Die Liste

Hier schreibt Jens über seine Liste und darüber, was Sie bei Ihrer Nutzung beachten sollten.

Damit Sie sich eine reflexive Praxis aneignen können, müssen Sie wissen, was Reflexion ist, wie eine reflexive Praxis aussehen kann und wie Sie sinnvoll über die juristische Ausbildung und die juristische Tätigkeit reflektieren können. Diese Lerneinheit dient nun dem Zweck, Ihnen all das zu vermitteln. Wir sprechen von einer Lerneinheit, weil es eine Einheit von Medien ist, mit der Sie sich auseinandersetzen können, um die Idee der reflexiven Praxis zu verstehen: Videos, Schreibanregungen, Texte, weiterführende Lesehinweise sowie Hinweise auf Musik und Filme sind aufeinander abgestimmt und wirken zusammen.

Die Liste hatte ich bereits als Appendix zu meiner Dissertation veröffentlicht. Dabei hatte ich das Problem, dass die Liste, gedruckt auf Papier, nicht erkennen lässt, wie sie als Arbeitsmittel funktioniert. Man kann diese Liste nicht lesen. Präziser: Man kann sie nicht so lesen, wie man grundsätzlich einen Fließtext liest, denn Voraussetzung dafür ist, dass das Geschriebene zumindest auch dazu bestimmt ist, von anderen gelesen zu werden. Meine Liste war jedoch nie dazu bestimmt, von anderen gelesen zu werden. Sie war einzig und allein dazu gedacht, meine Reflexion anzuregen und die daraus resultierenden Erkenntnisse festzuhalten. Mit dieser Liste wollte ich niemandem etwas zeigen, außer mir selbst. Die Liste ist mein persönliches Arbeitsmittel und als solches funktioniert sie insbesondere in digitaler Form. Denn in der Outliner-Applikation kann ich in einzelne Punkte hineinzoomen und mich auf ein Thema konzentrieren. Ich kann aber auch alles auf einmal sehen und auf Zusammenhänge und Abgrenzung hin denken. Änderungen können ausprobiert und rückgängig gemacht werden. Zugriff, Überblick und Bearbeitung erfolgen dabei unmittelbar, ohne zeitliche Verzögerungen. Mit der Printversion der Liste ließen sich diese Arbeitsprozesse nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar machen.

 

Wenn Sie sich jetzt die Liste ansehen, sollten Sie sich zunächst in meine Ausgangssituation hineinversetzen. Stellen Sie sich also vor, Sie seien ein Rechtsreferendar. Als ein solcher müssen Sie dazu in der Lage sein, in unterschiedlichsten Rechtsgebieten eine Vielzahl an Bearbeiterrollen einzunehmen. Ferner wird von Ihnen erwartet, dass Sie in jedem Fall eine brauchbare praktische Lösung herstellen können. Versetzen Sie sich nun in die Modellsituation der Assessorexamensklausur und versuchen Sie den Verlauf dieses besonderen Geschehens nachzuvollziehen. Vergegenwärtigen Sie sich dieses Geschehen während Sie die Liste von oben nach unten durchgehen und in einzelne Punkte hineinzoomen. Während Sie die Liste auf diese Weise durchgehen, können Sie sich fragen, ob Sie die Denkmuster, Handlungsanweisungen, Stichworte, Hintergrundinformationen, Exzerpte und sonstigen Inhalte an der jeweiligen Stelle für zutreffend halten. Untersuchen Sie die Verhältnisse zwischen einzelnen Inhalten und Hierarchieebenen. Versuchen Sie gleichzeitig einen Abgleich mit Ihren persönlichen Vorstellungen von einer Situation der Rechtsanwendung vorzunehmen und fragen Sie sich, inwiefern Ihre konkrete juristische Tätigkeit eine Variation der einheitlichen Tätigkeit des Referendars sein könnte. Denken Sie über Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Ihrer Tätigkeit und der des Referendars nach.

 

Einige Inhalte sind mit einem vorangestellten Alinea (¶) gekennzeichnet. Vor der allgemeinen Verwendung der Absatztechnik war das Alinea das gängige Zeichen, um einen neuen Gedankengang innerhalb eines fortlaufenden Textes zu markieren, weshalb es umgangssprachlich auch als Absatzzeichen bezeichnet wird (Williams/Hildebrandt, Schrift wirkt!, 2013, S. 91). Von dieser ursprünglichen Bedeutung ausgehend verwende ich es, um hervorzuheben, dass es sich bei dem gekennzeichneten Inhalt um ein essenzielles Element der Rechtsanwendung handelt. Ein solches Element umfasst einen neuen, zusammenhängenden Abschnitt im zeitlichen Idealverlauf der Rechtsanwendung. Man kann sich das wie eine Art Zäsur des Geschehens vorstellen.

 

Des Weiteren beinhaltet die Liste Verweise. So wird innerhalb der Liste nach oben und nach unten verwiesen. Auf diese Weise habe ich Zusammenhänge darstellen wollen, die sich der hierarchischen Darstellung der Liste entziehen. Ferner habe ich Verweise nach außen eingefügt. Diese Extern-Verweise repräsentieren für mich weitere relevante, jedoch in aller Regel fachfremde Inhalte.

 

In aller Deutlichkeit muss ich erneut darauf hinweisen, dass es sich bei der Liste um mein persönliches Reflexionsmedium handelt. Daraus folgt, dass die Liste nicht dazu dient, die gesamte einschlägige und aktuelle Literatur zu einem Punkt erschöpfend abzubilden und Inhalte nach rechtswissenschaftlichen Standards abzugleichen und mit diesen in ein Verhältnis zu setzen. Sie werden vielmehr feststellen, dass manche Inhalte auf willkürlich ausgewählten Textfragmenten beruhen. Der Grund hierfür liegt darin, dass ich während meiner reflexiven Praxis der pragmatischen Methode gefolgt bin. Inhalte, die greifbar waren und funktionierten, wurden aufgenommen – dass es wohlmöglich noch Besseres, Anerkannteres oder Ausführlicheres zu einem Punkt geben könnte, spielte so gut wie keine Rolle für mich. Als persönliches Reflexionsmedium und Arbeitsmittel kann die Liste daher weder vollständig noch objektiv richtig sein. Sie werden zudem schnell feststellen, dass nur wenige Inhalte der Liste von mir selbst stammen. Grob geschätzt würde ich davon ausgehen, dass etwa 95 % der Liste aus fremden Textfragmenten besteht oder zumindest auf ihnen beruht. Ist das ein Mangel? Ich denke nicht, denn ich glaube kaum, dass ein Rechtsreferendar die praktische Rechtsanwendung neu erfinden kann.

 

Als ich die Liste anfertigte, freute ich mich noch, dass mir das lästige Zitieren erspart blieb. Es machte richtig Spaß, hemmungslos abzuschreiben, ohne sich um Nachweise und Literaturverzeichnisse Gedanken machen zu müssen. Ursprünglich gab es in der Liste daher auch keinen einzigen Fundstellennachweis. Das führte jedoch dazu, dass ich für diese Arbeit sämtliche Fundstellennachweise nachträglich einpflegen musste. All das geschah mit einem zeitlichen Abstand von etwa zwei Jahren nach Erstellung der Liste, denn unmittelbar nach dem Assessorexamen hatte ich meine reflexive Praxis eingestellt, da ich aufgrund meiner Arbeit an diesem Text keine praktische Rechtsanwendung mehr betrieb. Daher stellte ich auch die Arbeit an meiner Liste ein. Sie ist daher weiterhin auf dem letzten Stand meiner persönlichen reflexiven Praxis. Mithin habe ich auch die ursprünglichen Fundstellen zitiert und davon abgesehen, die Literatur auf Neuerscheinungen zu überprüfen und diese gegebenenfalls einzupflegen. Sofern einem Punkt ein Fundstellennachweis zugeordnet ist, ist dies mit einem Sternchen (*) kenntlich gemacht. Sie können die Fundstellen dann einsehen, in dem Sie das Notizsymbol am rechten Rand des jeweiligen Punktes anklicken.

 

Bei der Rekonstruktion der Fundstellen habe ich versucht, so gewissenhaft wie möglich nachzuvollziehen und zu belegen, woher ein einzelner Gedanke stammt. Allerdings kam zu dem erheblichen zeitlichen Abstand der Umstand hinzu, dass ich meine Listen und die sich herausbildenden Strukturen im Laufe der Zeit vielfach überarbeitet und umgeschrieben habe. Einzelne Inhalte wurden über die Zeit zusammengefügt, getrennt, entstellt, ergänzt und umgedeutet. Daher kann ich hier nicht gewährleisten, alle Nachweise völlig korrekt erbracht zu haben. Diesen Umstand vermag ich nicht zu ändern und muss ihn im Hinblick auf die intellektuelle Redlichkeit meiner Arbeit offenlegen. Auch aufgrund dieser Überlegungen finden Sie neben den üblichen Zitierweisen von Paraphrase und wörtlichem Zitat eine weitere Kennzeichnung fremder Gedanken, und zwar die [eckigen Klammern]. Hiermit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass es sich bei dem so gekennzeichneten Inhalt um ein ›zusammengeschriebenes‹ Element handelt. Das heißt, dass Inhalte teilweise wörtlich übernommen und teilweise leicht angepasst worden sind; hätte ich hier sämtliche Auslassungen oder Einfügungen wie üblich gekennzeichnet, wäre die Liste vor lauter Fußnoten schlechthin unlesbar geworden. Bitte beachten Sie, dass eine Einklammerung mit den eckigen Klammern sich nicht bloß auf eine Hierarchieebene beschränkt. Das bedeutet, dass auch mehrere Untereinträge von der Klammer umfasst werden können.

 

Neben den Fundstellennachweisen enthalten die Fußnoten zudem noch Anmerkungen und Kommentare zu einzelnen Strukturelementen. Sehr aufschlussreich kann darüber hinaus ein Blick auf den Seitenverlauf einzelner Gruppen von Fundstellen sein. Wenn Sie hier genauer hinschauen, können Sie nachvollziehen, wie ich das Gelesene aus dem Text herausgezogen und meinem Sinnverständnis nach angeordnet habe. So habe ich etwa im Listenabschnitt zu den Methoden der Lückenschließung die Fundstellen aus Engischs »Einführung in das juristische Denken« in folgende Reihenfolge gebracht:

  • S. 256,
  • 242 ff.,
  • 239,
  • 238,
  • 242 ff.,
  • 271 ff.,
  • 248 f.,
  • 249 und
  • 251.

An diesen Stellen zeigen sich generative wie kreative Effekte des Umgangs mit der Liste besonders deutlich.

 

Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass die Liste keine einheitliche Orthografie beinhaltet. Als persönliches Arbeitsmittel ist sie vielmehr organisch gewachsen und umfasst Stichwörtern, halbe Sätze, (unvollständige) Aufzählungen, Symbole etc. Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Stöbern.

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