrete Bezug zum Fall bewahrt werden.
*
Soweit erforderlich: Maßnahmen, Beteiligte etc. sollten genau bezeichnet werden.
V
>
Im Obersatz sollten grds. keine Tatsachen aus dem Sachverhalt zitiert werden.⁠*
Kuhn, Jus 2008, 956 (957).
*
Sonst besteht die Gefahr, dass Prämisse und Subsumtion vermischt werden.
V
*
Dies gilt nicht, wenn es nur durch die Nennung der zur Prüfung Anlass gebenden Tatsachen klar wird, auf welchen Sachverhaltsabschnitt sich der Obersatz bezieht.⁠*
Kuhn, Jus 2008, 956 (957).
V
*
Die Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge sollten nicht schon im Obersatz genant werden.⁠*
Kuhn, Jus 2008, 956 (957).
*
Die Rechtsfolge ist in den meisten Fällen direkt aus dem Gesetz abzulesen.
>
»Aufbauprobleme«
V
*
[Es gibt keine Aufbauprobleme! Es gibt nur Sachfragen. Ungenügendes Sachwissen verführt zur Beschäftigung mit Aufbau-Scheinproblemen.]⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 177.
>
Leitsätze für den Umgang mit vermeintlichen Aufbauproblemen:
*
[Systematische Grundfrage gehören nicht in die Falllösung.
*
Das Klammern an Schemata kann zu Erörterung unnötiger Fragen führen.
*
Es gibt nur wenige wirklich zwingende Aufbauregeln]⁠*
V
>
¶ Auslegungslesen⁠*
Das Lesen von Normen wird schon nach den ersten Semestern an der Universität derart selbstverständlich, dass man nicht mehr darüber nachdenkt. Fehler, die in diesem frühen Stadium gemacht werden, bleiben in aller Regel unentdeckt, da man eher versucht ist, die Schwierigkeiten einem mangelnden theoretischen und methodischen Verständnis zuzuweisen. Das systematische Lesen von Normtexten hat mir zu einer erheblichen kognitiven Entlastung verholfen. Siehe: Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 41-178.
>
Grundlegendes
V
>
Kann der konkrete Einzelfall unter die abstrakten Voraussetzungen der Norm fallen?⁠* Mit dem Auslegungslesen kann das Lesen von weiteren juristischen Quellen verknüpft werden:
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 41.
V
*
Kommentar⁠* (-> siehe unten: den Kommentar lesen)
Dieser Inhalt macht für sich genommen keinen Sinn. An dieser Stelle finden sich vielmehr Spuren meiner Überlegung zum systematischen Lesen insgesamt. Nachdem ich Lesetechniken für den Normtext gefunden hatte, wollte ich Vergleichbares auch für Kommentare und Urteile zusammenstellen. Ich wollte schneller, die wesentlichen Informationen finden, den Suchen kostet Zeit und vor allem Kraft. Gerade das Lesen von Kommentierungen hat mich eher verwirrt, als mir entscheidend weiterzuhelfen. Das änderte sich durch eine systematischen Auseinandersetzung mit Inhalt und Gestaltung der Praxiskommentare.
*
Zeitschrift
*
Urteil
*
Im Kern geht es bei der Rechtsanwendung um die »Relationierung« verschiedener Texte.
*
Clusterstrukturen, Skizzen und Brainstorming helfen in dem Gewirr von unbekannten Normkomplexen den Überblick zu behalten.
>
Lesen, Strukturieren und Portionieren des Wortlauts
V
*
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, doch nur wer das Gelesene auch versteht, kann es auch zu seinem Vorteil nutzen.⁠*
Immer wieder begegnen uns in der Liste »Parolen« wie diese. Sie dienen mir als Merksätze und - wie hier - als Erklärung, warum ich mich vertieft mit einem Arbeitsschritt auseinandersetzen sollte.
>
Identifiziere den Sinngehalt der Norm
V
*
Zunächst wird festgestellt, wie viele Haupt- und Nebensätze die Norm bzw. der Absatz enthält.⁠*
Vgl. Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 56.
V
*
[Ein einfacher Satz beruht auf einem einzigen Prädikat. Ein zusammengesetzter Satz besteht aus mehreren Teilsätzen, von dem jeder sein eigenes Prädikat aufweist. Bei Unterordnung erfüllt ein Teilsatz eine syntaktische Funktion gegenüber einem übergeordneten Satz.]⁠*
Duden, Die Grammatik, 8. Aufl. (2009), S. 1019, Rdnr. 1633.
V
*
[Ein Hauptsatz ist ein Teilsatz, der keinem anderen Teilsatz untergeordnet ist. Ein Nebensatz ist ein Teilsatz, der von einem anderen Teilsatz abhängt, diesem untergeordnet ist.]⁠*
Duden, Die Grammatik, 8. Aufl. (2009), S. 1019, Rdnr. 1635.
V
*
»Nebensätze können unterschiedliche Stellungen innerhalb des Satzgefüges einnehmen.«⁠*
Duden, Die Grammatik, 8. Aufl. (2009), S. 1019, Rdnr. 1636.
V
*
[Jeder Satz wird dann nach dem Muster: Subjekt – Prädikat – Objekt analysiert. Grundsätzlich lässt sich ein Satz immer am besten von seinem Prädikat her entflechten.]⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 56.
>
Den Norminhalt für die konkrete juristische Prüfung aufbereiten
V
>
Portionieren und Strukturieren des Norminhalts⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 55 ff.
>
Die Reihenfolge bestimmt sich nach den Anforderungen an ein juristisches Prüfungsschema, nämlich Kohärenz, Folgerichtigkeit und Vollständigkeit.
*
Wer?
*
Wo?
*
Wie?
V
*
Wenn ich einen Gesetzestext analysiere, muss ich zwischen die Gliederungsebene »Satz« und die Gliederungsebene »Wort« noch eine Zwischenebene einfügen, nämlich die Ebene »Satzteile«.⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 56.
>
[Verbindungswörter erkennen und ihre Funktion verstehen
>
Die Beziehung von mehreren Tatbestandsvoraussetzungen und Tatbestandsvarianten innerhalb der selben Norm (vgl. hierzu beispielhaft § 315 b)
*
das »Und« (kumulativ)
>
das »Oder«
*
Alternativ ≈ Es geht darum, zwei Sachbereiche voneinander zu unterscheiden.
>
Das »satzinterne Oder« verbindet zwei Satzteile
*
Bsp.: »… einem Auge oder beiden Augen«.
*
Das »satzverbindende Oder« verbindet zwei aufeinanderfolgende Nebensätze und weist deutlicher auf zwei juristisch voneinander zu unterscheidende Sinneinheiten, wie etwa Tatbestandsvariationen hin.
V
*
Bsp.: »Eine Tat ist an dem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen.«]⁠*
Der gesamte geklammerte Abschnitt beruht auf Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 81-89.
>
Verweise im Gesetz erkennen und qualifizieren
*
-> siehe oben: Zusammengesetzter Rechtssatz/Verweisungen beachten
>
Umfangreiche Normtexte auf das Wesentliche reduzieren
*
Regelungsgegenstand identifizieren
V
*
Überschriften (amtliche oder {nicht amtlich}) helfen⁠*
Vgl. Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 62.
V
*
Variationen, Beispiele, Aufzählungen und Verweise ausblenden.⁠
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 72 ff.
>
Regelungbestandteile identifizieren:
V
*
Normen unterscheiden zwischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen, ohne dass diese Elemente von einer bestimmte Anordnung im Satzgefüge abhängig wären.⁠*
Vgl. Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 57.
>
[Textbausteine des Gesetzgebers erkennen
*
»in der Regel« = Regelbeispiel, Ausnahmen zulässig
*
»kann« = Ermessen
*
»ist zu« / »hat« / »wird« = gebundene Entscheidung
*
»es sei denn« = Beweislastumkehrung
*
»im Zweifel« = Auslegungsregel
*
»nur« = Ausschließlichkeit
*
»insbesondere« = Übertragbarkeit
V
*
»soweit« = Rechtsfolge auch teilweise]⁠*
Zu diesem Punkt und den genannten Beispielen: Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 110 ff.
V
*
…⁠
Hier habe ich für mich markiert, dass die Beispiele nicht abschließend sind und gegebenfalls weitere Textbausteine eingepflegt werden können (und sollten).
>
Hilfestellungen im Gesetz nutzen (lies zum Beispiel §§ 308, 309 BGB)
V
*
Legaldefinitionen⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 52 ff.
V
*
Überschriften⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 62.
V
*
grafische Gestaltung der Vorschriften⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 71 f.
V
*
Zwischenüberschriften innerhalb von Aufzählungen⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 78 f.
V
>
Fragen an den Gesetzestext stellen⁠*
Dieser Arbeitsschritt beruht auf einer Kombination von Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 128 und Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 48 ff.
*
[Welchen Lebenssachverhalt regelt die Norm (Normalfall bilden)?
*
Was ist der wesentliche Regelungsgehalt der Norm?
*
Warum gibt es diese Vorschrift bzw. was wäre wenn es diese Vorschrift nicht geben würde?
V
*
Wozu schweigt die Norm?]⁠*
Lagodny, Gesetzestext suchen, verstehen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. (2013), S. 128.
*
Mit welchen Regelungen steht die Norm in Zusammenhang/Konflikt?
>
¶ Auslegung
>
Auslegungsnotwendigkeit feststellen
*
Was klar und offensichtlich ist, muss nicht im Wege der Auslegung aufbereitet werden. Wo die Auslegung nicht notwendig ist, wird entweder überhaupt nichts gesagt oder der Vollständigkeit halber festgestellt (-> siehe unten: Weitere Stilformen/Feststellung).
>
Auslegung erforderlich wenn:
*
Gesetzeswortlaut nicht eindeutig ist,
*
wenn Begriffe der Norm Wertungen umfassen
*
das Gesetz lückenhaft ist,
*
der klare Wortlaut den Zweck des Gesetzes verfehlt.
>
Ziel der Auslegung
*
[Die Auslegung muss den Inhalt und Umfang der Rechtsbegriffe vergegenwärtigen (Intension und Extension).
*
Die Feststellung der Intension erfolgt durch Definitionen, also durch Anführung von Begriffsmerkmalen.
V
*
Die Extension von Rechtsbegriffen wird durch Anführung von Beispielen und Fallgruppen abgebildet.]⁠*
Bei diesem Punkt handelt es sich um eine Kombination von Inhalten von Engisch sowie von Röhl und Röhl: Zur Auslegung der Rechtsbegriffe siehe Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 126 und zur Intension und Extension Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 29.
V
*
Ziel ist es, den vollständigen juristischen Obersatz zu gewinnen – »Die Vervollständigung des Obersatzes reicht dabei von Fall zu Fall so weit, wie es für die Beurteilung des Sachverhalts erforderlich ist.«⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 117.
*
(-> siehe oben: Obersätze und Strukturierung)
V
*
»[Durch] die Auslegung werden zwischen den unmittelbar dem Gesetz zu entnehmenden juristischen Obersatz und die Entscheidung des Falls nicht bloß ein Untersatz, sondern deren mehrere eingeschoben, die die Subsumtion erleichtern.«⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 124 f.
>
Begriffe im Recht
V
>
In verschiedener Art und verschiedenem Maße ist der Rechtsanwender durch das »Billigkeitsrecht«, das »ius aequum«, das in den unbestimmten und normativen Begriffen, in den Ermessens- und Generalklauseln steckt, dazu berufen, nicht bloß durch Auslegung und Subsumtion, sondern auch durch Wertungen und Willensentscheidungen das Recht im Einzelfall zu finden.⁠*
Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 227 f.
>
Unbestimmter Rechtsbegriff
*
Inhalt und Umfang weitgehend ungewiss; verschiedenen Interpretationen zugänglich, daher im Wege der Auslegung aufzubereiten.
*
Sowohl normative Begriffe als auch deskriptive Begriffe.
*
Gerichtlich voll überprüfbar (nicht bei Beurteilungsspielraum).
>
Deskriptive Begriffe
*
Begriffe, die Wahrnehmung »beschreibend« zum Ausdruck bringen.
V
*
[Dadurch charakterisiert, dass ein Satz, in dem er auf einen Fall angewandt wird, wahr oder falsch ist; ein deskriptiver Begriff bezeichnet also Tatsachen.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 27.
V
*
(P) auch ein Satz, der ein Recht oder ein Rechtsverhältnis bezeichnet, ist wahr oder falsch.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 28.
>
Normative Begriffe
V
*
Es bedarf stets einer rechtlichen Wertung, um einen normativen Begriff im Einzelfall zur Anwendung zu bringen.⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 197.
*
Normative Begriffe sind im Gegensatz zu deskriptiven Begriffen stärker unbestimmt.
V
*
Vage und unbestimmte Begriffe sind nicht mit normativen Begriffen gleichzusetzen.⁠*
Vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 28.
>
Wertende Begriffe
V
*
Begriffe, die eine Wertung ausdrücken, indem sie sich auf das praktische Handeln beziehen und etwas darüber aussagen, wie man in der beschriebenen Situation handeln soll.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 30.
V
*
»Die emotive Komponente ist das Kriterium, welches sie von bloß beschreibenden Begriffen unterscheidet.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 30.
V
*
Wertende Aussagen sind nicht wahr oder unwahr.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 31
V
*
Die Qualität eines Wertungsbegriffs ergibt sich aus der vollständigen Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkten des Einzelfalls.*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 31 f.
>
Klassenbegriffe
V
*
Drücken die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zu einem Gegenstandsbereich (Klasse) aus. Sie werden definiert durch die Angabe von Merkmalen, die für seine Erfüllung im Einzelfall notwendig und hinreichend sind.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 42.
>
[konjunktive Definition: »und«
*
je allgemeiner und merkmalsärmer die konjunktive Definition, je größer ihr Anwendungsbereich
>
disjunktive Definition: »oder«
V
*
zweifelhafte Varianten können weggelassen werden]⁠
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 42-45.
>
Typusbegriffe
*
Die Zuordnung zu einem Typus wird nach charakteristischen Merkmalen vorgenommen, welche nicht alle vollständig erfüllt sein müssen.
V
*
»In je höherem Maße ein abstufbares Begriffsmerkmal im Einzelfall erfüllt ist, in desto geringerem Maße muss ein anderes abstufbares Merkmal erfüllt sein oder desto weniger von den übrigen disjunktiven Merkmalen erfüllt sein.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 45.
V
>
Am Ende muss die Frage, ob ein Typusbegriff gegeben ist, mit Ja oder Nein beantwortet werden.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 49.
*
Bsp.: Besitz
>
Zuschreibende Begriffe
V
*
[Aufgrund der Feststellung eines Sachverhalts wird ein anderer angenommen (zugeschrieben) – unter der Herausarbeitung von bestimmten festgelegten tatsächlichen Voraussetzungen wird der betroffene Sachverhalt so behandelt, als seien bestimmte andere – regelmäßig nicht feststellbare – Tatsachen ebenfalls gegeben.]*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 32 f.
V
*
»Von den deskriptiven Begriffen unterscheiden sich die zuschreibenden Begriffe durch die Gründe, aus denen sie im Einzelfall angewendet werden.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 41.
V
*
Bei den deskriptiven Begriffen sind es Indizien (Schluss von einer Tatsache auf eine andere).⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 41.
V
*
Bei den zuschreibenden Begriffen sind es Indikatoren (Schluss von einer Tatsache auf den (Rechts-)Begriff).⁠*
Vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 35.
V
*
»Ob ein Indikator oder ein Komplex von Indikatoren die Zuschreibung eines bestimmten Begriffs im Einzelfall begründet, ist eine Rechtsfrage im prozessualen Sinn.«⁠
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 41.
>
Definitionen als Einstieg nutzen
*
Definition = Ersetzung.
V
*
Im Recht sind exakte Definitionen nicht erwünscht: Eine gewisse Elastizität, und damit Unbestimmtheit von Rechtsbegriffen ist notwendig, um inakzeptable Ergebnis im Einzelfall zu vermeiden.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S.52.
*
Das Problem zu erkennen und einzugrenzen ist die halbe Miete.
*
Zusammenspiel von Einzelfall von möglichen Definitionen.
V
>
In den meisten Fällen⁠* gibt es tatsächlich nur zwei Auslegungsmöglichkeiten, eine die die zu prüfende Voraussetzung bejaht und eine andere, die es verneint.
Dieser Punkt ist Resultat eines Momentes reflexiver Einsicht: Lange Zeit fehlte mir das Verständnis der Rolle der Definition innerhalb der Auslegung. Sie machte mir den Anschein einer Formalität; ich hatte den Eindruck, man müsse definieren, um den Erwartungen an juristische Texte zu entprechen. Schließlich realisierte ich die instrumentale Bedeutung der Definition, als Einstieg. Insbesondere wurde klar, dass die Definition bestenfalls die Entscheidungsituation »entweder/oder« einleitet. In den meisten Fällen der Rechtsanwendung, die ich erlebt habe, war dies der Fall.
V
*
dies erreicht man, indem man an den allgemeinen Obersatz die Frage anknüpft: Was heißt hier … (z.B. »umschlossener Raum«*⁠ i.S.v. § 243 StGB)?
Vlg. zu diesem Beispiel Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 126.
>
Richtigkeits- und Qualitätskriterien
>
Definitionen müssen stets an Richtigkeitskriterien gemessen werden, welche sich vor [allem an den Ansätzen der Auslegung orientieren.
*
Subjektive Auslegung: Wie definiert der Gesetzgeber selbst den Begriff?
*
Objektive Auslegung: Was gibt der allgemeine Sprachgebrauch her?
V
*
Teleologische Auslegung: Praktische Konsequenzen für die Rechtsanwendung.]⁠*
Wenn ich diesen Abschnitt der Liste im nun betrachte, gerate ich ins Stocken. Ich habe den Eindruck, dass ich die Anordnung und Hintergrundinformationen der Richtigkeitskriterien in meiner nächsten reflexiven Praxis überarbeiten sollte. So stellt sich die Frage, ob es zutrifft, dass die subjektive Auslegung ein Richtigkeitskriterium für eine Definition sein kann.
V
*
»Pleonasmen in Definitionen sind verdächtig. Wer in einer Definition etwas zweimal sagt, gerät gewissermaßen geistig ins Stocken, weil er selbst nicht weiß, was er sagen soll.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 54.
>
Eine gute juristische Begriffsdefinition erfüllt folgende Qualitätskriterien:
V
*
Intensionale Vollständigkeit (sie enthält alle Merkmale des Begriffs)⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S.56.
V
*
Extensionale Vollständigkeit (sie erfasst alle Fälle, die unter den Begriff subsumiert werden sollen)⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S.56.
V
*
Grammatische Richtigkeit (sie drückt die Beziehungen, in denen die einzelnen Begriffsmerkmale zueinander stehen richtig und vollständig aus)⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S.53.
>
Definitionsarten
*
Legaldefinitionen: Sind im Gesetz selbst enthalten und können auch zur Auslegung anderer Normen herangezogen werden.
>
»Klassische Definition«: [Der zu definierende Begriff wird durch den Gattungsbegriff und den artbildenden Unterschied gebildet.
*
Bsp.: § 90 BGB: »Sachen sind körperliche Gegenstände«
*
Definiendum: Sache
*
Definiens: körperlicher Gegenstand
V
*
Unterscheidungsmerkmal: körperlich]⁠*
Das zusammengeschriebene Element zur klassischen Definition basiert auf Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 37 f. Röhl und Röhl verwenden allerdings ein anderes Beispiel, und zwar den Schimmel (weißes Pferd). Ich meine mich zu erinnern, dass ich den Transfer zur »Sache« im Sinne von § 90 BGB selbst geleistet habe, könnte mich allerdings auch täuschen. Ein Manko, dass ich hier offenlegen will.
*
Negative Definition: »… ist nicht …«
V
>
Teildefinitionen: Die Angabe einer hinreichenden Bedingung für die Erfüllung eines Begriffes.⁠* Hier zeigt sich am besten, dass Definitionen nur Hilfsmittel der Rechtsanwendung sind und nicht bloß Hindernisse bei der rechtlichen Würdigung.⁠**
* Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 67.
** Dieser Punkt erinnert mich an die erheblichen Schwierigkeiten, die ich mit umfassenden Definitionen lange Zeit hatte. In der konkreten Anwendungssituation verwirrte mich häufig der Umstand, dass Definition »mehr können«, als im Einzelfall überhaupt erforderlich. Dies gilt zwar nicht nur für Teildefinitionen, allerdings kam mir die entscheidenden Einsicht, als ich mich eben mit diesen befasste. Ingeborg Puppes Ratschlag brachte mir Klarheit: »Die Begründungen mancher höchstrichterlicher Urteile beginnen mit jenen […] ebenso wortreichen wie sinnarmen Bandwurmsätzen zur ›Definition‹ z. B. des Vorsatzes oder der Mittäterschaft, die nichts andere besagen, als dass der Richter eine Gesamtbetrachtung des Falles vornehmen muss, bei der er alle relevanten Umstände berücksichtigen soll. [m. w. Nw.] Ein solches Vorgehen wäre zweckmäßig, wenn die Definitionen von Rechtsbegriffen den allgemein in der Wissenschaft gestellten Ansprüchen an Definitionen genügen würden, also klar, eindeutig, präzise und einfach wären. Das sie das alles aber nicht sind und auch nicht sein können, belastet dieses Vorgehen den Rechtsanwender oft unnötig mit allen Vagheiten und Streitfragen des Rechtsbegriffs. Dabei hat er doch nur die Aufgabe, zu entscheiden, ob ein einziger Sachverhalt unter diesen Begriff zu subsumieren ist.«; Puppe, a. a. O., S. 74. Mir zeigte diese Stelle, dass manchmal mehr geschrieben wird, als eigentlich notwendig ist, und dass Definitionen zwar nicht eindeutig, präzise und vollständig sind, jedoch flexibel und - vor allem - praktisch.
*
Sie bietet das Stilmittel für das Dahinstehenlassen von nicht einschlägigen Definitionsvarianten: »Jedenfalls dann …«
V
*
[Verschiedene Teildefinitionen können im Verhältnis der Inklusion stehen: Der jeweils weitere Begriff ist immer dann erfüllt, wenn der engere erfüllt ist.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 70.
*
Bestes Beispiel: »oder sonst aus niedrigen Beweggründen«
V
*
Feststellungsdefinition: Worterklärung des herrschenden Sprachgebrauchs (auch: lexikalisch).⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 37.
>
[Genetische Definition: Beschreibt die Entstehung des zu definierenden Gegenstands.
*
Bsp.: »Das BGB ist ein Gesetzbuch, das am 1.1.1900 in Kraft trat.«
>
Verbaldefinition: Durch Synonyme, wobei ein Begriff durch einen anderen mit gleicher Bedeutung bestimmt wird; dabei werden oftmals Fremdworte (lateinischen Ursprungs) und Begriffe deutscher Herkunft zueinander in Beziehung gesetzt.
*
Bsp.: »Immobilien sind Grundstücke.«
>
Etymologischen Definition: hier wird ein Begriff durch Zurückgehen auf die sprachliche Bedeutung des Wortes ermittelt
V
*
Bsp.: »Nießbrauch (ususfructus) ist das Recht, die Früchte (fructus) einer Sach zu ziehen und die zu Gebrauchen (usus)«]⁠*
Während Aufbereitung der Struktur für die ihnen vorliegende Arbeit habe ich etwa zwei Stunden darauf verwendet, herauszufinden, woher die Inhalte zur genetische und etymologischen Definition sowie zur Verbaldefinition ursprünglich stammen. Insbesondere die Beispiele sind aus einem bestimmten Text, dessen Fundstelle ich beim besten Willen nicht mehr auffinden kann. Zunächst wollte ich die Inhalte daher aus der Struktur nehmen oder verändern, habe ich jedoch dagegen entschieden, da ich mein Arbeitsmittel nicht »entstellen« wollte - so jedenfalls fühlt sich das Löschen von relevanten Inhalten für mich an. Daher habe ich mich entschlossen, die Inhalte in der Struktur zu bewahren, auch wenn ich die Fundstelle leider nicht nennen kann.
V
*
[Nominaldefintion: Bewusster Vorgang der Sprachbildung (»Ich verstehe unter …«); beruht auf Konsens der Sprachgemeinschaft. Kann weder wahr noch falsch sein, sondern ist zweckmäßig oder unzweckmäßig.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 38.
*
Hinweis- oder Beispielsdefinitionen: Die Bedeutung eines Begriffs wird durch Beispiele festgelegt.
V
>
Begriffsentfaltungslehre⁠*
Nach Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 60-75.
>
Sollte eine Definition erforderlich, jedoch nicht bekannt sein, bietet sich die juristische Begriffsentfaltungslehre als Methode der Auslegung an:
>
1.) Definition
*
[a.) Festlegung des Kontextes, in welchem der Begriff entfaltet werden soll
*
b.) Bilde die Summe aller Fälle, für die der Begriff problemlos gilt; zur Abstützung können auch Gegenfälle gesucht werden, für die der Begriff ebenso problemlos nicht gilt
*
c.) Zusammenstellung unterscheidbarere Elemente
V
*
d.) Bildung eines wohlklingenden Satzes, der alle Elemente vereinigt]⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 75.
V
>
2.) Begriffsverwendungslehre: Auslegung und Subsumtion⁠*
Nach Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 75-93.
*
[a.) Entfaltung der Elemente des Falles mit Blick auf die Entfaltung des Gesetzes analog 1.)c.) und sprachliche Formulierung in einem Satz analog 1.)d.)
*
b.) Herstellung der Entsprechung zwischen den Elementen/Merkmalen von Fall und Gesetz
*
c.) Problemstellen ermitteln
V
*
d.) Alternativ: Extremfalltechnik aufgrund realer oder fiktiver Vergleichsfälle]⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 92 f.
V
>
Auslegungsmethoden (Argumentationsschemata⁠* ) heranziehen
Diesen Begriff habe ich von Robert Alexy übernommen, der auch von »Argumentformen« spricht, Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 301.
*
Auslegen heißt Interpretieren (lateinisch = interpretatio)
*
Die einzelnen Auslegungsmethoden sind nicht klar abgrenzbar: Rechtsbegriffe sind relativ, denn sie werden in jeweils anderen systematischen und teleologischen Zusammenhängen unterschiedlich verwendet. Darüber hinaus, können systematische Erwägungen selten losgelöst von Zweckerwägungen durchgeführt werden.
V
*
Die verschiedenen Methoden können auch zu widersprüchlichen Ergebnissen führen.⁠*
Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 146.
*
Letztendlich geht es darum, eine Normkonkretisierung zu erhalten, mit welcher die Anwendbarkeit und Einschlägigkeit der Norm eindeutig bejaht oder verneint werden können.
>
Auslegungen nach dem Wortlaut
V
*
Der Gesetzeswortlaut kommt stets in einem Kontext daher; Bürger und Juristen lesen Gesetze verständigungsorientiert.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 614.
V
>
Soweit sich die Auslegung auf ganze Sätze als Bedeutungsträger bezieht, heißt sie grammatikalische Auslegung, wobei es hier nicht um Grammatik, sondern um den sprachlichen Kontext geht.⁠* Insofern könnte man auch von einer »systematischen Auslegung im Kleinen« sprechen.
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 613.
V
*
»Zur grammatikalischen Auslegung gehört nur der Kontext im engeren Sinne, nämlich der Text der einzelnen Rechtsquelle von der Überschrift bis zum Verkündungsdatum. Das Rechtssystem als Kontext berücksichtigt erst die systematische Auslegung.«⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 614.
*
Soweit sich die Auslegung des Wortlauts auf einzelne Begriffe bezieht, erfolgt sie letztlich über die nähere Erläuterung des Wortsinns und erschöpft sich regelmäßig in der Darstellung einer Definition, welche sich in Hinblick auf Art und Umfang am konkret zu Grunde liegenden Einzelfall orientiert.
>
Wortlautgrenze
V
*
Sens-Clair-Regel: bei eindeutigem Wortlaut ist eine Auslegung nicht zulässig.⁠*
Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Aufl. (2010), S. 458, Rdnr. 732, m. w. Nw.
V
*
Ausnahmen: Auslegung von Willenserklärungen gemäß § 133 BGB; falsa demonstratio non nocet; auch bei Gesetzen in Fällen eines – nachweisbaren – Redaktionsversehens des Gesetzgebers.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 614 f.
V
*
Der Wortlaut bildet im Hinblick auf das letztmögliche Wortverständnis die äußerste Grenze der Auslegung.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 614.
*
Die Wortlautgrenze ist eine methodische Grenze – Wörter und Texte zu interpretieren erfordert, auf ihren Sinnzusammenhang Bezug zu nehmen, hier die juristisch Lesart. Dazu braucht man den Rückbezug (wenn auch nur gedanklich) auf die anderen Auslegungsmethoden.
>
Genetische Auslegung
V
*
Ziel ist es, den Sinn der Norm aus den Umständen der Entstehung zu ermitteln.⁠* Auch zur Vorbereitung der teleologischen Auslegung, da diese die Ermittlung des Normzwecks voraussetzt.
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 619.
*
[Historisch-soziologische Auslegung: Klärung des historischen und sozialen Kontexts die zur Entstehung der Norm geführt haben.
V
*
Dogmengeschichtliche Auslegung: Konzentriert sich auf die rechtsinterne Entwicklung.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 619.
V
*
[Konret-historische Auslegung: Fragt nach dem Schöpfungsvorgang der Norm und setzt die Hinzuziehung der Gesetzesmaterialien voraus.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 620.
>
Teleologische Auslegung
V
*
Im Rahmen, der durch den Normzweck vorgegeben ist, wird nach einer Normkonkretisierung gesucht, die als Mittel zum Zweck geeignet ist.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 620 f.
*
[Für die Anwendung der teleologischen Auslegung ist es wichtig zwischen allgemeinen Gesetzen mit Ordnungscharakter und Zweck- oder Maßnahmengesetzen zu unterscheiden.
V
*
Je stärker der Ordnungscharakter eines Gesetzes überwiegt, umso weniger verfolgt es spezifische Zwecke, und umso schwächer wird die entscheidungsleitende Kraft der teleologischen Auslegung.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 621.
>
Ermittlung des Normzwecks
V
*
In der Regel muss der Normzweck erst durch historische Auslegung ermittelt werden (subjektiv-historische Auslegung: was wollte der Gesetzgeber?)⁠*
Vgl. Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Aufl. (2010), S. 450, Rdnr. 720.
>
[Der Normzweck lässt sich aber auch »objektiv« bestimmen.
*
1.) Dazu muss im Hinblick auf die Norm und ihren Kontext ein abstraktes Ziel definiert werden, welches über den bloßen Regelungsgehalt der konkreten Norm hinaus reicht.
*
2.) Dieser benannte Normzweck muss als gerecht, vernünftig und nützlich legitimiert sein.
*
3). Die Norm muss ein geeignetes Mittel sein, diesen Zweck einigermaßen vollständig und nicht nur zum Teil zu verwirklichen.
V
*
4.) Es darf keine nachteiligen Nebenfolgen der Verwirklichung des Normzwecks geben, die dessen Wert überwiegen.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 97.
>
Einsatzmöglichkeiten
V
*
Die teleologische Auslegung lässt sich instrumentell verwenden, also Zweifel in einer Weise beheben, die dem Normzweck möglich umfassend und wirkungsvoll Rechnung trägt.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 621.
V
>
Die teleologische Auslegung kann jedoch auch als Maßstab einer kritischen Auslegung zu einer Extension oder Reduktion des Gesetzes gegenüber seinem Wortlaut führen.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 621.
V
*
Eine teleologische Reduktion kann geboten sein, wenn der Wortlaut des Gesetzes weiter reicht, als es der Zweck gebietet.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 621.
V
>
»Eine teleologische Extension läuft auf eine analoge Anwendung der Vorschrift hinaus.«⁠* (im Strafrecht grds. ausgeschlossen).
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 621.
*
Im Hinblick auf den Zweck von Ausnahmeregelungen müssen diese grundsätzlich einschränkend und exklusiv ausgelegt werden.
>
Systematische Auslegung
V
*
Die Bedeutung der Norm wird aus ihrer Stellung im Gesetz, dem Regelungszusammenhang und allgemeineren Prinzipien die das betreffende Rechtsgebiet beherrschen ermittelt.⁠* Es wird dann nach einer Normkonkretisierung gesucht, die sich in diesen Regelungszusammenhang einflechten lässt.
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 622.
V
*
[Da es sich bei systematischen Erwägungen um Wertungen des Rechtsanwenders handelt, sind regelmäßig verschiedene Lösungen mit Systemargumenten vertretbar. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sich Regelungsprinzipien innerhalb eines beweglichen Systems wechselseitig beeinflusse.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 623.
V
>
[Die vier Postulate der systematischen Auslegung
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 81 ff.
>
Widerspruchsfreiheit
*
Das Gesetz widerspricht sich nicht. Widersprüche sind im Rahmen von Konkurrenzerwägungen aufzulösen.
>
Nichtredundanz
*
Das Gesetz sagt nichts Überflüssiges. Eine Norm soll nicht so eng ausgelegt werden, dass ihr kein eigener Anwendungsbereich mehr verbleibt.
>
Vollständigkeit
*
Das Gesetz lässt keine unabsichtlichen Regelungslücken.
>
Systematische Ordnung
V
*
Das Gesetz ist sinnvoll geordnet.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 81 ff.
>
Sonderfälle
V
*
[Ein Spezialfall der systematischen Auslegung ist die verfassungskonforme Auslegung. Inhaltlich ist auf Grund des Geltungsvorrangs der Verfassung jede Rechtsnorm in Einklang mit der Verfassung auszulegen.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 623.
V
*
[Die verfassungskonforme Auslegung ist nur dann zulässig, wenn mehrere Auslegungen zur Wahl stehen und findet ihre Grenze im Wortlaut.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 625.
V
*
»Entsprechendes gilt für die europarechtskonforme Auslegung.«⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 626.
>
Objektive und subjektive Auslegung
V
*
»Wird der Sachgehalt des Gesetzes und damit das letzte »Auslegungsziel« durch den vormaligen und einmaligen »Willen« des historischen Gesetzgebers derart bestimmt und festgelegt, dass der Rechtsdogmatiker in die Spuren des Rechtshistorikers treten muss – zwar nicht um der Historie, wohl aber um der Sache selbst willen – oder aber ruht der sachliche Gehalt des Gesetzes in ihm selbst und in seinen »Worten«, als »Willen des Gesetzes«, als objektiver Sinn, der unabhängig ist von dem »subjektive« Meinen und Willen des historischen Gesetzgebers, dafür aber notfalls frei beweglich, entwicklungsfähig wie alles, was am »objektiven« Geist teilhat?«⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 159 f.
V
*
[Subjektive und Objektive Auslegung sind keine Alternativen; vielmehr darf eine objektive Auslegung erst angewendet werden, wenn die subjektive Auslegung unergiebig ist, sich die Verhältnisse geändert haben und die Untätigkeit des Gesetzgebers nicht den Umkehrschluss zulässt, dass er keine Änderung wünscht. Das Prinzip der Gewaltenteilung: andernfalls wird die Aus- zur Einlegung.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 632.
>
Objektive Auslegung
V
*
[Nach ihr kommt es nicht auf den Willen des Gesetzgebers, sondern auf den Willen des Gesetzes an (BVerfG). Der Inhalt des Gesetzes soll wandelbar sein und sich den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen anpassen. Die heutige »vernünftige« Bedeutung und Funktion einer Norm ist demnach maßgebend.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 628.
*
Die objektive Auslegung ist eine besondere Art der Anwendung der »klassischen« Auslegungsmethoden
V
*
Im Rahmen der teleologischen Auslegung wird sie hinsichtlich der Bestimmung des Zwecks von der Bindung an den Willen des Gesetzgebers befreit.⁠*
Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 629.
V
*
Bei der systematischen Auslegung erklärt das BVerfG allein den objektivierten Willen des Gesetzgebers für maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut und der Systematik der Norm ergibt.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 630.
V
*
Keine Berücksichtigung soll demnach die subjektive Auslegung mehr finden; in der Lehre und im Verfassungsrecht ist jedoch ein gegenläufiger Trend zu beobachten.⁠*
Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 630.
>
Subjektive Auslegung
V
*
[Sie stellt die Frage nach dem Willen des historischen Gesetzgebers. Dabei steht die Frage nach der Verbindlichkeit dieses Willens im Fokus.]⁠*
Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 627.
V
*
[In Fällen starken historischen Wandels soll der Bezug zum heutigen Gesetzgeber hergestellt werden. Die Auslegung erfolgt dann so, als ob dieser die Norm erlassen hätte.]⁠*
Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 628.
*
Ein neues Anwendungsgebiet ist für die subjektive Auslegung durch das europäische Gemeinschaftsrecht in Form von Richtlinien und Rahmenbeschlüssen entstanden.
V
>
Extensive und restriktive Auslegung⁠*
Die Überlegungen zu diesem Punkt sowie das Begriffspaar extensive und restriktive Auslegung basieren auf: Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 179 ff. und Honsell, in: Staudinger/Eckpfeiler 2012, S. 115 ff., Kap. B, Rdnr. 61 ff.
>
Der Übergang von Auslegung und Rechtsanwendung im Lückenbereich ist fließend; dabei hilft ein Blick auf das Begriffspaar der »engen« und der »weiten« Auslegung:
V
*
a.) im Hinblick auf den sprachlichen Sinn des Normtextes⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 179 f.
V
*
b.) hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Norm⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S.181 f.
V
*
[Bei der Begründung von extensiver und restriktiver Auslegung muss man beachten, dass die Auslegung von Normen sowohl Freiheitsgewährend als auch -einschränkend wirken kann. Ferner muss man berücksichtigen, dass man als Rechtsanwender den Willen des Gesetzgebers zu beachten hat und ihn nicht ohne Weiteres ergänzen darf.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S.182 ff.
>
Rechtsanwendung im Lückenbereich
>
Arten von Lücken
V
*
Normlücken sind »echte« Lücken, die sich objektiv feststellen lassen.
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 633.
V
*
Regelungslücken lassen sich nur durch systematische Auslegung ermitteln; hierbei handelt es sich um eine Wertung.⁠*
Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 633.
V
*
Primäre Lücken haften dem Gesetz von Anfang an, während sekundäre Lücken dadurch entstehen, dass sich die Verhältnisse seit dem Gesetzeserlass geändert haben.⁠
Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 634.
V
*
[Es geht nicht um »rechtspolitische Lücken«, also Lücken vom Standpunkt eines künftigen besseren Rechts aus (»de lege ferenda«), sondern um eine Gesetzeslücken im eigentlichen Sinn, also einer Lücke im geltenden Recht (»de lege lata«).]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S 241 f.
>
Methoden der Lückenschließung
V
*
Der Unterschied zwischen Gesetzesanalogie und Rechtsanalogie ist im Grunde nur die Induktionsbasis bei Herausarbeitung des Grundgedankens, die das eine Mal schmaler, das andere Mal breiter ist.⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S.256.
V
*
[Auch der Grundgedanke einer Ausnahmevorschrift kann analogiefähig sein. Hier ist das Grundproblem die Abgrenzung von Analogie- und Umkehrschluss.]⁠*
Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 242 ff.
V
*
[Abgrenzung der Auslegung zur Analogie: die Auslegung reicht soweit, wie sich die Interpretation mit dem eben noch möglichen Sinn des Gesetzeswortlauts verträgt – jede Auslegung die diese Grenze überschreitet, ist Analogie.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 637.
V
*
Beachte das Analogieverbot im Strafrecht⁠*
Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 636.
>
Was ist eine Lücke?
V
*
»Lücken sind Mängel des positiven Rechts (Gesetzes- oder Gewohnheitsrechts), die als Fehlen rechtlicher Regelungsinhalte dort, wo sie für bestimmte Sachverhalte erwartet sind, spürbar werden und die Behebung durch ein rechtsergänzende richterliche Entscheidung fordern und zulassen«⁠* – ausgehend von der Prämisse, dass der Richter den Fall entscheiden muss (Justizverweigerungsverbot).⁠**
* Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S.239.
** Engisch, a. a. O., S. 238.
V
*
Achtung: Eine solche Lücke kann auch das Fehlen einer Ausnahmevorschrift sein.⁠*
Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 242 ff.
V
*
Als Argumentationshilfe im Rahmen der Lückenfeststellung helfen die Prinzipien Geschlossenheit der Rechtsordnung und Einheit der Rechtsordnung.* Die Lückenfeststellung ist eine Wertung, die stets eine rechtliche Verankerung benötigt.⁠**
* Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 271 ff.
** Vgl. Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, 5. Aufl. (2010), S. 579, Rdnr. 935.
>
Planwidrig
*
Die Lücke ist planwidrig, wenn der Gesetzgeber den Mangel des positiven Rechts nicht zugelassen hätte, wenn er ihn bei der Gesetzgebung erkannt hätte.
V
*
Achtung: »Der Ausdruck »planwidrige Gesetzeslücke« bezieht sich eigentlich auf den Willen des historischen Gesetzgebers. Eine solche Planwidrigkeit kann nur dann als unabdingbar für eine Analogie anerkannt werden, wenn man ausschließlich die subjektive Auslegungsmethodik akzeptiert.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 116.
>
Eine Lücke im Wege mit einer Analogie schließen
*
Die Analogie ist eine Anwendung einer ähnlichen, jedoch nach der Auslegung nicht einschlägigen Regelung.
V
*
[Der Analogieschluss wird häufig als ein Schluss »vom Besonderen auf das Besondere« begriffen, genauer betrachtet, ist der Analogieschluss jedoch aus Induktion und Deduktion zusammengesetzt. Denn erst wenn aus den besonderen Erscheinungen, aus denen geschlossen wird, ein allgemeiner Gedanke abstrahiert ist, ist es möglich, den Schluss auf ein anderes Besonderes zu ziehen.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 248 und 249.
*
Besonderes -> Allgemeines -> Besonderes
V
*
[Dreh- und Angelpunkt des Schlusses ist der Begriff der »Ähnlichkeit«; seinen Ursprung findet der Analogieschluss im Gleichheitsgrundsatz.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 248 und 249.
>
Schema
*
[Obersatz: Wenn zwei Sachverhalte S1 und S2 unter dem Blickwinkel einer bestimmten rechtlichen Norm ähnlich sind, d.h. in wesentlichen Beziehungen übereinstimmen, so sollen sie die gleiche rechtliche Folge haben.
*
Untersatz: Der Sachverhalt F (S2) stimmt mit dem in der rechtlichen Norm N geregelten Sachverhalt K (S1) in den wesentlichen Beziehungen überein.
V
*
Folgerung: F soll die gleiche rechtliche Folge haben wie K.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 249.
>
Eine Lücke durch einen Umkehrschluss bestätigen
*
Die Analogie ist eine Anwendung einer ähnlichen, jedoch nach der Auslegung nicht einschlägigen Regelung.
V
*
[Der Analogieschluss wird häufig als ein Schluss »vom Besonderen auf das Besondere« begriffen, genauer betrachtet, ist der Analogieschluss jedoch aus Induktion und Deduktion zusammengesetzt. Denn erst wenn aus den besonderen Erscheinungen, aus denen geschlossen wird, ein allgemeiner Gedanke abstrahiert ist, ist es möglich, den Schluss auf ein anderes Besonderes zu ziehen.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 248 und 249.
*
Besonderes -> Allgemeines -> Besonderes
V
*
[Dreh- und Angelpunkt des Schlusses ist der Begriff der »Ähnlichkeit«; seinen Ursprung findet der Analogieschluss im Gleichheitsgrundsatz.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 248 und 249.
>
Schema
*
[Obersatz: Wenn zwei Sachverhalte S1 und S2 unter dem Blickwinkel einer bestimmten rechtlichen Norm ähnlich sind, d.h. in wesentlichen Beziehungen übereinstimmen, so sollen sie die gleiche rechtliche Folge haben.
*
Untersatz: Der Sachverhalt F (S2) stimmt mit dem in der rechtlichen Norm N geregelten Sachverhalt K (S1) in den wesentlichen Beziehungen überein.
V
*
Folgerung: F soll die gleiche rechtliche Folge haben wie K.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 249.
>
Eine Lücke durch einen Umkehrschluss bestätigen
V
*
Fraglich ist, ob die Verschiedenheit der verglichenen Sachverhalte »wesentlich« ist (Gegenpol zu »Ähnlichkeit« bei der Analogie).⁠*
Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S.251.
>
Einfluss der Verkehrsanschauung im Recht
>
Generalklauseln
V
*
Generalklauseln sind Tatbestandsfassung, die mit großer Allgemeinheit einen Fallbereich umfassen und der rechtlichen Behandlung zuführen.⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 214.
V
*
Die umfassende Allgemeinheit ermöglicht dem Gesetzgeber, eine größere Gruppe von Sachverhalten lückenlos und anpassungsfähig einer Rechtsfolge zu unterwerfen.⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 218.
V
*
Generalklauseln dürfen nicht allein durch eine (rein) subjektiv-persönliche Wertung des Richter ausgefüllt werden; maßgeblich für den Richter soll sein, was man in den fraglichen Kreisen denkt und empfindet.*
Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 221.
V
*
Der Rechtsanwender muss dabei »festhalten«, welches die tatsächlichen geltenden sittlichen Anschauungen sind.⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 223.
*
[Entscheidungssätze, welche die Generalklauseln ausfüllen, haben dabei eine kommentierende Funktion.
V
*
Sie erscheinen daher in Lehrbüchern und Kommentaren mit gleichen Ansprüchen neben Definitionen und Exemplifizierungen.]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 224.
>
Gewohnheitsrecht
V
*
Rechtsregeln, die nicht von einem Gesetzgeber statuiert sind, bei denen vielmehr die Überzeugung der Mitglieder der Rechtsgemeinschaft von ihrer Geltung unmittelbar in deren Verhalten (Übung, Gewohnheit) zu Ausdruck kommt.⁠*
Honsell, in: Staudinger/Eckpfeiler 2012, S. 128, Kap. B, Rdnr. 78.
>
Verkehrssitte
V
*
Im geschäftlichen Verkehr gebildete spezifische Formen der Abwicklung von Geschäften, die auch die Bedeutung der bei dem Abschluss solcher Geschäfte übliche Ausdrücke, Formeln und Verhaltensweisen umfassen.⁠*
Honsell, in: Staudinger/Eckpfeiler 2012, S. 129, Kap. B, Rdnr. 80.
>
Technische Normen und Standards
V
*
Können zur Ausfüllung von unbestimmten Rechtsbegriffen verwendet werden; hier wirken sie als Rechtsinhaltsquelle.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 558.
V
>
Rechtsquellencharakter haben sie, wenn Gesetz im Wege statischer oder dynamischer Verweisungen auf sie verweist.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 558.
V
*
Bsp.: Der Verweis auf »allgemein anerkannte Regeln der Technik« oder den »Stand der Technik«⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 559.
V
*
Richterrecht*
Das Richterrecht war seinerzeit der nächste Punkt für meine reflexive Praxis werden. In der Examensvorbereitung blieb jedoch keine Zeit mehr. Nach ein bis zwei bewussten Auseinandersetzungen mit dem Thema Richterrecht wird dieser Punkt wohl so aussehen, wie die Ausfürhungen zur anwaltlichen Arbeitsweise, welche sich im Bereich der Vorbereitung der rechtlichen Lösung befinden. Interessant wäre auch die Entwicklung der Relationen dieses Punktes etwa zu den Inhalten der Generalklauseln sowie der objektiven und subjektiven Auslegung.
V
*
Dogmatik⁠*
Wie für das Thema des Richterrechts, hatte ich mir auch für die Dogmatik vorgenommen, über ihre Bedeutung für und ihren Einfluss auf meine praktische Rechtsanwendnung zu reflektieren. Meinem Gefühle nach, könnte eine Vertiefung in dieses Thema zu einer neuen Anordnung der Inhalte zur Auslegung führen.
>
Auslegung von Willenserklärungen
V
*
Es handelt sich um eine Interessenabwägung im Hinblick auf den Verkehrsschutz und die Rechtssicherheit einerseits und die privatautonomen Interessen des Einzelnen andererseits.⁠*
Vgl. Schiemann, in: Staudinger/Eckpfeiler 2012, S. 145 f., Kap. C, Rdnr. 42 ff.
>
Empfangsbedürftige Willenserklärungen auslegen
V
>
Willenserklärungen sind grundsätzlich vor dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Es wird gefragt, wie ein verständiger Dritter in der Rolle des Empfängers die Erklärung vernünftigerweise verstehen durfte.⁠* Dabei sind folgende Kriterien heranzuziehen:
Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 24. Aufl. (2013), S. 21, Rdnr. 45.
*
1.) Wortlaut der Erklärung
*
2.) Kontext
*
3.) Umstände unter denen die Erklärung abgegeben wurde
*
4.) Interessen der Beteiligten
*
5.) Routine der Beteiligten
*
6.) Verkehrssitte
*
7.) Verkehrssanschauung
>
Nicht-empfangsbedürftige Willenserklärungen auslegen
>
1) Bei nicht-empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu ermitteln.
*
a.) Kontext
*
b.) Umstände unter denen die Erklärung abgegeben wurde
*
c.) Interessen der Beteiligten
*
d.) Routine der Beteiligten
*
2.) Wortlaut der Erklärung
>
Rechtssicherheit vs. Gerechtigkeit / Abstraktion vs. Konkretisierung
*
Die Gerechtigkeit fordert weitgehende »Konkretisierung«, also die Rücksichtnahme auf die individuellen Verhältnisse der Personen und Situation.
*
Die Rechtssicherheit fordert weitgehende »Abstraktion« von diesen Verhältnissen (bspw. Altersgrenzen, Fristen, Tarife).
>
¶ Die Wahrung des Sachverhaltsbezugs – auch bekannt als Subsumtion
V
*
Subsumtion und Auslegung sind eine Kette von Begriffsbestimmungen, an deren Ende eine Evidenzbehauptung steht.⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 25 m. w. Nw. und S. 28.
*
Die Überleitung von Auslegung zur Subsumtion erfolgt meist durch »hier«, »im vorliegenden Fall«, »… so liegt der Fall auch hier« usw.
>
Gebote der Subsumtion beachten
*
Die hergestellte Beziehung soll überzeugen und dazu sollte die Verbindung zwingend sein.
V
*
Auf Subsumtionsbehauptungen muss eine sachliche Begründung folgen, denn nur Sachargumente können die Evidenzbehauptung vorbereiten.*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 25-28.
V
*
Für den konkreten Fall unerhebliche Normauslegungsprobleme dürfen nicht erörtert werden.⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 28-31.
V
*
Die Subsumtion ist keine bloße Wiederholung der Auslegung, sondern ein Bezug zum konkreten Fall – die Subsumtion führt einen Schritt weiter zum Ergebnis als die Auslegung.⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 31 f.
>
Den Sachverhaltsbezug methodisch herstellen
>
1.) Ausgangsfrage: Bedarf die Evidenzbehauptung einer Begründung?
V
*
Feststellung für den Fall, dass die Evidenzbehauptung sich schon durch den Sachverhalt ergibt.⁠*
Vgl. Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 23 f.
>
2.) Aufgliederung der Normelemente mit Blick auf den Sachverhalt.
>
[Zerlegt man den Oberbegriff anhand von Teildefinitionen in einzelne Merkmale, unter die man Teile des Sachverhalts gesondert subsumiert, so erhält man eine horizontale Begriffskette.
V
*
Bsp.: Heimtückischer Mord]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 62.
V
*
»Vertikale Begriffsketten verläuft ausgehend vom gesetzlichen Begriff von allgemeineren Unterbegriffen zu spezielleren.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 64.
V
>
»Die Glieder dieser Kette werden nicht durch eine Definition des Allgemeinbegriffs verbunden, sondern durch Subsumtionen dergestalt, dass der speziellere Begriffe unter den vorhergehenden allgemeineren subsumierbar ist.«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 64 f.
V
*
Bsp.: Gesundheitsschädigung im Rahmen der Körperverletzung⁠*
Vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 65.
>
3.) Definition und Interpretation (Auslegung) um den Normbereich dadurch soweit einzugrenzen, wie es der Sachverhalt erfordert.
*
[Ist die Abweichung von den aufbereiteten juristischen Normvoraussetzungen (vom Normalfall) so wesentlich, dass der problematische Fall nicht mehr dem Normbereich zugeordnet werden kann?
*
Übereinstimmende Merkmale von Fall und Fallgruppen herausarbeiten.
*
Merkmalsunterschiede herausarbeiten.
V
*
Abwägung mit dem Ziel einer Gleichbehandlung wesentlich gleicher und einer Ungleichbehandlung wesentlicher ungleicher Fälle.]⁠*
Hierbei handelt es sich um eine Kombination von Engischs Überlegungen zur Subsumtion mit Hafts Begriffsentfaltungslehre sowie seiner Normalfallmethode; Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 106 ff.; Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 74 f.; ders., Juristische Schreibschule, 2009, S. 224 f.
>
4.) Einkleidung in den syllogistischen Schluss
*
Wenn immer Tatbestand T, gilt die Rechtsfolge R
*
Der Sachverhalt S ist ein Fall von T
*
Also gilt für den Sachverhalt S die Rechtsfolge R
*
Der juristische Syllogismus ist trivial – die eigentlich anspruchsvolle Arbeit lieg darin, die Prämissen des Obersatzes und den zu subsumierenden Sachverhalt zu ermitteln
V
>
Subsumtion und Fuzzy-Logic⁠*
Ein Eintrag, der ein wenig unorthodox daherkommen mag. Ich hatte bei Röhl und Röhl über die Fuzzy-Logik gelesen und war der Ansicht, dass Sie ein plausibles Erklärungsmodell für die Fälle liefern kann, in denen wir mit den Eigenarten des offenen Kontextes der Sozialsphäre konfrontiert werden und logische Schlussverfahren streng genommen nicht funktionieren können; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 133 ff. und 616 ff.
V
*
Fuzzy-Logik ist ein Schlussverfahren, das auch dann zu Entscheidungen führt, wenn die verfügbaren Informationen ungenau, unvollständig oder sogar teilweise widersprüchlich sind.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 133.
V
*
[Subsumtion setzt eine Regel mit semantisch interpretierbarem Tatbestand voraus. Für jedes Tatbestandsmerkmal wir separat ermittelt, ob es vorliegt oder nicht. Fehlt auch nur ein Tatbestandsmerkmal, so ist die Norm nicht anwendbar.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 616.
*
(P) Tatbestandsmerkmale werden jedoch nicht (mehr) scharf definiert.
V
*
Die relative Unschärfe der Tatbestandsmerkmale hat zur Folge, dass Tatbestandsmerkmale nicht im Sinne eines Entweder-Oder bejaht oder verneint werden, sondern nur im Sinne eines Mehr-oder-Weniger mit dem Sachverhalt korrespondieren müssen.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 616.
V
*
Diese typologische Methode kann den ganzen Tatbestand in Bewegung bringen, weil sich die Konsequenz aufdrängt, dass die schwache Ausprägung eines Tatbestandmerkmals im Sachverhalt durch die die stärkere Verwirklichung eines anderen kompensiert werden kann.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 618.
>
Typen haben zwar eindeutige Schwerpunkte, sind aber – im Gegensatz zu Klassenbegriffen – an den Rändern unscharf
V
*
Bsp.: Wucher i.S.v. § 138 BGB oder Besitz i.S.v. § 854 BGB.*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 617.
V
*
[Der Grundgedanke ist, dass sich allgemeingültig: Tatbestandsmerkmale wechselseitig beeinflussen können.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 619.
>
¶ Tatsachen feststellen, Beweise würdigen
*
Ob bestimmte Tatsachen vorliegen ist eine Tatfrage – allerdings muss man beachten, dass auch die Feststellung von Sachverhaltsumstände unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten offen stehen. Es gibt keine absolute/ausschließliche Interpretation eines Lebenssachverhalts.
>
Beweismaß beachten
V
*
Nach dem Grundsatz des Vollbeweises ist ein Beweis erst dann geführt, wenn das Gericht von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache vollständig überzeugt ist.⁠* Die tatrichterliche Überzeugung bildet sich demnach aus der Gewissheit (subjektive Wahrscheinlichkeit) und der hohen Wahrscheinlichkeit (objektive Tatsachengrundlage).⁠**
* Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 152, Rdnr. 7.44.
** Die Differenzierung zwischen Gewissheit und Wahrscheinlichkeit stammt von Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 139 ff., Rdnr. 558 ff.
V
*
[Beispiel Zeugenaussage: Nullhypothese des BGH: jede Aussage gilt solange als Unwahr, bis diese Vermutung sich angesichts der Zahl und Qualität der Realitätskriterien in der Aussage nicht mehr aufrecht erhalten lässt.]⁠*
Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 53 f. und 71, Rdnr. 216 und 307-309 .
V
*
Der Nachweis ist nicht erbracht, wenn vernünftige Zweifel bestehen bleiben.⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 152, Rdnr. 7.44.
V
*
Ist eine Tatsache glaubhaft zu machen, dann ist dem Genüge getan, wenn für das Vorliegen der Tatsache eine bloß überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht, eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist nicht erforderlich.⁠
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 152 f., Rdnr. 7.44.
>
Beweislast feststellen
*
Die Beweislast regelt, wessen Tatsachenvortrag zur Überzeugung des Gerichts vorgetragen und nachgewiesen werden muss.
V
*
»Zweifel über Tatsachen können nicht wie Rechtszweifel über Bord geworfen werden, dass man sich einfach mit Entschiedenheit zu einer bestimmten Auffassung durchringt.«⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 111.
V
*
[Die Beweislast entscheidet die Situation (non liquet = es bleibt unklar), in welcher Zweifel an Tatsachen bestehen, denn das Gericht muss den Streit aus der Welt schaffen, auch wenn es die Zweifel nicht aus der Welt schaffen kann (Folge des Justizgewährungssanspruchs).]⁠*
Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 112.
>
Verteilungsregeln einhalten
V
*
[Basis ist die Normenlehre, der zufolge nach anspruchsbegründenden Normtatbeständen einerseits und nach anspruchsvernichtenden bzw. -hemmenden Normbestandteilen andererseits zu differenzieren ist. Allein hierauf bezieht sich der allgemeine Slogan: Jede Partei hat die ihr günstigen Tatsachen zu beweisen. »Günstig« ist mithin ein normgebundenes Adjektiv, das nicht aus dem Kontext von Recht und Gegenrecht gelöst werden darf.]⁠*
Schmidt, JuS 2003, S. 1007 (1010 f.).
V
*
[(P) Bei vielen Normen ist unklar, ob sie zu den vom Kläger zu beweisenden Voraussetzungen oder zu den vom Beklagten zu beweisenden Einwendungen gehören – das Verteidigungsvorbringen muss dann entweder als Klageleugnen oder als Geltendmachung einer Einwendung qualifiziert werden.]⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 156, Rdnr. 54.
V
*
[Der Beklagte verteidigt sich mit der Behauptung, es sei eine unstreitig vereinbarte aufschiebende Bedingung nicht eingetreten – hierbei handelt es sich um das Leugnen der Anspruchsentstehung – die Beweislast trägt der Kläger für den Eintritt der Bedingung.]⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 157, Rdnr. 54.
V
*
Grundsatz von »Regel und Ausnahme«: Die Beweislast trägt diejenige Partei, die eine Ausnahme von der Regel behauptet.⁠*
Vgl. Schmidt, JuS 2003, S. 1007 (1010).
V
*
In manchen Fällen wird die Tatsache im Wege einer Positivfiktion als wahr behandelt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich angeordnet oder vermutet wird.⁠*
Vgl. Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 494, Rdnr. 8 f.
>
Beweiserleichterungen
*
Allgemeinkundige Tatsachen
*
Gerichtskundige Tatsachen
*
Aktenkundige Tatsachen
>
Beweislastumkehr
*
Erfolgt, wenn die Tatsache in der Sphäre des Gegners liegt und der Gegner grundsätzlich nicht das Beweisrisiko zu tragen hat.
>
[Beweisverlagerung
>
Danach wird Beweis über andere Tatsachen erhoben, aus denen auf die erhebliche Tatsache gefolgert wird.
>
Gesetzliche Vermutung
*
Weil die Schlussfolgerung gesetzlich angeordnet ist.
>
Anscheinsbeweis
*
Weil die Schlussfolgerung generell typisch ist.
>
Indizien
V
*
Weil die Schlussfolgerung im Einzelfall gerechtfertigt ist.]⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 493 ff., Rdnr. 7 ff.
>
Terminologie
>
Behauptungs- und Darlegungslast
*
Die Behauptungs- und Darlegungslast regeln grundsätzlich, wer was vortragen muss.
V
*
[Sie bestimmen die Mindestanforderungen an das Vorbringen der Parteien, die sich in den Begriffen Erheblichkeit und Schlüssigkeit äußern. Wird weniger – auch nach Hinweis – nicht vorgetragen, findet der Zivilprozess sein vorzeitiges Ende, da auch eine weitere Sachaufklärung nicht weiterhelfen würde.]⁠*
Schmidt, JuS 2003, S. 1007 (1008).
V
*
[Das Gericht ist ermächtigt, sämtliche nicht als wahr oder unwahr erkannten Behauptungen, sofern sie sich nicht in bloßem Bestreiten erschöpfen, als belanglos anzusehen. Daher gibt es keinen elementaren Unterschied zwischen einer unaufklärbaren und einer gar nicht erst aufgestellten Behauptung. So liegt es nahe, die Verteilung der Darlegungslast an derjenigen der Beweislast zu orientieren.]⁠*
Schmidt, JuS 2003, S. 1007 (1008 und 1009).
V
*
[Sekundäre Darlegungslast: Negativbehauptungen können grundsätzlich nicht schlicht bestritten werden, da die darlegungspflichtige Partei über die bloße Behauptung, die Tatsache liege nicht vor, hinaus zunächst nichts weiter vortragen kann. Es obliegt dem Gegner im Rahmen des qualifizierten Bestreitens mögliche positive Tatsachen darzulegen.]⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 91, Rdnr. 15.
>
Substantiierungslast
*
Die Substantiierungslast regelt, in welchem Umfang etwas vorgetragen werden muss.
V
*
»Je detaillierte der Vortrag des Behauptenden, umso detaillierter muss auch das Bestreiten ausfallen. Im Rahmen des Wechselspiels zwischen Behaupten und Bestreiten kann sich das Maß der Substanziierungslast im Laufe des Prozesses durch weiteren Vortrag des Gegners verändern, sodass ständig geprüft werden muss, inwieweit der Parteivortrag hinreichend substanziiert ist.«⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 91, Rdnr. 16.
>
Beweisführungslast
V
*
Die Beweisführungslast regelt in Anlehnung an die Darlegungslast, wer Beweis für eine Tatsache anbieten muss.*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 21, Rdnr. 44.
V
*
Sie besteht grundsätzliche für solche Tatsachen, aus denen man Rechte herleiten möchte.⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 22, Rdnr. 44.
V
>
Einreden und Einwendungen⁠*
In Zusammenhang mit der Einführung von zu beweisenden Tatsachen in ein gerichtliches Verfahren werden insbesondere im Zivilrecht immer wieder die Begriffe Einreden und Einwendungen relevant. Da im Hinblick auf eine Differenzierung keine Klarheit besteht, hielt ich es für angemessen, mein Begriffsverständnis an dieser Stelle zu fixieren. Anlass hierzu war die Lektüre von Ulrici/Purrmann, Einwendungen und Einreden, JuS 2011, 104-107. Allerdings habe ich aus diesem Aufsatz nichts in die Liste übertragen, sondern die Lektüre nur zum Anlass genommen, in meiner Ansicht nach gewichtigerer Literatur weiterzusuchen.
>
Materielles Recht
V
>
[mit Einwendung werden Gegennormen des materiellen Rechts geltend gemacht; dabei heißen die rechtshemmenden Einwendungen Einreden, da nach herrschender Auffassung ein Teil ihrer Wirkung davon abhängt, dass sich der Schuldner auf sie beruft]⁠* (verjährt ist verjährt, Du musst Dich nur darauf berufen; Zurücktreten hingegen bedarf Gestaltung)
Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 24. Aufl. (2013), S. 379, Rdnr. 732.
*
rechtshindernde Einwendungen (abhandengekommen)
*
rechtsvernichtende Einwendungen (Anfechtung, Aufrechnung, Rücktritt, Erfüllung)
*
rechtshemmende Einreden (Verjährung (peremptorisch), Stundung (dilatorisch))
>
Prozessrecht
V
*
unter Einreden i.S.d. Prozessrechts versteht man alle Tatsachenbehauptungen, die den Tatbestand einer Gegennorm ausfüllen⁠* (Einwendungen i.S.d. materiellen Rechts, aber auch formelle Einwendungen (Unbestimmtheit des Titels))
Vgl. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 24. Aufl. (2013), S. 379, Rdnr. 731.
>
Beweise würdigen
>
Schema
>
1) Tatsache Beweiserheblich?
*
Das ist der Fall, wenn Tatsache streitig und entscheidungserheblich ist.
>
2.) Tatsache Beweisbedürftig?
*
Grundsätzlich sind alle Tatsachen beweisbedürftig, es sei denn, es greifen Beweiserleichterungen aus Gesetz oder Rechtsprechung.
>
3.) Beweismittel vorhanden und verwertbar?
*
Zu beweisende Tatsache sowie das konkrete Beweismittel und die Art und Weise seiner Einführung in den Prozess benennen.
>
4.) Beweismittel bewerten
V
*
Detaillreichtum⁠*
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 69, Rdnr. 300 ff.
V
*
Originalität⁠*
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 80 f., Rdnr. 338 ff.
*
Gesunder Menschenverstand
*
Kontext/Sinnzusammenhang schlüssig
V
*
Gefühlsschilderungen⁠*
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 81 ff., Rdnr. 342 ff.
*
Widerspruchsfreiheit
*
Täterwissen
V
*
Komplikationen⁠*
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 75 f., Rdnr. 319 ff.
V
*
logische Konsistenz⁠*
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 69, Rdnr. 279 ff.
V
*
Wahrnehmungsfähigkeit⁠
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 8 ff., Rdnr. 20 ff.
V
*
Wiedergabefähigkeit⁠*
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 45 ff., Rdnr. 182 ff.
*
[Motivationsanalyse
*
Arbeitsverhältnis
*
Bier ist dicker als Blut
*
Gruppensolidarität
V
*
Folgenberücksichtigung⁠]*
Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 54 ff., Rdnr. 219 ff.
V
*
-> siehe auch: Psychologie; Körpersprache⁠*
Dieser Verweis nach außen dient mir als Anhaltspunkt dafür, dass an dieser Stelle Informationen einschlägig sein könnten, die mir bei der Lektüre von populärwissenschaftlichen Werken begegnet sind; so etwa Navarro, What Every Body is Saying, 2008 und Leslie, Born Liars, 2011.
>
5.) Ist die Tatsache bewiesen?
*
Positiv ergiebig = Bestätigung der Beweisfrage durch das Beweismittel
*
Negativ ergiebig =Verneinung der Beweisfrage
*
Unergiebig = Keine Klärung der Beweisfrage
*
Non liquet = kein eindeutiges Ergebnis der Beweisaufnahme
>
Wie wirkt ein Beweis?
*
Schlussfolgerungen aus Tatsachen
V
*
Der Indizienbeweis ist Regelbeweis.⁠*
Vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. (2006), S. 92 f.
V
*
»Eine Tatsache ist dann ein Indiz, wenn sie im konkreten Fall das Gegebensein der Haupttatsache beeinflusst. Das Indiz ist belastend, wenn die Haupttatsache wahrscheinlicher macht. Es ist entlastend, wenn es die Haupttatsache unwahrscheinlicher macht.«⁠*
Vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 148, Rdnr. 588.
V
*
Beweisring: Eine Mehrzahl von Belastungsindizien kann den notwendigen Beweis bringen.⁠*
Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 160, Rdnr. 628 f.
V
*
Beweiskette: Die Belastungsindizien bauen aufeinander auf und sind lassen nur im Zusammenhang den Schluss auf die zu beweisende Tatsache zu.⁠*
Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. (2009), S. 163, Rdnr. 640.
V
>
Aufbereitung⁠*
Vgl. zu diesem Punkt: Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 154, Rdnr. 48.
*
I.) Beweisinhalte (Zusammenfassung, ggf. Auslegung)
*
II.) Beweisergiebigkeit im Hinblick auf das Beweisthema
*
III.) Beweisüberzeugung
V
>
Terminologie: Einlassungen⁠
Im Rahmen der Beweiswürdigung muss man sich mit dem auseinandersetzen, was die Beteiligten vorgebracht haben. Ich hatte Schwierigkeiten damit, in den einzelnen Rollen und Rechtsgebieten die korrekten Begriffe zu verwenden, weshalb ich mir eine kurze Übersicht an diesen Punkt der Liste einfügte.
*
Zivilrecht: Die Parteien behaupten, meinen oder sind der Ansicht.
*
Strafrecht: Zeugen sagen aus, bekunden oder schildern. Der Angeklagte wird sich im Zweifel einlassen oder gestehen, Tatsachen einräumen, bestreiten oder vorgeben.
*
Öffentliches Recht: Die Beteiligten tragen vor, führen aus oder bringen vor.
V
>
¶ Entscheidungen treffen, wenn eindeutige Rechtsfolgenanordnungen fehlen⁠*
Rückblicken stelle ich fest, dass ich Interessanterweise nichts zu den Rechtsfolgen selbst geschrieben habe. Diese habe ich wohl immer als eine Art Selbstläufer gesehen; entweder sie sind eindeutig, oder ich muss einen Inahlt aus dem nachfolgenden Punkten berücksichtigen. Ihre Analyse wäre jedoch sicher aufschlussreich.
>
Abwägung und Verhältnismäßigkeit
*
Ohne eindeutige Regel und kann man nicht subsumieren, ohne exakt festgelegt Rechtsfolgen kann man diese nicht feststellen – hier muss man abwägen, um Konflikte zu regeln.
V
*
Dabei sind die widerstreitenden Gesichtspunkte nach Maßgabe ihres Gewichts zum Ausgleich zu bringen.⁠
Martini/Finkenzeller, JuS 2012, 126. Wie Sie nachfolgend sehen können, ist der Aufsatz von Martini und Finkenzeller Grundlage wesentlicher Inhalte zur Abwägung. Im Hinblick auf die Integration von Textfragmenten in die Liste ist interessant, dass es sich bei dem Beitrag um eine spezifische Auseinandersetzung mit der bauplanerischen Abwägung und ihrer Fehlerlehre handelt. Mir halfen jedoch wesentliche Textstellen dabei, die Abwägung ganz allgemein besser zu verstehen.
V
*
Abwägungserheblich sind dabei alle von dem Konflikt betroffenen Belange, soweit sie objektiv nicht geringwertig, erkennbar und schutzwürdig sind, sei es, weil sie von den Beteiligten vorgebracht wurden, sei es, weil sie sich dem Bearbeiter aufdrängen müssen.⁠*
Vgl. Martini/Finkenzeller, JuS 2012, 126.
>
[Erscheinungsformen
*
Konkrete Folgenabwägung (z.B. im vorl. Rechtsschutz)
*
Fallbezogene Interessenabwägung (z.B. für die Kündigung aus wichtigem Grund, § 34 StGB)
*
Einzelfallabwägung im Verfassungsrecht (praktische Konkordanz)
V
*
Abwägung im Planungsrecht (Baurecht)]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 651 f.
>
[Abwägungsfehler
*
Die gebotene Abwägung findet nicht statt: Abwägungsausfall
*
Es werden nicht alle Belange in die Abwägung eingestellt: Abwägungsdefizit
*
Die Gewichtung der Belange wird verkannt: Abwägungsfehleinschätzung
V
*
Der Ausgleich wird in einer Weise vorgenommen, der zum objektiven Gewicht der einzelnen Belange außer Verhältnis steht: Abwägungsdisproportionalität]*
Martini/Finkenzeller, JuS 2012, 126 (127).
>
[Abwägen in vier Phasen
*
1.) Das Ermitteln des abwägungsrelevanten Materials.
*
2.) Das Einstellen der Belange in die Abwägung.
*
3.) Die Gewichtung der einzelnen Belange.
V
*
4.) Der Ausgleich konfligierender und konkurrierender Belange bei der Entscheidung.]⁠*
Martini/Finkenzeller, JuS 2012, 126.
>
Konfligierende Belange und Interessen ausgleichen
*
Achtung: Regelbildung (abstrakt-generell) ist nicht Aufgabe des Rechtsanwenders -> Einzelfallentscheidung!
V
>
Schema⁠*
Dieses Schema ist ein Paradebeispiel für den generativen Effekt im Umgang mit der Liste. An dieser Stelle habe ich die Erwägungen von Danger zur Darstellung von Wertungsfragen herangezogen und auf das Werturteil zur Abwägung angewendet; vgl. Danger, JA 2005, 523 (527) sowie hier in der Liste unter: >Dartstellung der rechtlichen Lösung >Bearbeitungsformen >Urteil >Urteilsstil >Erörterung von Wertungsfragen.
*
1.) Aus der Ermittlung, dem Einstellen und der Gewichtung der konfligierenden Belange, lässt sich ein abstrakter Entscheidungsmaßstab für die vorzunehmende Wertentscheidung – die Abwägung i.e.S. – herleiten.
*
2.) Anhand dieses Maßstabes müssen die Schwere der Beeinträchtigung auf der einen Seite und das Gewicht des die Beeinträchtigung begründenden Belangs in ein Verhältnis gesetzt werden. Je größer die Nichterfüllung oder Beeinträchtigung auf der einen Seite ist, um so größer muss die Wichtigkeit der Erfüllung auf der anderen Seite sein.
*
3.) Dieser nun konkrete Entscheidungsmaßstab wird sodann mit den Argumenten für die erwünschte Lösung ausgefüllt und stellt die Begründung des Abwägungsergebnisses dar.
>
Verhältnismäßigkeit beurteilen
*
Erforderlichkeit und Angemessenheit erfordern immer eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und Interessen.
>
[Wer sinnvoll handeln will:
*
Der muss (legitime) Ziele setzen und das Mittel bestimmen, mit welchem das Ziel erreicht werden kann,
*
muss die Kosten und Nebenfolgen der Maßnahmen so gering wie möglich halten und
V
*
muss beachten, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 655 f.
V
>
Prüfungsstruktur*
Dieser Punkt beruht auf Lothar Michaels Aufsatz zur Argumentationsstruktur des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit; Michael, JuS 2001, 148-155. Neben den explizit gekennzeichneten Textfragmenten habe ich hier auch die strukturelle Aufbereitung, also die Reihenfolge und Anordnung der Prüfungsschritte, in meine Liste übernommen; in diesem Zusammenhang vgl. insbesondere die Michaels Übersicht, Michael, a. a. O., 148 (155).
V
>
1.) Das verwendete Mittel feststellen und damit das Objekt der Verhältnismäßigkeitsprüfung festlegen.⁠*
Michael, JuS 2001, 148.
*
Wie wurde gehandelt?
*
Eingriffe durch Hoheitsakt (Gesetz, VA etc.).
>
2.) Zweck der Maßnahme durch Auslegung ermitteln.
*
Warum wurde so gehandelt?
*
Geimwohlinteressen, kollidierende Rechtsgüter (mögliche Zweckbeschränkungen durch Gesetz beachten)
>
3.) Geeignetheit
*
Kann mit dem verwendeten Mittel der Zweck überhaupt erreicht werden?
>
4.) Erforderlichkeit
*
Wurde das relativ mildeste Mittel gewählt?
*
Problematisch bei der Auswahl des »richtigen« Störers.
V
*
Der ermittelte Zweck und der Grad seiner Verwirklichung bilden dabei einen starren Maßstab.⁠*
Michael, JuS 2001, 148 (149).
>
5.) Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne; Übermaßverbot; Zumutbarkeit)
V
*
Das Gewicht des Zwecks der Maßnahme und die Beeinträchtigung durch das Mittel müssen in einem angemessene Verhältnis stehen. Es geht nicht um Optimalitätserwägungen, sondern darum ob die Grenzen der Zumutbarkeit gewahrt sind.⁠*
Vgl. Michael, JuS 2001, 148 (149).
>
Abwägung des Gewichts des Zwecks mit der Schwere der Beeinträchtigung
>
[a.) Abstrakt feststellen, welche Belange auf dem Spiel stehen
*
betroffene Grundrechte, Gemeinwohlbelange; verfassungsrechtliches Schutzniveau; eventuell Rangverhältnis der betroffen Güter
*
es muss jeweils die rechtliche Verankerung der betroffenen Güter und Interessen aufgezeigt werden, denn nur rechtlich relevante Umstände dürfen berücksichtigt werden
>
b.) Konkret feststellen, was dem Betroffenen zugemutet wird
*
Art, Schwere und Dauer des Eingriffs feststellen
V
*
c.) Abwägung i.e.S.]⁠*
Michael, JuS 2001, 148 (150).
>
Kontrolldichte
V
*
Der Gesetzgeber ist an die Verfassung gebunden, wenn er Gesetze erlässt. Dabei hat er die sog. Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit von Gesetzen, vor allem bei Diagnosen aktueller Zustände sowie Prognosen über künftige Entwicklungen.⁠*
Vlg. Schwerdtfeger/Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 14. Aufl. (2012), S. 181-183, Rdnr. 461-467.
*
Die Verwaltung ist an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Ihre Maßnahmen sind vom Gericht vollständig auf Geeignetheit und Erforderlichkeit überprüfbar.
>
Gleichbehandlung überprüfen
V
>
Prüfungsstruktur⁠*
Ein sehr schönes Beispiel dafür, wie ich Inhalte auf ihre Transferierbarkeit hin angepasst habe. Die umklammerte Stelle basiert auf Schwerdtfeger/Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 14. Aufl. (2012), S. 191 f., Rdnr. 491 ff. Allerdings befasst sich die angegebene Fundstelle spezifisch mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Ich habe versucht, die dortigen Ausführungen für meine Zwecke anzupassen.
V
*
1.) Ansatz: Rechtliche Ungleichbehandlung von vermeintliche Gleichem oder rechtliche Gleichbehandlung von vermeintliche Ungleichem.⁠*
Schwerdtfeger/Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 14. Aufl. (2012), S. 191, Rdnr. 491 und S. 193, Rdnr. 494.
V
>
2.) [Elementlehre und Willkürprüfung: Nie sind zwei Sachverhalte in jeder Beziehung gleich; sonst wären sie identisch. Sie sind nur in bestimmten Elementen gleich und in anderen Elementen ungleich. Die Wertung, welche Elemente prägend (und damit vergleichbar) sind, obliegen dem Rechtsanwender. Es muss ein vernünftiger, einleuchtender Grund dafür angeführt, dass die jeweiligen Elemente als prägend bewertet werden. Ansonsten ist die Ungleich- bzw. Gleichbehandlung an diesem Punkt schon willkürlich und damit rechtswidrig.]⁠*
Schwerdtfeger/Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 14. Aufl. (2012), S. 191 f., Rdnr. 492 f. und S. 193, Rdnr. 494.
*
[a.) Mittel/Maßnahme/Anlass der potentiellen Ungleichbehandlung feststellen und damit das Prüfungsobjekt festlegen
*
b.) Zweck und Kontext der Gleich- bzw. Ungleichbehandlung bestimmen
>
c.) Abstrakte Vergleichsbasis festlegen
*
Ausgangs- und Leittypen bestimmen bzw. Klassen- oder Typusbegriffe herausarbeiten
V
*
d.) Im konkreten nun Übereinstimmungen einerseits und Merkmalsunterschiede andererseits herausarbeiten.]⁠*
Ein weiteres schönes Beispiel dafür, wie Inhalte in der Auseinandersetzung miteinander vermischt werden; an dieser Stelle habe ich Gedanken von Lothar Michael zur Struktur der Prüfung des Gleichheitsgrundsatzes integriert; vgl. Michael, JuS 2001, 148 (154 f.).
V
>
3.) Gewichtung des Sachgrundes für die eigentliche Unterscheidung der Sachverhalte nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.⁠*
Schwerdtfeger/Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 14. Aufl. (2012), S. 191, Rdnr. 493 und S. 193, Rdnr. 494.
*
Steht die Beeinträchtigung durch die Gleich- bzw. Ungleichbehandlung mit dem Gewicht des die Beeinträchtigung begründenden Zwecks in einem angemessenen Verhältnis zu den festgestellten Unterschieden und Übereinstimmungen?
>
Ermessensentscheidungen treffen
*
[Handlungsperspektive des Rechtsanwenders: Es gelten Maßstäbe wie Effizienz, Akzeptabilität, Zeitrichtigkeit oder Implementationstauglichkeit.
V
*
Kontrollperspektive des Gerichtes: Handelte der Rechtsanwender rechtmäßig?]⁠*
Voßkuhle, JuS 2008, 117.
>
Kategorien
>
[Rechtssetzungsermessen
*
Soweit Rechtsanwender zur Rechtsetzung ermächtig ist, erfolgen keine gerichtlichen Zweckmäßigkeitserwägungen.
>
Entschließungsermessen
*
Will der Rechtsanwender überhaupt tätig werden?
>
Auswahlermessen
V
*
Welche der möglichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen will der Rechtsanwender im konkreten Fall treffen?]⁠*
Voßkuhle, JuS 2008, 117.
*
So unterliegt die Entscheidung, gegen wen die Maßnahme zur Gefahrenabwehr zu richten ist dem Auswahlermessen, wenn mehrere Störer vorhanden sind.
>
Prüfungsstruktur Ermessensentscheidungen
V
*
Es handelt sich nicht um ein »freies Ermessen« sondern um ein rechtlich gebundenes, pflichtgemäßes Ermessen.⁠*
Voßkuhle, JuS 2008, 117 (118).
*
[1.) Mittel/Handlungsweise feststellen
*
2.) Zweck der Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme ermitteln
>
3.) Wurde vom Rechtsanwender erkannt, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt?
*
Ermessensnichtgebrauch
>
4.) Wurde der Ermessensspielraum vollständig erkannt?
*
Ermessensunterschreitung
>
5.) Hat der Rechtsanwender auf seine Ermessensentscheidung eine Rechtsfolge gewählt, die von der EGL gedeckt ist?
*
sonst Ermessensüberschreitung
*
Zu den rechtlichen Grenzen gehören auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere die Grundrechte, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Gleichbehandlungsgebot (Selbstbindung).
>
6.) Hat der Rechtsanwender auch sachgerechte Erwägungen getroffen?
V
*
wenn die Ermessensentscheidung auf sachfremden Erwägungen basiert oder gesetzliche Zielvorstellungen nicht beachtet, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor.]⁠*
Kintz, Öffentliches Recht im Assessorexamen, 8. Aufl. (2012), S. 126 f., Rdnr. 336.
>
Maßnahmen auf ihre Effektivität überprüfen
V
*
Wer als Normgeber das Ziel festlegt, muss auch die notwendigen Mittel bereitstellen.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 656.
V
*
Untermaßverbot: Auf dem Umweg über Schutzpflichten werden aus den Abwehrrechten der Verfassung Leistungsansprüche.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 656.
V
>
Prüfungsstruktur⁠*
Abgeleitete Kombination aus Röhl und Röhls Ausführungen zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie zum Effektivitätsgebot, vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 655 f.
*
1.) Mittel des Schutzes
*
2.) Schutzzweck
*
3.) Geeignetheit
>
4.) Effektivität
*
Existiert ein effektiveres, gleich mildes Mittel?
>
5.) Abwägung von Schutzzweck und Effektivität
*
Ein Schutzdefizit besteht, wenn der Schutzzweck mit den zur Verfügung gestellten Mitteln nicht hinreichend erreicht werden kann.
>
Entscheidungen anderer Bewerten
>
Terminologie
>
Beurteilungsspielraum
V
*
Liegt vor, wenn die letztendliche Entscheidungskompetenz bei der Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen beim Rechtsanwender liegt (Letztentscheidungsermächtigung).⁠* Ob ein Beurteilungsspielraum des Rechtsanwenders gegeben ist, muss im Rahmen der Auslegung ermittelt werden.
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 247.
V
*
Grund für die Einräumung von Beurteilungsspielraum ist, dass die »Tatsachen« die der »Beurteilung« zu Grunde liegen, regelmäßig nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (z.B. Zuverlässigkeit oder Eignung) können. Sie sind zu vage.⁠*
Voßkuhle, JuS 2008, 117 (118).
>
Ermessensspielraum
*
Die Entscheidungskompetenz auf Rechtsfolgenseite liegt beim Rechtsanwender, und zwar weil sie nur unter Berücksichtigung aller erst in concreto zu ermittelnden Tatsachen und Umständen getroffen werden kann (Einzelfallgerechtigkeit durch größer Sachnähe).
V
*
Stehen mehrere Möglichkeiten zur Wahl, geht es nicht darum, die richtige Handlungsweise zu wählen, sondern darum, dass die Wahl vertretbar ist.⁠*
Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl. (2010), S. 229 f.
>
Prognoseprobleme berücksichtigen
V
>
[Für alle Wahrscheinlichkeitsurteile muss angegeben werden, auf welchen Wissenshorizont sie sich beziehen, um beurteilen zu können, ob sie zutreffend gefällt (=vertretbare Entscheidung) worden sind oder nicht.]⁠*
Porscher/Rusteberg, JuS 2011, 984 (987).
V
*
Beispiel vor Augen: Gefahrbegriff im Polizeirecht⁠*
Durch die Lektüre des Beitrags von Porscher und Rustenberg wurde mir erst so richtig bewusst, dass Juristen es häufig mit der nachträglichen Beurteilung von menschlichem Verhalten in Situationen zu haben, welche multidimensional sind und in der Informationsdefizite eine entscheidende Rolle spielen. Dennoch wollen und müssen hier Menschen handeln, um Schlimmeres für andere zu verhindern. Aus dieser Sicht wird der sonst so trocken daherkommende Gefahrbegriff im Polizeirecht zu einer hochinteressanten Materie aus der sich im Übrigen allgemeine Grundsätze ableiten lassen, wie man mit Prognoseentscheidung umgehen muss; Porscher/Rusteberg, JuS 2011, 984-989 (2. Teil).
>
[Zeitliche Dimension
*
Gefahrbeurteilung aus der Perspektive ex ante: Beurteilung zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Abwehrmaßnahme getroffen werden muss.
>
Perspektivisch-personelle Dimension
*
Objektiver oder subjektive Gefahrenbegriff: Muss auf den Durchschnittsbeamten oder den konkreten Beamten abgestellt werden?
V
*
So erklären sich die Begriffe Anscheinsgefahr, Gefahrenverdacht und Putativgefahr, denn diese Kategorien hängen unmittelbar damit zusammen, dass das Polizeirecht ursprünglich auf einem objektiven Gefahrenbegriff beruhte. Dies wurde durch die obigen Kategorien versucht abzumildern, damit nicht die Sorge um rechtswidrige Diensthandlung die Effektivität der Gefahrenabwehr beeinträchtigt. Letztlich wird nun zunächst auf den subjektiven Gefahrenbegriff abgestellt und erst auf der Sekundärebene auf den objektiven Gefahrenbegriff.]⁠*
Porscher/Rusteberg, JuS 2011, 984 (987 f.).
>
[Sachliche Dimension
*
Bezieht sich auf die Merkmale der Situation, welche der Beurteilung zu Grunde gelegt werden können.
*
Abstrakte Gefahr: Sachlage, bei der typischerweise mit dem Eintritt eines Schadens gerechnet werden kann.
*
Konkrete Gefahr: Sachlage des konkreten Sachverhalts lässt erwarten, dass Schaden eintreten wird.
>
Quantitative Dimension
*
Gegenwärtige Gefahr: Schaden wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten.
*
Erhebliche Gefahr: besonderes Gewicht des gefährdeten Rechtsguts.
V
*
Gefahr im Verzug: besondere Eilbedürftigkeit.]⁠*
Porscher/Rusteberg, JuS 2011, 984 (988 f.).
>
¶ Arbeitswerkzeug, Hilfsmittel, Material, Quellen heranziehen und verwenden
>
Die Arbeitsanweisung
V
*
(Klausursituation: »Der Bearbeitervermerk steht über dem Gesetz«)⁠*
Ein Ausspruch des Leiters meiner Referendars-Arbeitsgemeinschaft zum Zwangsvollstreckungsrecht, VROLG a. D. Schmidt-Eichhorn.
>
Das Gesetz
*
Das Gesetz lese ich, weil ich eine einschlägige Norm finden und diese Norm dann auslegen und subsumieren will. Das Gesetz besitzt in der juristischen Argumentation das größte Gewicht. Immer wenn mit dem Gesetz argumentiert werden kann, ist dies der effizienteste und sicherste Weg.
>
Das Gesetz lesen
*
-> siehe: Suchlesen; Auslegungslesen
V
>
Der Kommentar⁠*
Ein Inhalt, dessen Herstellung einen weiteren Moment reflexiver Einsicht für mich begründete. Denn in diesem Zusammenhang erkannte ich die Nützlichkeit des pragmatisch orientierten syntopischen Lesens: Fehlt eine Information, so besorge man sie sich. Das mag banal klingen, aber für einen Examenskandidaten, der mit Datenträgern aller Art nur so zugeschüttet wird, ist es eigentlich kaum denkbar, sich selbst auf die Suche nach Inhalten zu machen, die weder in gängigen Lehrbüchern noch in den Skripten von AG-Leitern und Repetitoren auftauchen. Wie Sie im Verlauf der Liste sehen können, habe ich mich eigentlich darauf beschränkt, die Gestaltung des Kommentars eingehend zu analysieren.Dazu habe ich auf den Palandt und den Baumbach/Hopt zurückgegriffen.
V
*
Stellt nach der Legaldefinition die 2. Quelle für Definitionen dar.⁠*
Vgl. Forster, JuS 1992, 234 (239).
V
*
§ 823 Rn. 2: »Unter Handlung ist ein der Bewusstseinskontrolle u Willenslenkg unterliegdes beherrschb Verhalten unter Ausschluss phys Zwangs od unwillkürl Reflexes durch fremde Einwirkg zu verstehen.«⁠*
Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. (2011), § 823 Rdnr. 2.
>
Den Kommentar lesen
>
Anhand der aufgeführten Beispiele können Fallvergleiche angestellt werden, um die Probleme des Einzelfalls herauszuarbeiten und eine Argumentationsbasis zu entwickeln.
V
*
§ 823 Rn. 8: [Beispiele – Rechtliche Beeinträchtigung: EigtVerlust des Baustofflieferanten, weil Bauherr den Einbau des dem BauUntern unter verlängertem EigtVorbeh gelieferten Materials duldet, auch wenn die Abtretbark der VergütgsFord des BauUntern vertragl beschränkt war.]*⁠
Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. (2011), § 823 Rdnr. 8.
*
Hinweise auf abweichende Meinungen (»aA«), Streitstände (»str«) oder auf Regelmäßigkeiten (»idR«) geben Hinweise eventuell zu erörternde Problemstellungen. Dabei geben aufgeführten Lösungen der Rechtsprechung die entscheidende Lösungstendenz und Argumentationsrichtung vor.
>
Besonders hilfreich sind die Anmerkungen zur Beweislast, die in nicht evidenten Fällen stets gegengelesen werden sollten.
V
*
§ 823 Rn. 81: »Steht der obj Verstoß aber fest, muss der SchutzG Übertretde idR Umst darlegen u beweisen, die geeignet sind, die daraus folgende Annahme der seines Verschuldens auszuräumen …«*
Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. (2011), § 823 Rdnr. 81.
*
Aus der Untergliederung der Anmerkungen lassen sich Prüfungsschemata und Checklisten ableiten.
*
Die Verweise auf weitere Vorschriften stellen sicher, dass die eigene Prüfung dem Vollständigkeitsgebot genügen kann.
>
Bestandteile und Arbeitshilfen identifizieren
>
Inhaltsverzeichnis des gesamten Kommentars
*
Das Inhaltsverzeichnis entspricht im Wesentlichen dem des jeweiligen Gesetzestextes und wird dann wichtig, wenn der Kommentar – wie beispielsweise der HGB- oder Arbeitsrechtskommentar – eine Vielzahl von Nebengesetzen enthält.
*
Abkürzungsverzeichnis
>
Sachverzeichnis
*
Grundsätzlich gilt: Fette Zahl=§§, magere Zahl=Randnummer
>
Inhaltsverzeichnis der einzelnen Kommentierung
*
Umfangreiche Kommentarstellen werden mit eigenen Inhaltsverzeichnissen versehen, aus denen sich ein Prüfungsschema und der Umfang der vorzunehmenden Prüfung ableiten lässt.
*
Hier sollte man sich auch einen Überblick über die Darstellung verschaffen, um bei der Bearbeitung keine wesentlichen Punkte außer Acht zu lassen (z.B. Beweislastregelungen).
>
Grundrissdarstellungen
*
Bedeutende Teilabschnitte/Titel werden mit Einführungen versehen in denen neben Zweck, Wesen und Grundvoraussetzungen des jeweiligen Rechtsinstituts auch seine systematische Stellung im Gesamtkonzept behandelt (vgl. »Palandt Einf v § 823«).
>
Darstellungen, die in die Zusammenhänge des betreffenden Rechtsgebietes oder Gesetzesabschnittes einführen, sind in strikter Auswahl und nur beispielhaft enthalten in:
*
Einleitung: vor einem Buch des Hauptgesetzes oder einem Nebengesetz
*
Überblicke: vor dem Abschnitt eines Buchs oder Nebengesetzes
*
Vorbemerkungen: vor Paragraphen-Komplexen
*
Im Palandt heißen diese Darstellungen schlicht »Einführung«.
>
Anmerkungen und Kommentierungen
V
>
Anmerkungsgliederung⁠*
Vgl. hierzu: Baumbach/Hopt/Bearbeiter, HGB, 34. Aufl. (2010), Benutzungshinweise, S. XIX f.
*
I) Ausnahmsweise werden römische Zahlen als Gliederungsmittel vor arabischen Zahlen verwendet.
*
1) Die Gliederung beginnt mit arabischen Ziffern und wird nach Bedarf fortgesetzt,
*
A) in der Regel mit großen,
*
a) dann kleinen Buchstaben, einfach,
*
aa) dann doppelt.
*
Welche Gliederung verwendet wird, hängt davon ab, wie umfangreich untergliedert werden muss. Der Palandt untergliedert regelmäßig: 1); a); aa)
>
Anmerkungsaufbau:
>
1.) Allgemeines
*
Bedeutung
*
Schutzzweck
*
Schutzgut
*
Historie
*
2.) Voraussetzungen
>
3.) Begriffe
*
Intension: Definition
*
Extension: Beispiele
*
4.) Rechtsfolgen
*
5.) Konkurrenzen
*
6.) Beweislast
*
7.) Sonderfälle
*
8.) Sonstige – im Zusammenhang stehende – Vorschriften
>
Abkürzungen
V
*
»Abkürzungen von Gesetzen, Verordnungen, Gebietskörperschaften, Ortsnamen, Zeitschriften, Entscheidungssammlungen und von Wörtern der Fach- und Umgangssprachen sind im Abkürzungsverzeichnis aufgeführt. Ausnahmsweise werden Abkürzungen für in bestimmten Anmerkungskomplexen laufend vorkommende Begriffe bei der Anmerkungsüberschrift bezeichnet.«⁠*
Baumbach/Hopt/Bearbeiter, HGB, 34. Aufl. (2010), Benutzungshinweise, S. XIX.
>
Belegstellen aus Rechtsprechung und Literatur
V
*
[Vorrang hat die jüngere vor der älteren bei gleichem Inhalt; sonst die inhalts- und belegstellenreichere vor der inhalts- und belegstellenärmeren. In der Regel hat die amtliche Sammlung (z.B. RG oder BGH) Vorrang vor jeder Zeitschrift. Bei mehrfacher Veröffentlichung haben die Zeitschriften nach dem Rang der Dichte Ihrer Verbreitung Vorrang.]⁠*
Baumbach/Hopt/Bearbeiter, HGB, 34. Aufl. (2010), Benutzungshinweise, S. XX.
>
Verweisungen
V
*
[Verweisungen innerhalb der Kommentierung, sowie auch Zitierungen, erfolgen grundsätzlich nach Randnummern und nicht nach dem Anmerkungsaufbau. Innerhalb eines Paragraphen nur durch bloße Angabe derselben (s. Rn 3), sonst durch Angabe des Paragraphen mit der in Bezug genommenen Randnummer (§15 Rn 3) oder durch Hinweis auf eine grundrissartige Darstellung mit der entsprechenden Randnummer (Einf v § 823 Rn 2).]⁠*
Baumbach/Hopt/Bearbeiter, HGB, 34. Aufl. (2010), Benutzungshinweise, S. XX.
>
Meinungsspektrum
V
*
[Abweichende Ansichten (a.A.) sind stets nur beispielhaft angegeben. Dagegen ist nach grundsätzlich vermerkt, wenn die Kommentierung von der Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts abweicht.]⁠*
Baumbach/Hopt/Bearbeiter, HGB, 34. Aufl. (2010), Benutzungshinweise, S. XX.
>
¶ Problemerörterung und Argumentation
>
Argumentieren
V
*
Kern der juristischen Tätigkeit: Mit der juristischen Methode als Grundlage gelange ich zur Ungewissheit eines Problems. [Gestritten wird hier letztlich nicht um Wörter, sondern um Fakten bzw. Fälle. Dieses Problem gilt es dann mit Argumenten zu bearbeiten und aufzulösen.]⁠*
Vgl. Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 96 ff.
*
Argumentation ist ein dynamischer Prozess, eine Reaktion auf Situationen, in denen ich mehrere Aspekte oder Sichtweisen zu berücksichtigen habe.
V
*
Weglassen: »Wenn man nur ein einziges Argument gebraucht hat, um den Streit zu entscheiden, wozu hat man dann all die anderen aufgezählt?«⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2.Aufl. (2011), S. 184.
V
*
Argumentation muss nachvollziehbar sein. Argumente müssen geordnet werden und durch Beispiele, Vergleiche und Bilder veranschaulicht werden.⁠*
Vgl. Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 168.
*
Gegenargumente erschöpfend behandeln!
>
Appellieren mit Argumenten
>
[Rationalität
*
Basis = Fakten
*
Mittel = Fälle, Tatsachen, Statistiken
*
Ziel = Verstand
*
Bsp.: Der Durchschnitt aller Lebenslänglichen wird nach 22 Jahren Freiheitsstrafe entlassen
>
Ethik
*
Basis = Werte
*
Mittel = Begriffe, Grundsätze, Normen
*
Ziel = Gewissen
*
Bsp.: Die Gerechtigkeit fordert die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe
>
Plausibilität
*
Basis = Vorurteile
*
Mittel = Erfahrungssätze, Pauschalurteile, Zitate
*
Ziel = Gefühl
V
*
Bsp.: Sollen Mörder frei herumlaufen?]⁠*
Diesen Inhalt habe ich vollständig aus einer Übersicht Fritjof Hafts übernommen und in die Form meiner Liste eingepasst. Man sieht hieran schön, wie sich auch Tabellen und Schemata in Listenform übersetzen lassen; Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 111.
>
Argumentformen
>
Fakten
V
*
»Ein guter Grund genügt.«⁠*
Walter, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, S. 186.
V
>
Autoritätsbeweis⁠*
Vgl. hierzu Walter, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, S. 190 ff
*
Aus sich heraus nicht überzeugend, allerdings praktisch geboten, wenn in einer Hierarchie gearbeitet wird (z.B. gerichtlicher Instanzenzug).
>
Umkehrschluss
V
*
Geschlossen wird auf den Willen des Gesetzgebers oder der Parteien, den man aus einem Schweigen folgert, weil es bei einem gegenteiligen Willen einen hinreichenden Grund zum Reden gegeben hätte.⁠*
Walter, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, S. 188.
V
*
Unausweichlich wird der Umkehrschluss bei Formulierungen wie »nur« oder »ausschließlich«.⁠*
Walter, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, S. 189.
V
*
Der Umkehrschluss ist ausgeschlossen, bei Texten, die Wörter wie »insbesondere« oder »namentlich«, »gerade«, »zumindest« enthalten.⁠*
Walter, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, S. 190.
>
Erst-Recht-Schluss
*
[Jedes Erst-Recht-Argument basiert auf einem steigerungsfähigen Begriff und einer mit Hilfe dieses Begriffes gebildeten komparativen Rechtsregel.
*
In je höherem Maße das steigerungsfähige Merkmal gegeben ist, desto eher tritt die Rechtsfolge ein (argumentum a minore ad maius)
*
In je geringerem Maße das steigerungsfähige Merkmal gegeben ist, desto eher tritt die Rechtsfolge nicht ein (argumentum a maiore ad minus)
*
In je höherem Maße das steigerungsfähige Merkmal gegeben ist, desto eher tritt die Rechtsfolge nicht ein (argumentum a minore ad maius)
V
*
[Der Erst-Recht-Schluss ist nur dann gültig, wenn sich die beiden verglichenen Fälle durch nichts anderes unterscheiden als dadurch, dass das steigerungsfähige Merkmal im zu entscheidenden Fall in schwächeren Maß ausgeprägt ist als im Ausgangssatz.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 127.
*
Bsp.: die Haftung wegen Anfechtung ist eine andere als die vorvertragliche Haftung und kein weniger oder mehr an Haftung
V
*
Achtung: Eine Schwäche dieses Argumentes ist, das jeder Erst-Recht-Schluss leicht umgekehrt werden kann.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 109.
>
Absurditäts-Argument
*
Ist eine besondere Art des Folgenarguments: »Wenn … dann … und das kann evident nicht sein.«
>
[Dieses Argumentationsmuster ist nur unter folgenden Voraussetzungen gültig:
*
Absurditätspostulat: Die abgeleitete Konsequenz muss wirklich absurd sein und nicht nur nach Ansicht des Autors falsch.
*
Folgerichtigkeitspostulat: Die absurde Konsequenz muss aus der richtig und vollständig dargestellten These nach den Regeln der Logik folgen.
*
Vollständigkeitspostulat: Die Gegenthese muss das absurde Ergebnis in alle Fällen zu vermeiden geeignet sein, in denen es nach dem argumentum ad absurdum ableitbar ist.
V
*
Ausschließlichkeitspostulat: Es darf keine Möglichkeit geben, diese logische Konsequenz auf andere Weise zu vermeiden, als durch die Preisgabe der These.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 129 f.
>
[Ausschluss-Argument
>
Voraussetzung ist, dass alle in Betracht kommenden Faktoren bekannt sind, denn andernfalls handelt es sich um einen Fehlschluss.
V
*
Bsp.: Wenn nur A, B, und C als Ursachen in Betracht kommen, dann liegt die Ursache in C, wenn A und B nicht gegeben sind.]⁠*
Walter, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, S. 198 f.
V
*
Falsifizierung⁠*
Vgl. Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 125.
>
Ergänzende Argumente
*
[Art von Argumenten, die nur in Verbindung mit anderen Argumenten eine Rechtsansicht begründen können.
V
*
Bsp.: Rechtsansicht vermeidet Beweisschwierigkeiten; Rechtsansicht erlaubt klare Unterscheidung; Rechtsansicht vermeidet Lücken im System]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 192.
>
Argumente anordnen
V
>
Lineare Argumentation⁠*
Vgl. Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 102 ff.
V
*
Aneinanderreihung von Argumenten, untereinander verschränkt durch deduktive, induktive Strukturen.⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 103.
>
[Dialog
*
Die Ausdrucksart desjenigen, der bereits Stellung bezogen hat und diese gegen alle Gegenargumente verteidigen will (Urteil).
V
*
Bsp.: »Auch der, der in Wahrheit einen Mord begangen hat, verdient einmal Ruhe. Dem widersprich zwar das Rechtsgefühl. Aber ihm Rechnung zu tragen war im ersten Strafverfahren Gelegenheit. Das Gericht hätte den Fall eben restlos aufklären müssen.«]⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 108.
>
[Vergleich
*
die adäquate Darstellung für denjenigen der noch Zweifel ausdrücken will (Gutachten)
V
*
Bsp.: »Für ein neues Verfahren spricht das Rechtsgefühl. Dagegen steht das Interesse auch des Mörders einmal in Ruhe gelassen zu werden. Das Gericht hätte beim ersten Verfahren sorgfältiger arbeiten müssen. Die Gründe gegen ein neues Verfahren überwiegen.«]⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 108.
V
>
Argumentationstennis⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 185 ff.
V
*
[Regelmäßig ergibt sich ein eindeutige oder doch mindestens eine plausible Zuordnung der Argumente schon aus deren Inhalt – zum Beispiel nach den verschiedenen Methoden der Rechtsgewinnung. So können die Argumente für und wider gegenübergestellt werden.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 185 f.
V
*
»So lässt sich die Problemdiskussion strukturieren, bildlich gesprochen: Unser Tennismatch lässt sich in einzelne Sätze aufteilen. Nach jedem Satz muss der Jurist dann, gewissermaßen als Schiedsrichter, entscheiden, welche Partei ihn gewonnen hat oder ob er unentschieden ausgegangen ist.*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 186.
*
Pro und Contra Anordnung
*
Sachorientierte Meinungsgruppen
*
Ordnung nach Überzeugungskraft
*
Entlang der klassischen Auslegungsmethoden
>
[Argumentation bei Wertungsfrage einbetten
*
1.) Abstrakte Herleitung des Entscheidungsmaßstabes.
*
2.) Ergebnis im konkreten Fall und seine konkrete Begründung am Entscheidungsmaßstab (Argumentation i.e.S.).
V
*
3.) Besonderheiten des konkreten Falls, die das Ergebnis jedoch im Hinblick auf den Entscheidungsmaßstab nicht beeinflussen.]*
Diese Vorgehensweise habe ich aus den Hinweisen zur Erörterung von Wertungsfragen von Jörg Danger abgeleitet; Danger, JA 2005, 523 (527).
V
>
Theorie der juristischen Argumentation⁠*
Dieser Punkt beruht insgesamt auf Robert Alexys gleichnamiger Studie; Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996).
V
*
Juristische Argumentation ist durch die Bindung an das geltende Recht gekennzeichnet.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 263.
V
*
Wann ist eine juristische Entscheidung richtig? Im Kern geht es um die vernünftige Begründung einer normativen Aussage im Rahmen der geltenden Rechtsordnung.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 272.
V
>
Interne Rechtfertigung (durch Struktur und Nachvollziehbarkeit)*
Vgl. Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 273 ff.
*
Meta-Struktur, die rechtfertigt: deduktive Begründungsstruktur, welche die nicht dem positiven Recht entnommenen Prämissen in vollem Ausmaß verdeutlicht.
*
[Zur Begründung eines juristischen Urteils muss mindestens eine universelle Norm angeführt werden.
V
*
Das juristische Urteil muss aus mindestens einer universellen Norm zusammen mit weiteren Aussagen logisch folgen.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 275.
V
*
Immer dann, wenn zweifelhaft ist, ob eine Individuenkonstante einer Tatbestandsvoraussetzung der Norm entspricht, ist eine Regel anzugeben, die diese Frage entscheidet.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 279.
*
[Es sind so viele Entfaltungsschritte erforderlich, dass man zu solchen Ausdrücken gelangt, von denen nicht mehr streitig ist, dass sie auf den fraglichen Fall zutreffen.
V
*
Es sind möglichst viele Entfaltungsschritte anzugeben.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 280.
V
>
Externe Rechtfertigung⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 283 ff.
V
>
Gegenstand ist die Begründung der in der internen Rechtfertigung benutzten Prämissen.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 283.
V
>
Was ist eigentlich eine Prämissen?⁠*
An dieser Stelle half es mir zu vergegenwärtigen, was die Präzisse Wortbedeutung des von Alexy so häufig gebrauchten Begriffs der Prämisse ist. An dieser Stelle fügte ich zwei Definition aus dem Duden Online-Lexikon ein; Duden Online-Lexikon, »Prämisse«, abrufbar im Internet: <http://www.duden.de/rechtschreibung/Praemisse>, zuletzt abgerufen am 20. Juni 2016.
*
(Philosophie) erster Satz eines logischen Schlusses
*
(Bildungssprachlich) das, was einem bestimmten Projekt, Plan o. Ä., einem bestimmten Vorhaben o. Ä. gedanklich zugrunde liegt; Voraussetzung; Bedingung; Grundlage
V
*
Insbesondere Prämissen, die weder Regeln des positiven Rechts noch empirische Aussagen sind.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 283.
V
>
Externe Rechtfertigung durch Argumentformen der Canones der Auslegung⁠*
Vgl. Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 299 ff.
V
*
Es handelt sich nicht um Regeln, sondern um Schemata von Argumenten, oder aber auch »Argumentformen« – sie bezeichnen die Struktur juristischen Argumentierens.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 301.
V
*
[Die Bestimmung des Gewichts von Argumenten verschiedener Formen hat nach Gewichtungsregeln zu erfolgen.« Verhältnisse von Argumenten müssen ebenfalls begründet werden; dies ist nur im Hinblick auf bestimmte Auslegungssituationen und Rechtsgebiete möglich.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 306.
V
*
»Argumente, die eine Bindung an den Wortlaut des Gesetzes oder den Willen des historischen Gesetzgebers zum Ausdruck bringen, gehen anderen Argumenten vor, es sei denn, es lassen sich vernünftige Gründe dafür anführen, den anderen Argumenten den Vorrang einzuräumen.«⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 305.
V
>
»Jede der zu den Canones der Auslegung zu rechnenden Argumentformen ist zu sättigen.«⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 302.
V
*
»Ein Argument einer bestimmten Form ist nur dann vollständig, wenn es sämtliche zu dieser Form gehörenden Prämissen enthält.«⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 301.
V
*
[Empirische Begründungen über Sprachgebrauch, Behauptungen über den Willen des Gesetzgebers oder am Gesetzgebungsverfahren Beteiligter, über frühere Rechtszustände oder Rechtszustände in anderen Staaten sowie Folgebehauptungen zugrunde liegende Gesetzeshypothesen.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 301.
V
*
Normative Prämissen, die nicht dem Gesetz zu entnehmen sind, wie Formen der historischen , komparativen und der teleologischen Auslegung.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 302.
V
*
»Alle Argumente der zu den canones des Auslegung zu rechnenden Form, die möglicherweise vorgebracht werden können, sind zu berücksichtigen.«⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 306.
V
>
Externe Rechtfertigung durch Dogmatische Argumentation⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 307 ff.
V
*
[Eine Rechtsdogmatik ist eine Klasse von Sätzen, die auf die gesatzten Normen und die Rechtsprechung bezogen, aber nicht mit ihrer Beschreibung identisch sind, untereinander in einem Zusammenhang stehen, im Rahmen einer institutionell betriebenen Rechtswissenschaft aufgestellt und diskutiert werden und normativen Gehalt haben.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 314.
V
*
[Es ist notwendig, allgemeine Grundbegriffe, Satzformen, Rechtsinstitute zu konstruieren, weil erst eine auf diese Weise vereinfachte, einheitliche systematische Darstellung der Rechtsnormen nach Maßgabe der zwischen ihnen bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse einen raschen Überblick bietet.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 331.
>
Erscheinungsformen
V
*
Definitionen von unbestimmten Rechtsbegriffen.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 315.
V
*
[Sätze, die eine dem Gesetz nicht zu entnehmende Norm ausdrücken (z.B. öffentlich rechtlicher Unterlassungsanspruch).]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 317.
V
*
Beschreibungen und Auszeichnung von Zuständen (Gruppierungen und Verhältnisse)⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 319.
V
*
[Prinzipien: Normative Aussagen so hoher Generalitätsstufe, dass sie in der Regel nicht ohne Hinzunahme weiterer normativer Prämissen angewendet werden können und meistens durch andere Prinzipien Einschränkungen erfahren.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 319.
V
*
»Wenn dogmatische Argumente möglich sind, sind sie zu benutzen.«⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 334.
V
>
Externe Rechtfertigung durch Präjudizienverwertung⁠*
Vgl. Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 335 ff.
V
>
»Grundlage bildet das Universalisierbarkeitsprinzip, die jeder Konzeption der Gerechtigkeit als formale Bedingung zu Grunde liegende Forderung, Gleiches gleich zu behandeln.«⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 335 f.
V
*
(P) Es sind niemals zwei Fälle völlig gleich.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 336.
*
[Wenn ein Präjudiz für oder gegen eine Entscheidung angeführt werden kann, ist es anzuführen.
V
*
Wer von einem Präjudiz abweichen will, trägt die Argumentationslast.]⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 339.
V
*
Die Sätze der Rechtsprechung dienen nicht (nur) zur Mitteilung von Vorschlägen, sondern zum Vollzug von Handlungen.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 337.
*
-> siehe unten: Die Kunst des Fallvergleichs/Distinguishing
V
>
Externe Rechtfertigung durch Spezielle juristische Argumentformen⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 341 ff.
V
*
Spezielle juristische Agurmentformen sind die Analogie, das argumentum e contrario, das argumentum a fortiori und das argumentum ad absurdum.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 341.
V
>
Diese sind zu sättigen und dienen meist dem logischen Schluss.⁠*
Vgl. Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 346.
V
*
Bsp.: Bei der Analogie muss die Vergleichbarkeit der Interessenlagen wohl begründet werden.⁠*
Vgl. Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 343.
V
>
Externe Rechtfertigung durch empirische Argumentation⁠*
Vgl. Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 285 ff.
V
*
Die Relevanz empirischen Wissens für juristische Argumentation kann nicht überschätzt werden; häufig wird nur noch über Tatsachen gestritten.⁠*
Alexy, Theorie der juristischen Argumenation, 3. Aufl. (1996), S. 287.
V
>
Kunst des Fallvergleichs⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 567. Als ich diesen Punkt in die Liste aufnahm, wunderte ich mich, dass der Fallvergleich nicht auch fester Bestandteil der deutschen juristischen Ausbildung ist. Warum eigentlich nicht?
V
*
Distinguishing: Die Besonderheiten eines Falles herausstellen, die es notwendig erscheinen lassen oder umgekehrt verbieten, bestimmte Präjudizien auf den vorliegenden Fall anzuwenden.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 569.
*
[Bindend sind nur die die Entscheidung tragenden rechtlichen Gründe, die ratio decidendi.
V
*
Nicht bindend sind hingegen Stellungnahmen zu einer Rechtsfrage, die nicht zur Entscheidung des Falls notwendig ist, sonder nur bei Gelegenheit der Entscheidung geäußert worden ist, das obiter dictum.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 568.
V
*
Im angloamerikanischen Recht ist das distinguishing wesentliche Fertigkeit des Juristen; hier ist auch entscheidend, ob eine Entscheidung einstimmig ergangen ist, oder ob dissenting opinions vorhanden sind.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 568.
V
*
Der Grundsatz der stare decisis besagt, dass von einem precedent nicht abgewichen werden darf, es sei denn, dass Ergebnis wäre unzumutbar.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 568.
>
Logik und logische Fehler
>
Aussagenlogik
V
*
[Die Aussagen der Logik sind nur gültig relativ auf ihre Prämissen, sie führen zwingend zu richtigen Ergebnissen, wenn die Prämissen richtig sind – jeder logische Schluss ist eine Tautologie.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 153.
*
[Satz vom Widerspruch: A und non A können nicht gleichzeitig wahr sein.
*
Satz vom ausgeschlossenen Dritten: Wenn A nicht wahr ist, so muss non A wahr sein.
*
Konjunktion: A1 und A2.
*
Disjunktion: A1 oder A2.
*
Implikation: Immer wenn A1, dann A2.
*
Replikation: Nur wenn A1, dann A2.
V
*
Kontraposition: Ist A1 notwendige Bedingung für A2, so gilt, wenn nicht A1 dann nicht A2.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 145-150.
>
Logische Fehler
V
*
»Sprache ist etwas, was geschieht, ein Akt, der ständig neu vollzogen wird. Man beobachtet sich und andere dabei und frage ständig, was man gerade mit der Sprache anstellt und warum man es tut. Man beobachtet die Wirkungen und analysiere die Ursachen. Man spiele das Spiel der Sprache bewusst – das ist der beste Schutz gegen [nachfolgende] Denkfehler.«⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 151.
V
*
Widerspruch⁠*
Vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 175 ff.
V
*
Begriffsvertauschung⁠*
Vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 179 ff.
V
>
Zirkelschluss⁠*
Vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 168 ff.
V
*
Er besteht darin, dass man die Richtigkeit der Prämisse mit Hilfe eines logischen Schlusses beweisen will, der aus diesen Prämissen gezogen wird – der Schluss soll so sogleich die Prämisse beweisen.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 168.
>
[Normenlogik
*
Was geboten ist, ist erlaubt.
*
Was nicht verboten ist, ist erlaubt.
*
Was erlaubt ist, ist nicht verboten.
V
*
Was verboten ist, ist nicht erlaubt.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 164.
>
Juristische Logik und Widerspruchsfreiheit
*
»Juristisch logisch« entspricht »folgerichtig«.
V
*
Daher ist von zwei sich widersprechenden Normen mindestens eine ungültig, denn das Recht, verstanden als ein Stufenbau von Normen, spricht nur mit einer Stimme.⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 155.
V
*
»Ein erheblicher Teil der juristischen Arbeit besteht darin, die Normen in einer Weise auszulegen, dass sie sich nicht widersprechen, sondern ein (auch logisch) geordnetes System bilden.«⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 155.
>
Gesetzeskonkurrenz (Normkollision)
>
Allgemeine Kollisionsregeln
V
*
[Die Lehre vom Stufenbau der Rechtsordnung besagt, dass jede Rechtsnorm ihre Geltung aus einer höheren bezieht; das gesamte Rechte ist eine Abfolge stufenweise zunehmender Individualisierung und Konkretisierung.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 307 f.
>
[Diese systematischen Regeln sind so allgemein und grundlegend, dass sie auch ohne ausdrückliche Anordnung in Verfassung oder Gesetz gelten.
*
Vorrang des ranghöheren Gesetzes (lex superior)
*
Vorrang des jüngeren Gesetzes (lex posterior)
V
*
Vorrang des spezielleren Gesetzes (lex specialis)]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 585.
>
Besondere Kollisionsregeln
*
Bsp.: § 305b BGB
*
(Geltungs-) Vorrang der Verfassung
*
(Geltungs-) Vorrang des Gemeinschaftsrechts
>
Normenkonkurrenz
>
[Konkurrenzen treten auf,
*
a.) wenn eine Handlung verschiedene Verhaltensnormen verletzt, die sich teilweise überdecken,
*
b.) wenn dieselbe Verhaltensnorm mit mehreren Sanktionsnormen verbunden ist.
V
*
Dagegen handelt es sich um eine Normenkollision, wenn mehrere Normen unterschiedliche, miteinander nicht verträgliche Handlungen gebieten.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 596.
>
Strafrechtliche Konkurrenzlehre
*
1.) Handlungseinheit und Handlungsmehrheit
*
2.) Gesetzeskonkurrenz
>
3.) Tateinheit und Tatmehrheit
*
Tateinheit – Idealkonkurrenz § 52 StGB
*
Tatmehrheit – Realkonkurrenz § 53 StGB
>
Anspruchskonkurrenz im Zivilrecht
V
*
Grds. kann der Berechtigte auf den einen oder den Anspruch zurückgreifen, bis sein Interesse befriedigt ist (echte Anspruchskonkurrenz).⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 599.
>
Manchmal ergibt die gesetzliche Wertung jedoch eine Verdrängung im Wege der Spezialität.
*
Bsp.: Die deliktische Haftung kann durch die vertraglich Haftung verdrängt werden.
>
Begriffliche Systematisierung (Systemprinzipien)
V
>
[Die begriffliche Systematisierung fördert hochabstrakte Sätze zu Tage; dabei handelt es sich um Selbstverständlichkeiten, die im Gesetz gar nicht ausgesprochen, praktisch aber sehr wichtig sind.]⁠*
Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 440.
*
Bsp.: das Trennungs- und Abstraktionsprinzip; die Unterscheidung von Verpflichtung und Verfügung; die Gliederung nach objektivem und subjektivem Tatbestand; das Akzessorietätsprinzip, die Gewaltenteilung oder den Gesetzesvorbehalt.
V
>
[Rhetorik⁠*
Dieser Punkt und seine sämtlichen Unterpunkte beruhen vollständig auf meinen persönlichen Notizen zum Seminar »Modern Advocacy and Classic Rethoric«, welches im Jahr 2011 in Rahmen eines Masterprogramms am University College London absolvierte. Im Auseinandersetzung mit der Liste habe ich diese Notizen übersetzt und ihren Inhalt in die Struktur der Liste übertragen. Freilich gibt es zur Rhetorik eine Vielzahl an Literatur, die nun zitiert werden könnte, doch will ich hier nicht Literatur ins Verhältnis setzen, sondern nur die Quelle des Listeneintrags nachvollziehbar machen.
*
Rhetorik bezeichnet die Fähigkeit, in jedem Einzelfall die verfügbaren Mittel des Überzeugens zu erkennen.
>
Der Inhalt bestimmt den Tempus des Vortrags.
*
Tatsachen: Man spricht man über die Vergangenheit.
*
Werte: Man spricht über die Gegenwart.
*
Übereinkunft, Zustimmung: Man spricht über die Zukunft.
>
Überzeugungsmittel
>
Sachliche Überzeugungsmittel
*
Gesetze, Verträge, Zeugen, Fakten, Geständnisse
>
Kunstgemäße Überzeugungsmittel
*
Der Charakter des Redners (ēthos)
*
Das Argument (logos)
*
Die Emotionen des Publikums (pathos)
>
Die fünf Schritte der Rhetorik
>
1.) Inventio
*
Wer, was, wo, wodurch, warum, auf welche Weise, wann? Schon bei der inventio erfolgt eine Auswahl der Gedanken nach dem Zweck der Rede.
>
Die Stasis Theorie hilft: Finde die Stasis, also den eigentlich problematischen Punkt.
>
Probleme hinsichtlich Fakten
*
Existiert es? Ist es passiert?
*
Handelt es sich um eine Tatsache oder um eine Wertung?
*
Wo kommt es her?
*
Was ist die Ursache?
*
Kann man es beeinflussen?
>
Definitionsprobleme
*
Welcher Art ist das zu definierende Objekt?
*
Zu welcher Klasse gehört es?
*
Was sind seine Bestandteile?
*
Wie stehen diese in Beziehung zueinander?
>
Qualitätsfragen
*
Was sind die Eigenschaften des Objekts?
*
Richtig oder falsch?
*
Besser oder schlechter?
>
Gerechtigkeitsfragen
*
Was sollte man tun?
*
Was kann man tun?
*
Was sind die Folgen?
>
Argumente finden!
*
Spezielle (Einzelfall-)Topoi
*
Topoi (-> siehe unten: Topoi-Katalog)
>
2.) Dispositio
*
Einführung
*
Narratio
*
Divisio (Überblick)
*
Confirmatio
*
Confutatio
*
Conclusio
>
3.) Elocutio
*
Die gegliederten Gedanken in eine sprachlich angemessene Form bringen.
*
4.) Memoria
*
5.) Actio]
>
Enthymem
V
*
Eine Behauptung wird mit einer anerkannten Meinung/anerkannten Merkmal (endoxon) begründet.⁠*
Von Schlieffen, Rechtstheorie Band 42 (2011), 601 (604).
V
*
Nur das für die Situation wesentliche wird angeführt, wobei die Prämissenwahl topisch erfolgt.⁠*
Von Schlieffen, JA 2013, 1 (5).
V
*
Die so hergestellte Beziehung zwischen Gesetz und Rechtssatz ist nicht logisch, sondern autoritativ-demokratisch (Konsens).⁠*
Von Schlieffen, JA 2013, 1 (5).
>
Wahrscheinlichkeitsenthymem
V
*
Stützt die Behauptung mit einer anerkannten Meinung.⁠*
Ich habe versucht, die einzelnen Enthymementypen mit eigenen Worten zusammenzufassen – insbesondere beim Wahrscheinlichkeitsenthymem ist mir diese Zusammenfassung nicht besonders aussagekräftig gelungen. Dieser Punkt zeigt schön, dass einzelne Inhalte nicht zu Ende gedacht sind.
>
[Aufbau (Beispiel):
*
Behauptung: »Der Bescheid ist rechtswidrig.«
*
Begründung: »Denn, er entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Zweitwohnsteuer.«
V
*
Übergang: »Bescheide, die nicht dem Sinn und Zweck (Topos; anerkannte Meinung) der Zweitwohnsteuer entsprechen sind rechtswidrig.«]⁠*
Von Schlieffen, Rechtstheorie Band 42 (2011), 601 (608).
>
Beispielsenthymem
*
Fallvergleich mit Appell an die bereits vorhandene anerkannte Meinung.
>
[Aufbau (Beispiel):
*
Behauptung: »Das Gericht hält eine Minderungsquote von 5% für weniger ekelerrengende Silberfische für angemessen …«
*
Begründung: » … mit Rücksicht darauf, dass zum Beispiel das LG Köln für Schabenbefall eine Minderungsquote von 10% zuerkennt.«
V
*
Übergang: »Vom Einzelfall des LG Köln wir induktionsorientiert auf eine plausible Entscheidungsreihe geschlossen, unter welche der Silberfischfall subsummiert wird.«]⁠*
Von Schlieffen, Rechtstheorie Band 42 (2011), 601 (609).
>
Zeichenenthymem
*
Man begründet eine Aussage oder ein Urteil mit einem Indiz, einem Merkmal, einem signifikanten Aspekt des Ganzen.
>
[Aufbau (Beispiel):
*
Behauptung: »Die Klägerin ist wirtschaftlich nicht leistungsfähig.«
*
Begründung: »Dies zeigen der notwendige Umzug in das Pflegeheim und die Bescheidenheit der dadurch frei werdenden Wohnung.«
V
*
Übergang: »Pflegebedürftigkeit und eine bescheidene Unterkunft sollen nicht generell beweisen, dass man arm ist, sondern dies nur indizieren. Hier wird keine Regel angedeutet, sondern nur Zeichen impliziert.«]⁠*
Von Schlieffen, Rechtstheorie Band 42 (2011), 601 (610).
>
[Juristische Antonyme
*
objektiv – subjektiv
*
absolut – relativ
*
abstrakt – konkret
*
abstrakt – kausal
*
aktiv – passiv
*
inter omnes – inter partes
*
Enumeration – Generalklausel
*
materiell – formell
*
institutionell – funktional
*
mittelbar – unmittelbar
*
konstitutiv – deklaratorisch
*
engere Bedeutung – weitere Bedeutung
*
Innenverhältnis – Außenverhältnis
*
ex-nunc Wirkung – ex-tunc Wirkung
*
Nichtigkeit – Vernichtbarkeit
*
positiv – negativ
*
eigen – fremd
*
echt – unecht
V
*
einfach – qualifiziert]⁠*
Eine äußerst nützliche Zusammenstellung von Antonymen, welche auch als Triggerliste fungieren kann; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl. (2008), S. 166-168.
>
Topoi
V
*
Topoi sind typischerweise bezogen auf Problemlagen⁠* – im Zweifel verfährt man nach einer Vorentscheidung (denn es muss eine begründete Entscheidung gefällt werden).
Struck, Topische Jurisprudenz, 1971, S. 59.
V
*
Topik hat Schlüsse aus Prämissen zum Gegenstand, die nach anerkannter Meinung wahr scheinen.⁠*
Dieser Punkt basiert auf Von Schlieffen, JA 2013, 1 (4); von Schlieffen verweist in diesem Zusammenhang auf Theodor Viehweg und zitiert an der angegebenen Stelle Aristoteles: »›Anerkannte Meinungen sind dagegen diejenigen, die entweder von allen oder den meisten oder den bekanntesten und anerkanntesten für richtig gehalten werden.‹«.
*
Für mich ist die Topik keine Methode der Rechtsfindung oder –anwendung, sondern eine rhetorische Methode, d.h. sie dient zur Überzeugung. Eine Wertentscheidung wird durch die Struktur der Topoi in Form gebracht und nachvollziehbar. Die Topoi selbst sind Extrakte der Juristischen Argumentation.
V
*
Es entsteht eine Ansammlung, inhaltlich von keinem Prinzip geleitet und nicht deduktiv-logisch konzipiert.⁠*
Von Schlieffen, JA 2013, 1 (4).
V
*
Die Topik darf nicht dazu verführen, einen Gedanken, der in einem bestimmten Zusammenhang entwickelt worden ist, in einen anderen zu verpflanzen, in den er nicht gehört.⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 212.
V
>
Katalog⁠*
Diesen Katalog habe ich hauptsächlich eins zu eins von Gerhard Struck übernommen. Die Topoi (1)-(31) sind deckungsgleich mit den Topoi 1-32 bei Struck. Strucks Topos 32 »Recht braucht Sanktionen« habe ich nicht übernommen. Meinen Topos (33) habe ich selbst eingefügt, er fehlt bei Struck. Topos 34 bei Struck, »Sachwidrigkeit eines Kampfmittels«, habe ich ebenfalls nicht übernommen. Meine Topoi (34)-(63) sind wiederum deckungsgleich mit Strucks Topoi 35-64. Ab Topoi (65) habe ich damit begonnen den Katalog um weitere, mir wichtig erscheinende Allgemeinplätze zu ergänzen. Da es sich um Allgemeinplätze handelt, verbinde ich sie auch nicht mit einer konkreten Fundstelle, meist habe ich sie spontan ergänzt. Ferner habe ich auf die genauen Fundstellenangaben bei Struck im Nachfolgenden verzichtet, da sie sich einfach aus der Nummerierung der Topoi ergeben. Angezeigt habe ich allerdings die Ergänzungen, welche ich aus Liebs Rechtssprichwörterbuch eingefügt habe. Struck lieferte nämlich nicht immer gleich eine Übersetzung seiner lateinische Zitate mit. Für den Topoi-Katalog siehe Struck, Topische Jurisprudenz, 1971, S. 20-34.
*
1.) Ein späteres Gesetz hebt ein früheres auf.
*
2.) Ein spezielleres Gesetz gilt vor einem allgemeineren.
>
3.) Ausnahmen müssen eng ausgelegt werden.
*
Sonst sind es keine Ausnahmen mehr, sondern könnten genauso gut eine Regel sein.
>
4.) Ein Urteil gilt als Wahrheit.
*
Ist eine Sache rechtskräftig entschieden, so ist das Urteil schlechthin maßgebend.
*
Dies fordert die Rechtssicherheit.
*
Urteile dienen grundsätzlich dazu einen streitigen Einzelfall zu klären.
V
*
Res iudicata pro veritate accipitur⁠*
Vgl. Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 2. Aufl. (1982), S. 189, Nr. 43.
>
5.) Kleinigkeiten kümmern das Gesetz nicht.
*
Das Gesetz hat nicht auf jede denkbare Rechtsfrage eine Antwort und bestraft nicht jeden denkbaren Rechtsverstoß. Zweck hiervon ist, die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu erhalten. Hieraus entspringt das Opportunitätsprinzip.
>
(6) Ein Gericht darf nicht mehr zusprechen als beantragt.
*
Schutz des Bürgers vor Überaschungsentscheidungen.
*
Ne ultra petita.
>
(7) Man höre auch die andere Seite.
*
Hieraus folgt der Anspruch auf rechtliches Gehör, der Mündlichkeitsgrundsatz, der Unmittelbarkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Einheit der Hauptverhandlung.
>
(8) Das Verbot des Richters in eigener Sache.
*
Interessenkonflikte vermeiden.
>
(9) Im Zweifel ist zu Gunsten des Angeklagten zu entscheiden.
V
*
In dubio pro reo; pro possessore; pro libertate.⁠*
Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 2. Aufl. (1982), S. 91, Nr. 60-62.
>
(10) Einmal ist keinmal.
*
Nobody is perfect.
>
(11) Irrtumsmöglichkeiten existieren überall.
*
Prognosen sind danach zu beurteilen, ob sie nachvollziehbar und vertretbar sind.
*
Der Grad der einzufordernden richterlichen Überzeugung darf nicht überspannt werden.
*
(12) Ohne Rechtsgrund Erlangtes ist zurückzugeben.
>
(13) Kompensation.
*
Erfordernis des gerechten Ausgleichs von Vorteil und Nachteil.
>
(14) Im Zweifel zu gleichen Teilen.
*
Gesamtschuldnerschaft beruht hierauf.
>
(15) Bei einer Teilung steht auf derselben Stufe das Losen als letzter Ausweg.
*
Auch irrationale Lösungen sind gelegentlich vernünftig und gerecht (vgl. § 752 BGB).
*
Anspruch auf ein faires Verfahren.
>
(16) Niemand kann mehr Rechte auf einen anderen übertragen, als er selbst hat.
*
Vom Nichtberechtigten kann man nicht erwerben, jedenfalls nicht mit sofortiger Wirkung.
*
(17) Das Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter.
>
(18) Wer begünstigt, benachteiligt auch.
*
Die Gewährung eines (rechtlichen oder tatsächlichen) Vorteils ist nicht immer zwingend nur etwas Gutes.
>
(19) Einen Zufall trägt der Eigentümer.
*
Casum senit dominus.
*
(20) Veranlasserprinzip.
>
(21) Prioritätsprinzip.
*
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
>
(22) Gleichheit.
*
Dieses Topos muss man sehr sorgfältig verwenden.
*
Ausgangsfrage: ist eine Gleichbehandlung bzw. Ungleichbehandlung geboten?
>
(23) Verantwortlichkeitsprinzip.
*
Wer (Mit-)Schuld hat, muss für die Folgen einstehen.
*
Restitution und Sanktion beruhen auf diesem Grundsatz.
>
(24) Der Rechtsgedanke des §254 BGB
*
Prinzip Mitverschulden, Mitverursachung oder Mitwirkung
*
(25) Schweigen verpflichtet zu nichts.
>
(26) Privatautonomie.
*
Freiheit, Dispositionsmaxime und Beibringungsgrundsatz beruhen hierauf.
>
(27) Jeder wird zunächst als redlich beachtet.
*
Beweislastregeln und auch die in dubio Grundsätze beruhen auf diesem Prinzip.
>
(28) Keinem ist erlaubt, sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten zu setzen.
*
Widersprüchliches Verhalten genießt keinen Rechtsschutz.
V
*
Venire contra factum proprium nemini licet.⁠*
Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 2. Aufl. (1982), S. 216, Nr. 6.
>
(29) Die Rechte sind für die Wachenden geschrieben, den zu spät Kommenden bleiben nur die Knochen.
*
Fristen; Verwirkung; Rechtssicherheit.
*
Iura scripta vigiantibus tarde venientibus ossa.
>
(30) Auch wer nicht will, will.
*
Auch: Es kommt auf das Gewollte an und nicht auf das Gewünschte (dolus eventualis).
*
Im Zivilrecht bei der Aufwendung und der Geschäftsführung ohne Auftrag zu beachten.
>
(31) Günstige Rechtsfolgen bleiben verwehrt, wenn man sich nicht redlich verhält.
*
Rechtsgedanke des § 162 BGB und der provozierten Notwehr.
*
Der Bürger schafft selbst die Voraussetzungen dafür, dass ihm günstige Rechtsfolgen verwehrt bleiben, die ihm eigentliche zu Gute gekommen wären.
*
(32) Schikane ist verboten.
>
(33) Arglistig handelt, wer fordert, was er demnächst zurückgibt bzw. was er zurückerstatten muss.
V
*
Dolo facit, qui petit, quod redditurus est.⁠*
Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 2. Aufl. (1982), S. 57, Nr. 50.
*
(34) Kein Gleichberechtigter darf einen anderen Gleichberechtigten endgültig ausschalten.
>
(35) Standards.
*
Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, der Durchschnittsfahrer, der ordentliche Kaufmann.
>
(36) Verkehrsschutz.
*
Interessen und sozialer Schutz; bestes Beispiel sind Duldungs- und Anscheinsvollmacht.
*
(37) Begünstigung der Ehelichkeit.
*
(38) Vertrauen verdient Schutz.
*
(39) Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.
>
(40) Angemessenheit.
*
Der Zweck heiligt nicht jedes Mittel.
>
(41) Verhältnismäßigkeit.
*
Geeignet, erforderlich und angemessen.
*
(42) Das Gebot des schonendsten Mittels
*
(43) Das Notwendige ist erlaubt.
>
(44) Opportunes Handeln ist erlaubt.
*
Konkret angebrachtes Handeln ist nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht.
*
Auf diesem Grundgedanken beruht bspw. die GoA.
*
(45) Ausnahmen sind in besonderen Härtefällen erlaubt.
>
(46) Rechtlich relevant ist nur Bestimmtes.
*
Man muss wissen, woran man ist!
*
Gilt insb. für Verträge, Verwaltungsakte, Vollstreckungstitel.
*
(47) Praktikabilität.
>
(48) Pauschalierung.
*
im Einzelfall gerechte Rechtsfolgen werden nicht aufgesucht, da ein Ausgleich im Großen vermutet wird.
>
(49) Tatsächliche Unmöglichkeit.
*
Unmögliches kann nicht verlangt werden.
*
(50) Willkürverbot.
*
(51) Verwirkung.
*
(52) Unzumutbares darf nicht verlangt werden.
*
(53) Unerträgliches ist nicht rechtens.
*
(54) Uferlose Ansprüche dürfen nicht entstehen
*
(55) Missbrauchsgefahr.
*
(56) Zweck.
*
(57) Interesse.
*
(58) Öffentliches Interesse.
*
(59) Sozialer Schutz.
*
(60) Volkswirtschaftliches Interesse
*
(61) Ordnungsprinzip.
*
(62) Rechtssicherheit.
*
(63) Bei Evidenz kann das Verfahren abgekürzt werden.
*
(64) Ein sachfremdes Argument ist kein Argument
*
(65) Folgenbetrachtung.
*
(66) Empirie.
*
(67) Allgemeine Lebenserfahrung
*
(68) Verkehrsitte.
>
(69) Günstigkeitsprinzip.
*
Als Prinzip der Auslegung: mit der konkreten Willenserklärung ist grds. die günstigste Variante gewollt (z.B. Auslegung der Bezugnahmen von Parteien im Zivilprozess).
*
Als Prinzip der Voraussetzung für positive Rechtsfolgen: derjenige, zu dessen Gunsten eine Rechtsfolge wirkt, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen (bspw. Darelegungs- und Beweislast).
*
Besondere Ausprägung des Günstigkeitsprinzips ist der Meistbegünstigungsgrundsatz: Parteien eines gerichtlichen Verfahrens dürfen keinen Rechtsnachteil dadurch erleiden, dass das Gericht die falsche Form für seine Entscheidung gewählt hat.
*
(70) Leitbildcharakter des Dispositiven Gesetzesrechts.
*
(71) Der Wortsinn des Gesetzes bildet die äußere Grenze der Auslegung.
>
(72) Grundgedanke der Mindestsolidarität
*
Bestimmte Beeinträchtigungen müssen hingenommen werden, wenn es um die Hilfe für andere geht.
V
*
…⁠*
Der Topoi-Katalog ist offen für Ergänzungen.
>
¶ Prüfung der hergestellten Lösung
>
Abgleich der Materialien und Inhalte des Herstellungsprozesses
*
Wurden sämtliche Angaben des erfassten Sachverhaltes während Herstellung der rechtlichen Lösung berücksichtigt?
>
Wurde alles was ausdrücklich von den Beteiligten angesprochen worden ist, während der Herstellung der rechtlichen Lösung und angemessen verarbeitet?
*
Hierzu Abgleich zwischen Fahrplan und Rechtsansichten-Cluster vornehmen.
*
Alle möglichen (Folge-) Fragen der unterlegenen Partei sollten im Idealfall vorweggenommen worden sein.
*
Eine Durchsicht sämtlicher Notizen sollte vorgenommen werden; vielleicht habe ich etwas übersehen, dessen tatsächliche Bedeutung ich zunächst falsch eingeschätzt habe.
>
Folgenbetrachtung und Perspektivenwechsel
V
*
[Kombinatorisches Denken: Systematisches Variieren des Sachverhalts und der rechtlichen Lösung und gleichzeitiges Prüfen, ob die eigene Lösung Widersprüche oder Lücken aufweist.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 208.
*
Was würde meine Oma sagen?
>
Bei Herstellung eines Urteils
>
Abgleich zwischen Entscheidungsgründen und Tatbestand (Korrespondenzprüfung)
V
*
»Brauche ich die Information für meine rechtliche Arbeit? Falls nein – brauche ich sie für den Sinnzusammenhang meiner Darstellung?«⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (206).
*
Relevanz
V
*
Überprüfbarkeit: der Journalist recherchiert von außen nach innen, wobei die Informationsdichte zunimmt.⁠*
Vgl. Haller, Recherchieren, 7. Aufl. (2008). Im Zusammenhang mit der Zusammenstellung des juristisch relevanten Sachverhaltes habe ich mich auch mit journalistischen Recherchetechniken befasst.
>
[Alles, was bei der Herstellung der Lösung keine Rolle gespielt hat, ist als unnötig zu eliminieren.
V
*
Bsp.: Überholte Prozessgeschichte]⁠*
Schuschk/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008), S. 285, Rdnr. 541. Zu dieser Fundstelle ist anzumerken, dass ich zwar bereits über die umfassende Neuauflage verfügte (Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013)), diese an mancher Stelle jedoch nicht mehr ganz so prägnant war, wie die Auflage zuvor. Der Inhalt meiner Liste an diesem Punkt beruht daher auf der 34. Auflage von »Bericht, Gutachten und Urteil«.
V
*
Was in den Entscheidungsgründen ausführlich erörtert wird, muss im Tatbestand »gezoomt« sein und umgekehrt.⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (206) und ders., JuS 1989, 466 (468).
>
Tenor prüfen
*
1.) Ist der Tenor aus sich heraus vollstreckbar?
>
2.) Tragen die Entscheidungsgründe den Tenor?
*
Kohärenz: Entscheidung – Gründe
>
3.) Ist der Tenor vollständig?
*
»Im Übrigen …«
*
4.) Sind die Grenzen des Beantragten eingehalten?
>
¶ Mit der rechtliche Lösung weiterdenken
>
Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen
>
Im Hinblick auf die rechtlichen Gegebenheiten sind folgende Fragen zu stellen:
*
Was?
*
Wie?
*
Wann?
*
Wo?
*
Zu welchem Preis?
*
Mit welchem Risiko?
*
Wie teuer wird ein Verlust?
*
Was muss noch besorgt werden?
*
Wie ausführlich muss begründet werden?
*
Kann man es auch anders sehen?
V
*
-> denke an: B-A-T-N-A⁠*
Ein Externverweis auf das BATNA von Fisher, Ury und Patton. Die Eselsbrücke steht für »Best Alternative To a Negotiated Agreement«. Letztlich raten Fisher, Ury und Patton dazu, sich stets die beste Alternative zu einer wie auch immer gearteten Einigung vor Augen zu halten, bevor man in eine Verhandlung einsteigt. Ich halte dieses Konzept aufgrund seiner Prägnanz als gute Ergänzung zu den sonst üblichen Zweckmäßigkeitserwägungen. Fisher/Ury/Patton, Getting to Yes, 3rd ed. (2011), S. 99 ff.
>
Urteilsformeln, Entscheidungsformeln und Anträge richtig formulieren
V
*
Der Tenor stellt die konkrete Entscheidung des rechtlichen Konflikts dar und bildet den harten Kern der rechtlichen Lösung.⁠*
Vgl. Wallisch/Spinner, JuS 2006, 799; Wallisch und Spinner dort zitieren Kurt Schellhammer mit den Worten, die Urteilsformel bilde den harten Kern des Urteils.
*
Ein »richtiger« Tenor ist ein vollstreckbarer Tenor – auf die Richtigkeit der rechtlichen Lösung kommt es dabei nicht an.
>
Antrag und Tenor stehen in einer Wechselseitigen Beziehung.
*
Im Zivilprozess ergibt sich dies schon aus § 308 ZPO.
*
Im Verwaltungsrecht ist das Gericht zumindest an das Klagebegehren gebunden, § 88 VwGO.
*
Im Strafprozess ist das Gericht an die in der Anklage bezeichnete Tat gebunden, § 264 StPO.
V
*
Der Gesetzeswortlaut kann gelegentlich bei der exakten Fassung des Tenors helfen (etwa § 330 ZPO für das VU oder § 345 ZO für das zweite VU).⁠*
Wallisch/Spinner, JuS 2006, 799 (800).
>
Die Formulierung des Tenors richtet sich zum einen nach dem materiell rechtlichen Anspruch/der materiell rechtlichen Ermächtigung/dem verwirklichten Tatbestand und zu anderem nach dem statthaften Rechtsbehelf gegen die Entscheidung.
*
Dabei stellen die gestellten Anträge einen Rahmen für die Entscheidung dar und bieten eine Orientierungshilfe für die Ausformulierung.
*
Dennoch müssen gestellte Anträge immer kritisch geprüft werden.
>
Zur Formulierung des Antrags und zur gedanklichen Prüfung des Tenors ist rechtsfolgenorientiertes Denken erforderlich:
*
Was begehrt der Betroffene?
*
Woraus ergibt sich die entsprechende Rechtsfolge?
*
Wie kann die Rechtsfolge prozessual durchgesetzt werden?
*
Wo kann dies geschehen?
V
>
¶ <- Dazwischen: Der Fahrplan* ->
Den Begriff »Fahrplan« habe ich von Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 24, übernommen und für mich modifiziert.
>
Grundsätzliches
*
Während der Herstellung der rechtlichen Lösung erstellt man gleichzeitig den »Fahrplan« für die Niederschrift der Darstellung der rechtlichen Lösung.
*
Schemata stellen ein heuristisches Hilfsmittel dar, anhand dessen ein solcher Fahrplan aufgestellt werden kann. Sie sind Leitstruktur für das Denken und Schreiben. Allerdings stellen sie stets nur eine Vorschlag dar; Verständlichkeit und Effizienz gehen bei der Ausarbeitung immer der Befolgung eines Schemas vor.
*
Bei der Herstellung des Fahrplans dürfen keine Entscheidungen offen gelassen werden: Gedankengänge müssen zuende gebracht werden.
*
Der Fahrplan dient zur Orientierung während der Niederschrift.
>
Inhalt
*
Gliederungsstruktur der erforderlichen Formalia bildet den äußersten Rahmen der rechtlichen Darstellung.
>
Fahrplan zum Sachverhalt enthält ausschließlich Anhaltspunkte. Dazu in Zeilenumbrüchen und Absätzen denken (Denken in Sinneinheiten) und jedem eigenen Sachverhaltsabschnitt einen eigenen Gliederungspunkt einräumen.
*
iii. Fr. B verkauft Bild an Kläg
*
iv. Vorlage Erbsche, KaufV Bild, Übergabe
>
Gliederungsstrukuren der Rechtsanwendung mit Blick auf ihren Sinn und Zweck erstellen. Es handelt sich keinesfalls um ein Protokoll der gutachterlichen Vorüberlegungen, sondern um den Fahrplan zur Vormulierung der Entscheidungsgründe. Er enthält:
*
Anhaltspunkte im Hinblick auf Festzustellendes
*
Anhaltspunkte bei Bearbeitungen im Urteilsstil i.e.S.
*
Gliederungsstrukturen für Punkte die im Urteilsstil i.w.S. bzw. im echten Gutachtenstil dargestellt werden
*
Gliederungsstrukturen für Beweiswürdigungen
*
Gliederungsstrukturen für Abwägungen
*
Anhaltspunkte zu den Nebenentscheidungen
*
…dabei stets den Sachverhaltsbezug wahren und mit Stichworten aus dem Sachverhalt auffüttern.
*
Der Fahrplan muss die Bezeichnung wichtiger Fundstellen aus Vorlage und Kommentaren sowie genaueste Gesetzezitierungen enthalten, damit bei der Niederschrift nicht nochmals nach der Information gesucht werden muss.
*
Der Fahrplan enthält keine Vorformulierungen und keine Definitionen.
>
Nach Herstellung den Plan mit Blick auf die Bearbeitungszeit durchgehen und Schwerpunkte setzen.
*
Zeitziele setzen.
*
Drei bist sechs (!) im Fahrplan verteilen um die Schwerpunkte zu kennzeichnen.
*
Weg von der Vorstellung von der perfekten Lösung und zur ideal möglichen Lösung.
*
Vertraue Deinem Judiz: Schwerpunkte der Darstellung liegen nie auf Punkten, an denen man selbst keinen Zweifel hat!
>
¶ Darstellung der rechtlichen Lösung. Die Niederschrift
>
Zur Darstellung allgemein
V
*
[Denke, Rede und Schreibe in ganzen Sätzen und nicht in Schlagworten und achte darauf, dass Deine Sätze ausformuliert sind und dass sie im richtigen systematischen Zusammenhang stehen.]⁠*
Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, 2. Aufl. (2011), S. 214.
V
*
Die Aufgabe des Verfassers eines juristischen Textes besteht immer darin, dem Leser seine Arbeit so einfach wie möglich zu machen.⁠*
Eine Erkenntnis, die ich nach der Lektüre von Fritjof Haft zu dem Phänomen des »juristischen Nichtlesers« gewonnen habe; Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 58 ff.
V
*
Langweile niemals deinen Leser und wahre immer den Bezug zum Sachverhalt – er will nur konkret Relevantes lesen und differenziert grds. nur zwischen erheblich und unerheblich.⁠*
Warum? Weil wir über die Annahme eines geteilten Wissens dem Leser signalisieren, dass wir eine professionelle Kommunikation betreiben können; wir erfüllen mithin professionelle Erwartungen. Zum Ratschlag seinen Leser nicht zu langweilen siehe Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 76 ff und Puhle, JuS 1989, 203 (205).
V
*
Beachte, dass die Herstellung des Textes (rhetorisch) und die Darstellung des Textes (objektiv gesetzesgebunden) auseinanderfallen.⁠*
Von Schlieffen, JA 2013, 1 (2).
*
»Den Sachverhalt«, »die Problemdarstellung« oder »die eine Lösung« gibt es nicht. Die eigenen Erörterungen sind für den Leser nicht zwingend so einleuchtend wir für einen selbst.
>
¶ Anforderungen der konkreten Bearbeitungsform bewusst machen und beachten
>
Gutachten
V
>
Publikum: Jurist, Fachpublikum⁠*
Walter, Kleine Stilkunde für Juristen, 2002, S. 119.
*
Erörtert werden muss alles, was der »ideale« Praktiker zumindest gedanklich in Erwägung zieht. Nur offensichtlich nicht Einschlägiges darf weggelassen werden – Unproblematisches muss zumindest festgestellt werden, Folgerichtiges muss zumindest im Urteilsstill aufbereitet werden.
V
*
Der Jurist geht beim Lesen nach Rastern vor.⁠* Er ist grundsätzlich auf das Widerlegen programmiert.⁠**
* Vgl. Puhle, JuS 1989, 203 (204).
** Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 72.
*
Zweck des praktischen Gutachtens: Der Rechtsanwalt entscheidet keine abstrakte Rechtsfrage, sondern seine Aufgabe besteht darin, den Mandanten umfassend zu beraten. Er muss daher herausarbeiten, wie ein rechtlicher Konflikt unter Beachtung der Interessen des Mandanten gehandhabt werde kann. Erfolgsaussichten können hierbei nicht immer abschließend beurteilt werden. Dies muss im Gutachten auch deutlich gemacht werden!
>
Gutachtenstil
*
Prämissen offen
V
*
Konjunktionen des Gutachtens sind: »also«; »folglich«, »daher«, »mithin«, usw.⁠*
Walter, Kleine Stilkunde für Juristen, 2002, S. 120.
*
Der Gutachtenstil i.e.S. sollte bewusst und nicht allzu verschwenderisch eingesetzt werden. Andernfalls läuft man Gefahr in der Bearbeitung falsche Schwerpunkte zu setzen.
>
Struktur: Grundsätzlich hat eine juristisch logische Abfolge zum Ergebnis hin zu führen. Eine historische Prüfung ist im Fall der Prüfung von Eigentumsverhältnisse oder dem Widerruf eines Testaments angezeigt.
>
[I.) Einstieg: Abstrakte Rechtsfolge (Hypothese die auf Überprüfung wartet)
*
»könnte« + Rechtsfolge der Norm
*
»müsste« + Tatbestand der Norm
>
II.) Obersatz: Abstrakte Voraussetzungen (im logischen Sinne: abstrakte Voraussetzungen, die geprüft werden)
*
gebildet mit Hilfe von Definition, Interpretation, Auslegung
>
III.) Untersatz: Bezugnahme und konkrete Voraussetzungen (Subsumtion)
*
»also« Sachverhalts- unter Tatbestandsmerkmal
>
IV.) Ergebnis: Konkrete Rechtsfolge
V
*
»also«]⁠*
Bei diesem Aufbauschema handelt es sich um einen Zusammenschrieb von den Ausführung von Henrik Wieduwilt zur Sprache und Struktur des Gutachtens (Wieduwilt, JuS 2010, 288 (290 f.)) und der tabellarischen Übersicht von Tonio Walter zum Gutachten (Walter, Kleine Stilkunde für Juristen, 2002, S. 123).
>
Urteil
*
Zweck: Der Rechtsstreit soll abschließend einer vertretbaren Entscheidung zugeführt werden.
V
>
Publikum: Das Urteil richtet sich grundsätzlich an die Parteien und wiederum insbesondere an die unterlegene Partei.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524) und Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 247, Rdnr. 111.
V
*
[Nur die Gründe für das Unterliegen sind maßgeblich; langatmige Ansätze für eine anderslautende Entscheidung oder die Darstellung verschiedener Theorien wirken, weil sie doch nicht zum Erfolg führen, eher als eine Verschaukelung.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
V
*
Ferner ist das Urteil an die Fachleute adressiert (Anwälte, Berufungs- bzw. Revisionsinstanz; in der Klausur muss man auch an den Korrektur denken)⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 252, Rdnr. 616.
>
Hintergrund zum Urteil
V
*
Das Urteil enthält nur solche Ausführungen, die das Ergebnis (den Tenor) wirklich tragen.⁠*
Vgl. Danger, JA 2005, 523 (524).
V
*
Herstellung und Darstellung des Urteils fallen auseinander und sind grundverschieden. [Daher werden nicht alle Gedankengänge, die den Bearbeiter zu dem Ergebnis geführt haben, im Urteil offengelegt. Ganz im Gegenteil, viele Passagen aus dem Gutachten wären in einem Urteil schlicht fehl am Platze.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
V
*
Rechtsfragen von grundsätzlicher Natur müssen nicht langatmig Erörtert werden, da sich die Klausurbearbeitungen in den zentralen Punkten grds. auf höchstrichterliche Entscheidungen und eine entsprechende Praxis stützen können.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
V
*
»Ist ein Lösungsweg in der Praxis vollkommen üblich und bekannt, kann er sogar stillschweigend angewendet werden.«⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
V
*
Entscheidungserhebliche Meinungsstreite müssen praxisgerecht gelöst werden. Dazu bietet sich die Argumentationsform des Dialoges an (vgl. Argumentationsplanung).⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 108.
*
Darlegungs- und Beweislast geben die Richtung und den Umfang der Argumentation vor.
V
*
Erörterungen abweichender Lösungsmöglichkeiten oder auch nur derjenigen eigenen Bedenken, die gegen die Lösung sprechen, haben zu unterbleiben.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
V
*
»Alle überflüssigen Zweige einer Anspruchsprüfung sind radikal wegzulassen in dem man das Ergebnis dieses Zweiges ausdrücklich offen lässt (»Es kann dahinstehen, ob …«).«⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
>
Möchte (und kann) ich im Hinblick auf die Klausursituation einmal zeigen, dass ich über vertieftes, jedoch im Einzelfall nicht entscheidendes Wissen verfügt, sollte dies allenfalls in Form eines Einschubs geschehen:
*
Bsp.: Die Kläger, einfache Streitgenossen im Sinne von §§ 59,60 ZPO, …
*
Ein Urteil dient nicht der Vermittlung von Fachwissen!
V
*
[Sach- und Rechtsprüfung werden im Urteil nicht getrennt. Die sachliche Prüfung geht in die rechtliche Prüfung über.]⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 248, Rdnr. 113.
V
*
»Zur Subsumtion können nur Tatsachen herangezogen werden, die entweder unstreitig oder bewiesen sind.«⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 248, Rdnr. 113.
V
*
Der Beweis einer Tatsache setzt eine in die Begründungskette integrierte Beweiswürdigung voraus.⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 248, Rdnr. 113.
V
*
Parteivorbringen wird dort gewürdigt, wo es jeweils relevant ist.*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 249, Rdnr. 115.
V
*
»Der wichtigsten Ordnungsgesichtspunkt für die Reihenfolge der Begründungselemente ergibt sich aus dem logischen Schema der Gesetzesanwendung.«⁠*
Huber, JuS 1987, 296 (299).
V
*
[Ist die Klage unzulässig oder unbegründet, ist darauf zu achten, dass alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen abzuhandeln sind, die in Betracht kommen; allerdings muss jeweils nur dargestellt werden, welche Sachurteilsvoraussetzung fehlt, bzw. welches Prozesshindernis einer Sachentscheidung entgegensteht. Nicht dargestellt werden muss in diesem Fall dagegen, welche Voraussetzungen erfüllt waren.]⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 248, Rdnr. 604 f.
V
*
Ist die Klage begründet, müssen alle Tatbestandselemente der Norm ausgeführt werden und alle geltend gemachten Einwendungen und Einreden als nicht erfolgreich ausgeräumt werden.⁠*
Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 10. Aufl. (2010), S. 121 f., Rdnr. 36-38.
V
*
[Zur Begründung einzelner Begehren sollte man stets das Argument mit der stärksten Überzeugungskraft verwenden. Mehrfachbegründungen (bspw. weiteren Anspruchsgrundlagen bzw. Einreden) hingegen stärken nicht zwingend die Überzeugungskraft, sondern können den Eindruck entstehen lassen, der Verfasser sei sich seiner Sache nicht besonders sicher.]⁠*
Schuschke/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008), S. 304, Rdnr. 577.
V
*
Bezüglich des Vorbringens der Parteien muss grundsätzlich immer ausgeführt werden, warum es der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde oder warum dies nicht der Fall war.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 241, Rdnr. 578 f.
V
*
»Zwar … aber …«-Konstruktionen können ein Hinweis darauf sein, dass man die Entscheidungsgründe nicht sorgfältig genug aufgebaut hat.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 238, Rdnr. 567 f.
>
Urteilend Denken
V
>
Bei der juristischen Aufarbeitung des Sachverhalts laufen zwei Denkprozesse parallel ab.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (525).
V
>
1.) [Die Ableitung (Deduktion i.e.S.) des Ergebnisses aus den als bekannt vorausgesetzten und zunächst einmal nicht weiter hinterfragten Rechtsnormen.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (525).
V
*
Im Kern geht es hier um rein logische Schlussfolgerungen und nicht um wertende Betrachtungen.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (525).
V
*
[Diese Form der Ableitung liegt in all jenen Passagen der Falllösung vor, die nach Maßgaben der eigenen Lösungsskizze absolut unproblematisch sind: (+), (-). Diese Ja-Nein-Schlüsse weisen keinen Argumentationsspielraum vor.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (525).
>
2.) [Die argumentative Auseinandersetzung mit zumeist einzigartigen rechtlichen Problemen des ganz konkreten Falls, zu denen die Deduktion im Laufe der Fallprüfung führt.
V
*
Hier geht es um die Entscheidung von Wertungsfragen. Regelmäßig ist eine Abwägung von Pro- und Contra-Argumenten erforderlich.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (525).
>
Hintergrund zum Urteilsstil
V
*
[Entscheidend ist, dass zunächst das rechtliche Ergebnis als feststehend genannt wird und anschließend die Begründung folgt. Diese Begründung setzt sich ihrerseits wiederum aus Teilbegründungen zusammen.]⁠*
Danger, JA 2005, 523.
V
>
Dies ist der »Urteilsstil im engeren Sinne«, wobei gemeint ist, dass eine bestimmte Reihenfolge der Sätze vorliegt.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
*
Er setzt voraus, dass sich ein Endergebnis aus einem Teilergebnis logisch herleiten lässt.
V
*
[Man schreibt nur so lange im Urteilsstil i.e.S., solange man nicht mehr tut, als das Gesetz abzuschreiben. Sobald man bei der Niederschrift zur komplizierten Beantwortung von Wertungsfragen gelangt, gibt es weder einen sachlogischen noch einen rhetorischen Grund, aus dem eine bestimmte Reihenfolge der Begründungssätze folgen würde.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (526).
V
*
Der streng strukturierte Urteilsstil lässt sich jedoch nicht mehr anwenden, wenn sich die rechtliche Prüfungen verzweigt oder es um Wertungsfragen geht.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (524).
V
>
Die Erörterung von Wertungsfragen erfordert einen freieren Stil, den »Urteilsstil im weiteren Sinne«.⁠*
Vgl. Danger, JA 2005, 523 (526).
V
*
[Da Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, Meinungsstreite eingeschlossen, kaum jemals zu erörtern sein werden, dürfte als stilistisch anspruchsvolle Aufgabe neben der Beweiswürdigung vor allem die Auseinandersetzung mit im Einzelfall problematischen Tatbestandsmerkmalen, also deren Auslegung, übrig bleiben. An dieser Stelle braucht man sich nicht durch irgendwelche angeblichen Erfordernisse des »Urteilsstils« eingeengt zu fühlen.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
>
Obersätze strukturieren die Entscheidungsgründe
*
[Die Abspaltung von umfangreichen Obersätzen, die sämtliche Unterergebnisse zusammenfassen, den weiteren Gang der Darstellung ankündigen und nach unten verweisen, sollten so weit wie möglich vermieden werden.
V
*
Unverzichtbar ist nur der Obersatz zu Beginn des Urteils im Hinblick auf die Klage insgesamt.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
*
Im weiteren Verlauf der Darstellung sind die Obersätze so konkret wie möglich zu formulieren.
V
*
»Dabei wird die sinngemäße Kurzfassung der Rechtsgrundlage von vornherein auf den entschiedenen Einzelfall zugeschnitten. Das die Norm noch mehr zu leisten vermag, als für den konkreten Fall erforderlich, interessiert in der vorliegenden Entscheidung nicht und kann sie daher auch nicht tragen.«⁠*
Schuschke/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008), S. 310, Rdnr. 585.
>
[Lediglich sofern der vorangegangene Prüfungspunkt sehr umfangreich gewesen ist, kann es erforderlich sein, danach für den weiteren Gang der Darstellung den Bezug nach oben wiederherzustellen. Die kann z.B. durch Bezugnahme auf den jeweiligen Oberbegriff geschehen.
V
*
Bsp.: »Die Beklagte hat der Klägerin das Holz im Sinne des § 929 BGB übergeben. Die Klägerin hat den Besitz am Holz erlangt … {umfangreiche Ausführungen}. Auch die zweite Voraussetzung einer Übergabe ist gegeben …«]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
>
Begründungsketten
V
*
Die Begründung des Ergebnisses muss durch weitere Begründungen konkretisiert werden, so dass Begründungsketten entstehen.⁠*
Vgl. Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 248, Rdnr. 113.
*
Wie tief diese ins Detail gehen müssen ist eine Frage des Einzelfalls (Evidenz?). Deduktive Nebenschemata ergeben sich zumindest aus dem Vorbringen der Parteien (Gewährung rechtlichen Gehörs).
*
[Ist die Begründungskette bis zu einem Tatbestandsmerkmal geführt, muss dessen Vorliegen mit (von den Parteien vorgetragenen) Tatsachen begründet werden.
V
*
Warum Tatsachen der Entscheidung zu Grunde gelegt werden, ist an der Stelle in den Gründen darzulegen, an der die Tatsache zur Ausfüllung eines Tatbestandmerkmals benötig wird.]*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 248, Rdnr. 113.
V
*
[Ein im hierarchischen Aufbau des Urteils gleichrangig neben einem anderen stehender Untersatz kann erst angesprochen werden, wenn die Begründungskette für den behandelten Untersatz zu Ende geführt ist.]⁠*
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 249, Rdnr. 114.
V
>
Drei Stationen der Deduktion⁠*
Vgl. insgesamt Danger, JA 2005, 523 (526).
*
[1.) Konkrete Rechtsfolge
*
2.) Abstrakte Rechtsfolge und abstrakter Tatbestand (konkretisiert mit Blick auf Sachverhalt)
*
3.) Konkreter Sachverhalt
V
*
Die Überleitung von der 2. zur 3. Station erfolg durch den Feststellungssatz, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien (oder nicht).]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (526).
V
>
[In der Praxis werden die Stationen 2 und 3 meist zusammengefasst: Das Nebeneinander von abstraktem Tatbestand und konkretem Sachverhalt kann zusammengefasst werden, indem der Wortlaut des Gesetzes wörtlich oder sinngemäß übernommen, auf die betreffenden Beteiligten bezogen und die Paragraphennummer hinzugefügt wird.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (526).
V
*
Bsp.: »Gemäß § 390 BGB ist die Aufrechnung mit einer einredebehafteten Forderung ausgeschlossen. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Forderung der Beklagten war nicht einredebehaftet.« wird zu »Die Forderung der Beklagten war auch nicht gemäß § 390 BGB mit einer Einrede behaftet.«⁠*
Danger, JA 2005, 523 (526).
V
>
Struktur des Urteilsstils⁠*
Bei diesem Punkt habe ich die Ausführungen zur Struktur des Gutachtenstils aufgegriffen und auf den Urteilsstil angepasst. Vgl. hier >Darstellung der rechtlichen Lösung > Bearbeitungsformen >Gutachten >Gutachtenstil >Struktur.
*
1.) Einstieg (Übergeordnetes Ergebnis; »Die zulässige Klage ist begründet.«)
*
2.) Ergebnis (der die Rechtsfolge begründenden Rechtsnorm)
*
3.) Obersatz (abstrakte Voraussetzungen, die erfüllt bzw. nicht erfüllt sind)
*
4.) Konkretisierung, Präzisierung, Interpretation
*
5.) Untersatz (Subsumtion: »Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn…«)
V
>
Erörterung von Wertungsfragen⁠*
Diese Punkt beruht insgesamt auf den vorzüglichen Ausführungen von Jörg Danger; Danger, JA 2005, 523 (526 f.).
V
>
1.) [Zunächst werden definitionsartig und am Problem des Falls orientiert die maßgeblichen Entscheidungskriterien herausgearbeitet. Nach Nennung des Ergebnisses wird von einer allgemein gültigen, wenngleich die Besonderheiten des konkreten Falls aufweisenden Konstellation gesprochen. Anhand dieser Fallkonstellation werden die in der eigenen Lösungsskizze gedanklich vorbereiteten Entscheidungskriterien abstrakt gennant und mit Argumenten versehen.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
V
*
Bsp.: »Die Kl hat die tatsächliche Gewalt, § 854 Abs. 1 BGB, über das erworbene Holz erlangt. Die tatsächliche Gewalt über Gegenstände, die sich in einem verschlossenen Raum, Behälter, Verschlag, Gatter oder ähnlichem befinden, so dass diese ohne den Schlüssel nicht oder nur unter ganz erheblichen Schwierigkeiten unbefugt entnommen werden können, liegt allein bei dem Besitzer des entsprechenden Schlüssels. Nur dieser allein kann effektiv und umfassend auf die eingeschlossenen Gegenstände einwirken. Gleichzeit ist jeder andere von dieser Möglichkeit ausgeschlossen.«⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
V
>
2.) Darauf folgt dann die Feststellung, ob diese Kriterien im konkreten Fall erfüllt sind oder nicht und die erneute Nennung der entscheidenden Umstände des konkreten Falls.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
V
*
Bsp.: »So liegt der Fall hier. Das von der Kl erworbene Holz befand sich in einer mit einem Vorhängeschloss abgesperrten, zwei Meter hohen Umzäunung. Der einzige Schlüssel zu diesem Bereich wurde der Klägerin am 19.7.2012 von der Beklagten übergeben.«⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
V
>
3.) Abschließend werden die weiteren Besonderheiten des Sachverhalts, die man ebenfalls im Urteil ansprechen möchte (rechtliches Gehör), als Einzelpunkte angehängt.⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
V
*
Bsp.: [Demgegenüber ist hier unerheblich, dass sich das Grundstück, auf dem sich das Holz befand, insgesamt im Besitz des Dritten befand. Der Besitz im Sinne von §854 BGB ist ein tatsächliches Verhältnis zwischen Person und Sache. Als solches muss es für jeden Gegenstand separat bestimmt werden. Insoweit ist ohne Weiteres denkbar, dass eine unbewegliche Sache einen anderen unmittelbaren Besitzer hat als mehrere bewegliche Sachen, selbst wenn sich alle in räumlicher Nähe befinden. Ein solcher Fall ist jedenfalls dann gegeben, wenn – wie hier – der Grundstücksbesitzer auf die bewegliche Sachen gar nicht einwirken kann, da diese auch vor ihm durch einen hohen Zaun und ein Vorhängeschloss gesichert sind.]⁠*
Danger, JA 2005, 523 (527).
>
Vermerk
V
*
[Zweck: Vermerke sind Schriftstücke, in denen der Verfasse für relevant erachtete Informationen und Bewertungen festhält und sollen die weitere Bearbeitung eines Sachverhalts und die damit einhergehende Entscheidung vorbereiten und inhaltlich absichern.]⁠*
Hombrecher/Kiefmann, JA 2011, 367.
>
Form
V
>
Kopf⁠*
Vgl. zu diesem Punkt Hombrecher/Kiefmann, JA 2011, 367 (368).
*
»Von: …«
*
»An: …«
*
»Az.: …«
*
»Betreff: …«
*
»hier: …«
*
»Bezug: …«
*
»Anlage: …«
V
*
Zusammenfassung des Gesamtergebnisses und konkreter Lösungsvorschlag.⁠*
Hombrecher/Kiefmann, JA 2011, 367 (368).
*
[Kontext: Sachverhalt und Rechtsfrage
V
*
Wiederaufgreifen des Ergebnisses und des Lösungsvorschlags und seine Begründung]⁠*
Hombrecher/Kiefmann, JA 2011, 367 f.
V
>
Stil⁠*
Während meiner Referendarszeit hatte ich häufiger Schwierigkeiten mit der Frage, wann welche Stilformen zu verwenden sind. Insbesonder wenn man Gutachten, Vermerke und entsprechende mündliche Vorträge für Praktiker vorbereitet, erscheinen Urteils- und Gutachtenstil so künstlich. Daher machte ich mir Gedanken über Sinn und Zweck der jeweiligen Tätigkeiten und schloss davon ausgehend auf die Ausdrucksform.
*
Vermerke bedienen sich dem Bestem von allem. Gutachtenstil und Urteilsstil werden gemischt. Maßstab ist der Erwartungshorizont des Adressaten. Diesem soll das Lesen so einfach wie möglich gemacht werden. An Stellen, an denen nur das Gesetz mit dem zu Grunde liegenden Sachverhalt ausgefüllt wird, wird der Urteilsstil verwendet. An Stellen, an denen eine abweichende Meinung zu Gunsten oder zu Lasten des Betroffenen gehen kann, ist der Gutachtenstil besser geeignet, die Abwägungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
*
Um sich sprachlich nicht in Widerspruch zu setzen, bietet es sich an, den Übergang zum Gutachtenstil entsprechend zu kennzeichnen: »Hinsichtlich … ist hier davon auszugehen, dass … Diese Lösung beruht auf folgender gutachterlichen Erwägung: …«.
>
Berichterstattung (mündlich)
V
*
[Sinn und Zweck der Berichterstattung ist die Erörterung eines Falles im Plenum zu ermöglichen, um auf diese Weise das Wissen und die Erfahrung aller Beteiligten zu nutzen. Desweiteren kann durch eine gewissenhafte Vorarbeit des Berichterstatter Zeit (und Geld) gespart werden.]⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 423, Rdnr. 1106.
*
Zuhörer ist der praktisch tätige Jurist.
V
*
Der Zuhörer muss in die Lage versetzt werden den Kern des Rechtsstreits im Gedächtnis zu behalten.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 424, Rdnr. 1106.
V
*
[Der Vortragende hat sich grundsätzlich auf das zu beschränken, was er nach gewissenhafter Prüfung der Sach- und Rechtslage zur Entscheidung des Falles von dem Standpunkt aus, zu dem er sich letztlich durchgerungen hat, für unerlässlich hält, ohne dass dabei berechtigte Zweifel verschwiegen werden.]⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 424, Rdnr. 1106.
*
Ausgangsfrage ist wieder einmal: »Was lasse ich weg?«
V
*
Im Gegensatz zur schriftlichen Ausarbeitung kann der Adressat beim Vortrag nicht zurückblättern – es kann auch keine Bezugnahme auf Schriftsätze erfolgen.⁠* Andererseits macht es auch keinen Sinn, zu komplexe Informationen zu präsentieren, da diese nicht behalten werden können.
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 423, Rdnr. 1106.
V
>
Der Zuhörer soll durch den Vortrag in den Entscheidungsprozess einbezogen werden und in die Lage versetzt werden auch andere, neue Gesichtspunkte in die Beratung einzubringen und ggf. überzeugendere Lösungswege aufzuzeigen.⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 423, Rdnr. 1106.
V
*
Daraus folgt, dass die Darstellung des Sachverhalts von großer Bedeutung ist, da Defizite bei der sachlichen Aufklärung nicht ohne Weiteres offensichtlich sind.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 424, Rdnr. 1106.
V
*
»Der Vortragende darf nicht davon ausgehen, dass der Zuhörer alles gelesen hat, was er sich selbst in der Vorbereitung des Vortrages erarbeitet hat.«⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 428, Rdnr. 1115.
V
*
»Er muss deshalb immer so viel an Information bieten, dass ein sachkundiger, aber nicht unbedingt mit den Detailproblemen des konkreten Falls vertrauter Zuhörer bei der Entscheidungsfindung sachlich in der Weise mitdiskutieren kann, in der der Vortragende bei seiner eigenen Entscheidungsfindung und Ausarbeitung des Vortrags innerlich mit sich selbst diskutierte und Auffassung gegeneinander abwog.«⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 428, Rdnr. 1115.
>
Der Aktenvortrag im Assessorexamen
*
Gefordert wird die Darstellung des Inhalts einer Akte in freier Rede.
*
Die Aufgabenstellung beim Vortrag ist viel weiter als in der Klausur. Auch vorläufige Entscheidungen (bspw. ein Beweisbeschluss) können Gegenstand der Bearbeitung sein.
>
[Aufbau
>
I.) Einführung
*
»Es handelt sich um eine Klage auf Ersatz des Schadens, der … Kläger ist … aus … Beklagter ist … aus … Der Rechtsstreit steht im Juli 2013 bei dem AG … zur Entscheidung an.«
>
II.) Bericht
*
»Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde …«
*
»Auf die Korrespondenz werde ich im Rahmen der rechtlichen Würdigung dort eingehen wo es erforderlich ist.«
*
»Die Kammer hat Beweis erhoben durch … Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme werde ich an den relevanten Stellen der rechtlichen Würdigung zurückkommen.«
>
III.) Wesentlicher Entscheidungsvorschlag
*
»Ich schlage vor, der Klage stattzugeben.«
>
IV.) Rechtliche Würdigung
*
»Diesem Vorschlag liegt folgende rechtliche Würdigung zu Grunde …«
>
V.) Mitteilung der zu treffenden Entscheidung bzw. Maßnahme
V
*
»Ich schlage folgenden Tenor vor …«]⁠*
Bei diesem Aufbauschema handelt es sich um einen Zusammenschrieb von Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 425-429, Rdnr. 1108-1118 und meinen eigenen Erkenntnissen, welche im Rahmen der Probevorträge zur Examensvorbereitung gesammelt habe.
>
Zeiteinteilung
*
Der Vortrag darf die Dauer von 12 Minuten nicht überschreiten
>
Herstellung
*
Der Sachverhalt sollte nach 20 Minuten vollständig erfasst sein. Die Darstellung des Sachverhaltes sowie die Vorbereitung der rechtlichen Lösung sollte nach 10 - 15 Minuten abgeschlossen sein. Die rechtliche Lösung und Ihre Darstellung sollten demnach nicht länger als 20 Minuten in Anspruch nehmen.
>
Darstellung
*
Einführung und Bericht dürfen nicht länger als 4 Minuten in Anspruch nehmen. Die rechtliche Würdigung sollte 6 Minuten lang sein; so verbleibt 1 Minute für den Entscheidungsvorschlag sowie 1 Minute Karenzzeit.
>
Werkzeuge
*
Stichwortzettel
*
Aktenvorlage bei Mitteilung von Anträgen, Zeit- oder Zahlenangaben, Wortlaut von Erklärungen und Urkunden
*
Stoppuhr/Timer
>
Stil
*
Die Ausführungen erfolgen grundsätzlich im Urteilsstil. Stellen, an denen der Vortragende selbst gezweifelt und abgewogen hat, sollten jedoch zunächst mit einem hypothetischen Denkansatz eingeleitet und nachfolgend aufgelöst werden (Gutachtenstil).
*
Die Darstellung erfolgt grundsätzlich einschichtig.
>
Sonstige Stilformen
V
>
Direkte Methode⁠*
Diese Methode der Darstellung stammt von Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 54 f.
V
*
Richtet sich an das Juristische Publikum: Liegt ein grds. aufwendig zu definierendes Tatbestandsmerkmal offenkundig vor, kann die Definition mit dem Ergebnis zusammengefasst werden.⁠*
Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 54.
*
Kompromiss zwischen dem Verbot, Offenkundiges zu prüfen, und dem Erfordernis, Wissen zu zeigen.
V
>
Prämissen und ausfüllende Sachverhaltselemente werden zusammengefasst, das heißt, es handelt sich um die Zusammenfassung von Auslegung und Subsumtion (Definition und Subsumtion) bzw. von Obersatz und Definition.⁠*
Vgl. Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 54.
*
1. Bsp.: »S hat dadurch, dass er den Ring in seine Hosentasche steckte, die tatsächliche Sachherrschaft willentlich erworben und folglich Besitz.«
V
*
2. Bsp.: »Auch eine Blankounterschrift kann eine auf B als Aussteller hinweisende beweiserhebliche Gedankenerklärung darstellen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass …«*
Vgl. Arzt, Die Strafrechtsklausur, 7. Aufl. (2006), S. 54.
>
Feststellung
V
*
[Alles was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht evident ist, wird festgestellt. Jedes Wort der Begründung ist hier ein Fehler, da es die eigene Feststellung in Frage zu stellen droht.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 222 f.
>
Stilkritik
V
*
Emphasen (z.B. nachdrücklich) deuten wie alle starken Worte auf schwache Argumente hin.⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 181 f.
V
*
Kommandoton (sind … zu berücksichtigen) deutet auf einen Mangel an Argumenten hin.⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 185.
V
*
Zitate ersetzen keine Begründung.⁠*
Vgl. Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 187 f.
V
*
Schreckensbilder ersetzen ebenfalls keine Begründung.⁠*
Haft, Juristische Rhetorik, 8. Aufl. (2009), S. 186.
>
¶ Strukturieren
V
>
Lean Communication*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 115 ff.
*
[Man produziere nur Informationen, die wirklich gebraucht werden und man tue dies nur dann, wenn sie gebraucht werden.
*
Die Ursachen von Kommunikationspannen müssen sofort gesucht und behoben werden.
V
*
Man sollte versuchen, die Kommunikation ständig zu verbessern.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 116.
V
>
Überschriftenlehre⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 125 ff.
*
Sinneinheiten zusammenfassen – Orientierungspuntke schaffen
V
*
Titel leiten den Leser und geben dem Inhalt einen Kontext, er soll Orientierung ermöglich und Interesse wecken.⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 143.
V
*
Vorreiter legen die Basis für die Erinnerung des Gelesenen.⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 143.
V
*
Ein sog. Lead ist eine kurze Einleitung zu »Was? Wann? Wo? Warum? Wie?«*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 137.
>
Richtig Gliedern
V
*
Was nützen Randziffern? Zitieren kann man auch eine Seite.*
Vgl. Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 146 f.
V
*
Was nützen Gliederungspunkte ohne Überschriften?⁠*
Vgl. Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 146 f.
*
Wenn Gliederungspunkte nicht gesetzt werden können, dann gliedere anhand des ersten und letzten Satzes des Absatzes.
V
*
Gliederungsfallen und Strukturfehler⁠*
Hierzu Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 149 ff.
*
Abschweifen
*
Unausgewogenheit der Argumente
*
Fakten vermengen und Verwirrung stiften
V
>
Sieben Gliederungsprinzipien⁠*
Vgl. Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 150 ff. Wenn Sie die Anordnung der Prinzipien mit dem Verlauf der ursprünglichen Darstellung bei Haft vergleichen, werden Sie feststellen, dass ich die Gewichtung der Prinzipien bewusst anders vorgenommen habe als Haft. Für mich ist etwa das Hierarchieprinzip das erste und wichtigste Gliederungsprinzip, während es bei Haft lediglich an fünfter Stelle aufgeführt wird. Ein sehr gutes Beispiel also für die persönliche Verarbeitung fremder Inhalte im Rahmen der Liste.
V
>
Hierarchieprinzip:⁠* Je höher, desto wichtiger!
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 157 f.
V
*
Juristische Fälle sind komplex. Komplexität umfasst eine Vielzahl von Aspekten.⁠* Diese Aspekte bilden Aspekt-Hierarchien, die es abzubilden gilt.⁠**
* Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 29.
** Haft, a. a. O., 2009, S. 30.
V
*
[So gliedert sich der Ober-Aspekt »Sachverhalt« in die verschiedene Sachverhaltskomplexe, in den wiederum Personen oder Personengruppen auftreten. Sachverhaltskomplexe können selbst wieder in verschiedene Unterkomplexe unterteilt werden u.s.w.. Ähnlich bei dem Oberaspekt »Norm«. Die Startnormen können die Anspruchsgrundlagen sein, welche wiederum in vertragliche und gesetzliche Normen unterteilt werden können u.s.w.]*
⁠Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 29 f.
V
>
Hierarchien bestehen aus Aspekt- oder Begriffsebenen.⁠*
Vgl. Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 29 f.
*
Anträge, Begehren
*
Sachverhalt
*
Personen
*
Paragraphen
*
Normalfall
*
Problem
V
*
[Äquivalenzprinzip: Die Begriffe einer Ebene müssen auch auf derselben Ebene liegen (Fleisch und Obst – Steak und Apfel).]*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 156 f.
V
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[Von-links-nach-rechts-Prinzip: Die sachlogische Reihenfolge ist einzuhalten; erst eine Hierarchieebene vollständig abarbeiten, bevor man sich den den Begriffen zuwendet, die eine Ebene tiefer stehen.]*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 158 f.
V
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[Vollständigkeitsprinzip: Nenne und behandele alle »Chunks« die zum aktuellen Gliederungspunkt gehören (nicht mehr als sieben).]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 160 f.
V
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[Ankündigungsprinzip: Man sagt, was man tut, bevor man es tut.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 152.
V
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[Sweet and Short: Kürze und Klarheit vereint – der Leser soll nicht raten müssen]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 156.
V
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[Prinzip Einfachheit: Ein Gedanke ist gut, wenn er einer einfachen Darstellung zugänglich ist.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 154 f.
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Absatz richtig setzen
V
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Der Absatz bildet die elementarste Struktur des Textes⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 167.
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Ein Absatz entspricht der »Textgestalt« einer Sinneinheit.
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Absätze sind an das Seitenlayout anzupassen (Hurenkind und Schusterjunge).
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Einen Sachverhalt juristisch darstellen
V
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[Zweck der Sachverhaltsherstellung ist immer, die tatsächliche Grundlage der juristischen Entscheidung darzustellen. Dabei muss man jedoch berücksichtigen, dass der Tatbestand vornehmlich die Parteien geschrieben wird, die diesen ohne Rechtskenntnisses verstehen können sollen. Darüber hinaus sollte der Tatbestand dem Juristen, der um Prüfung von Rechtsmittelaussichten gebeten wird, einen ersten sinnvollen Einstieg in den Fall ohne Aktenstudium ermöglicht.]⁠*
Schuschke/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008), S. 266 f., Rdnr. 496 f.
V
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[Von einer Aneinanderreihung wörtlicher Zitate ist abzusehen – auf eine Partei wirkt es unangenehm, wenn sie das der Entscheidung zu Grunde gelegte Geschehen nur in Formulierungen des Gegner wiedergegeben vorfindet.]*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 57, Rdnr. 121.
V
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Die Ausgangsfrage ist nicht »Was muss rein?« sondern »Was kann ich weglassen?«.⁠*
Zum Weglassen vgl. Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 213 ff.
V
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[Die Kunst besteht darin, die Informationen auszuwählen, die den Leser dazu bringen, sich den Rest möglichst treffend selbst vorzustellen; denn der Leser ist sein eigener Geschichtenerzähler, und der Autor gibt bloß den Anstoß dazu. Dabei sollte man die unterschiedlichen Zeithorizonte beachten: langsam schreiben – schnell lesen.]⁠*
Haft, Juristische Schreibschule, 2009, S. 218 f.
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[4 Regeln für den Umfang des Tatbestands
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1.) Alle in den Entscheidungsgründen aufgegriffenen Tatsachen und Tatsachenbehauptungen sollten im erstinstanzlichen Tatbestand aufgegriffen werden.
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2.) Die Behauptungen der unterlegenen Partei, auf die diese erkennbares Gewicht gelegt hat, sollten auch dann im Tatbestand aufgeführt sein, wenn sie in den Entscheidungsgründen nicht aufgegriffen werden, weil sie für den vom Gericht eingeschlagenen Lösungsweg keine Bedeutung haben.
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3.) Die Anträge der Parteien, die noch zur Entscheidung anstehen, sind immer ohne Veränderung in den Tatbestand zu übernehmen. Lediglich die im Antrag enthaltenen Anregungen zur Kostenentscheidung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit können entfallen.
V
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4.) Verweisungen auf Schriftsätze, Anlagen, überreichte Urkunden etc. müssen auch im Tatbestand immer konkret erfolgen.]⁠*
Schuschke/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008), S. 267 f., Rdnr. 498-501. Interessant ist, dass diese Ausführungen nicht mehr Bestandteil der Nachauflage waren; vgl. hierzu Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 212 ff., Rdnr. 482 ff.
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Wahl der Tempora
V
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[Der unstreitige vorprozessuale Sachverhalt, also die Geschichtserzählung, wird im Präteritum dargestellt.]⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 219, Rdnr. 505.
V
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»Besteht die Notwendigkeit, in die laufende Geschichtserzählung hinein ein früheres Ereignis nachzuschieben, so wird hierfür das Plusquamperfekt verwendet.«⁠* Dies ist nur dann notwendig, wenn eine Tatsache bei der üblichen historischen Darstellung unverständlich wäre und sich nur zwanglos im Zusammenhang mit den späteren Tatsachen darstellen lässt.
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 219, Rdnr. 505.
V
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Ereignisse und Fakten, die in die »Jetzt-Zeit« fortwirken, werden im Präsens dargestellt.⁠*
Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 219, Rdnr. 505.
V
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Zeitlich beziehen sich der Einleitungssatz (soweit vorhanden), die endgültig gestellten Anträge, das Vorbringen von Behauptungen und Ansichten sowie eventuell erhobene Einreden auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung. Sie stellen die prozessuale Gegenwart dar.⁠* Die daraus folgende Verwendung des Präsens verdeutlicht an dieser Stelle, dass über dieses Vorbringen der Parteien zu entscheiden ist.
Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, 9. Aufl. (2012), S. 175, Rdnr. 46.
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Man könnte insoweit auch von »gegenwärtiger Prozessgeschichte« sprechen.
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Abgeschlossene Vorgänge, die sich erst im Laufe des Verfahrens ereignet haben und die darüber hinaus für die Entscheidung noch von Bedeutung sind, werden als Prozessgeschichte bezeichnet; Diese Ereignisse des laufenden Verfahrens werden im Perfekt dargestellt.⁠*
Vgl. Schuschke/Kessen/Höltje, Zivilrechtliche Arbeitstechnik im Assessorexamen, 35. Aufl. (2013), S. 219, Rdnr. 506.
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Aufbau des Tatbestands
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Im Wesentlichen orientiert sich der Aufbau an den Stationen des Relationsgutachtens.
V
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Sachstand und Streitstand sollten strikt getrennt werden; Einschübe können überlesen werden.⁠*
Schuschke/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008), S. 274, Rdnr. 516.
V
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Im Streitstand muss sauber zwischen Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten differenziert werden. Dadurch wird deutlich, was gegebenenfalls eines Beweises bedarf.⁠* Soweit der Beklagte Zulässigkeitsrügen erhebt, sind diese im Hinblick auf eventuell einschlägige gesetzliche Ausschlussvorschriften eindeutig hervorzuheben.*
Vgl. Schuschke/Sattelmacher/Sirp, Bericht, Gutachten und Urteil, 34. Aufl. (2008), S. 273, Rdnr. 516.
*
Die Prozessgeschichte ist kein »Block«, der an einer festen Stelle im Tatbestand zu erörtern wäre. Auch hier gilt: Klartext schreiben.
*
Selbstständige Einreden können weiteren Vortrag des Beklagten und eine Erwiderung des Klägers erforderlich machen.
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Bezugnahmen müssen stets konkret erfolgen.
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Bei mehreren Anträgen und erst recht bei mehreren Klägern bzw. Beklagten muss sauber differenziert werden, wer was beantragt und wer was dazu vorbringt.
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Inhalt Sachstand
V
*
»Als Schwerpunkt ist das im Sachstand darzustellen, was später in den Entscheidungsgründen ausführlich erörtert wird; was nur »abgehakt« wird, kann bei der Darstellung im Sachstand kein Schwerpunkt sein.«⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (206).
V
*
»Ein wörtliches Zitat aus der Vorlage muss mit Auslegungsarbeit in den Entscheidungsgründen korrespondieren.«⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (206).
V
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[Wird eine genannte Zahl oder ein genanntes Datum nicht in den Entscheidungsgründen ausgewertet, ist seine Nennung im Sachstand überflüssig und sollte durch einen verbalisierten Zeitbezug ersetzt werden.]*
Puhle, JuS 1989, 203 (206 f.).
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Inhalt Streitstand
V
*
[Wenn der Prüfer den Streitstand liest, will er nur noch wissen, welche Anspruchsvoraussetzungen zwischen den Parteien problematisch sind und welche Verteidigung der Bekl neben dem reinen Bestreiten noch zusätzlich einbringt.]⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (207).
V
*
Die innere Ordnung des Streitstands entspricht dem Schwerpunkt von Angriffs- und Verteidigungsmitteln.⁠*
Vgl. Puhle, JuS 1989, 203 (207).
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[Interpretierende Darstellung
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Gestaltungsrechte müssen als ausgeübt dargestellt werden.
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Die Prozessgeschichte vor den Anträgen wird ohne unverständlich.|⁠*
Puhle, JuS 1989, 203 (207 f.).
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Verkürzungsrepertoire
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Zusammenfassung
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Rechtsbegriffe können klarstellend in (Klammern) eingeführt werden.
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Verallgemeinerung
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Verdichtung
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Auslassung
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Bezugnahme
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Fachsprache
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¶ Actio/Entäußerung⁠*
Der Bezug zur klassischen Rhetorik erinnert mich hier daran, dass ich andere überzeugen muss. Es gibt aus dieser Sicht keinen Unterschied zwischen der Abgabe einer Klausur, dem Versenden der Klageschrift und dem Abhalten eines juristischen Kurzvortrags.
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-> siehe auch: Textdesign⁠*
Dieser Extern-Verweis zeigt mir an, dass an dieser Stelle alle möglichen Inhalte zur Gestaltung von Texten relevant sind – vor allem Robbins, Journal of the Association of Legal Writing Directors, Vol. 2 (2004), 108-150.
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-> siehe auch: Schrift/Handschrift!⁠*
Hier für der gedankliche Anhaltspunkt, dass das Erscheinungsbild der Klausur wichtig ist. Eine Ermahnung also an mich selbst, an meiner Handschrift zu arbeiten. Dies setzte ich dann mit dem nachfolgenden Buch um: Sasson/Briem, Better Handwriting, 4th Ed. (2009).
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C-R-A-P of the Doc⁠*
Ein wunderbares Merkwort, so derbe. Gestoßen bin ich auf diese Ausführunge zur Gestaltung von Textprodukten bei Robbins, Journal of the Association of Legal Writing Directors, Vol. 2 (2004), 108 (126 ff.). Dieser Punkt repräsentiert für mich nicht nur Informationen zur allgemeinen Textgestaltung, sondern darüber hinaus erinnert er mich auch an einen Ausspruch meines Seminarleiters David Pope: »Rhetoric also works on paper!«.
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Contrast⁠*
Vgl. Robbins, Journal of the Association of Legal Writing Directors, Vol. 2 (2004), 108 (127 f.).
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Unterschiede zwischen Überschrift und Textschrift in Größe und Art erhöhen die Übersichtlichkeit.
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Repetition
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Einheitlichkeit der Formatierung im Rahmen des gesamten Dokuments.
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In der Klausur:
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Nach Absatz, die nachfolgende Zeile leicht einrücken.
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Nach Obersatz mit einleitender Funktion (Ergebnis/Hypothese) eine Zeile freilassen.
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Vor neuem einleitendem Obersatz zwei Zeilen frei lassen.
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Zwischen Abschnitten der Entscheidungsgründe (Zul, Begr, Nebent) drei Zeilen frei lassen.
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Einheitliche Prüfungspunkte bilden eine Sinneinheiten und sollten nur mit Absätzen versehen werden.
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Alignment⁠*
Vgl. Robbins, Journal of the Association of Legal Writing Directors, Vol. 2 (2004), 108 (130 f.).
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Linksbündig formatierter Text ist am einfachsten zu lesen.
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Proximity⁠*
Vgl. Robbins, Journal of the Association of Legal Writing Directors, Vol. 2 (2004), 108 (128 f.).
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Zusammen, was zusammen gehört: kein Zwischenraum zwischen Überschrift und darauffolgendem Absatz.